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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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ihn zu einer klebrigen Masse, die nach kurzer Zeit zu einer Kruste erstarrte. Nun lagen wir erst einmal hier und warteten.
    Manchmal war die Befehlskette schon umständlich, dachte ich. Der Chef gab einen Befehl an den Zugführer, der wiederum an die Gruppenführer, die dann den Truppführer oder die Männer einzeln informierten. Der Chef wiederum wartete auf Informationen von der Drohne, die er aus dem Feldlager über Funk bekam. So dauerte es manchmal ewig, bis sich irgendetwas in Gang setzte. Und als einfache Soldaten erfuhren wir meistens nichts von den Absprachen in den oberen Führungsebenen. Das machte manche Entscheidung für uns wenig nachvollziehbar. Ich verstand plötzlich, wie schwerfällig dieses System in der Praxis war. Und ich dachte daran, was wohl passieren würde, wenn das Durcheinander eines schweren Gefechts dazukommen würde. Irgendwo hier warteten vierzehn Feinde auf uns. Wir standen ihnen gegenüber wie ein mächtiger und starker, aber behäbiger Elefant, der mit seiner ganzen Körperkraft versuchte, eine kleine Maus zu zertreten, die ständig zwischen seinen Beinen hindurchzuschlüpfen verstand.
    Hey, hört mal her, rief Muli, weil wir mit einigen Metern Abstand zueinander lagen. Die Drohne hat aufgeklärt, dass die noch immer da drüben liegen. Etwa zwohundert Meter entfernt, hinter dem Feld auf der anderen Straßenseite.
    Ich wischte mir den Schweiß von den Augen und blickte angestrengt durch mein Zielfernrohr, konnte aber nichts entdecken.
    Dann soll’n die doch einfach ’nen Flieger anfordern und ’ne Bombe draufschmeißen, rief Mica gereizt.
    Das geht nicht, war von Muli zu hören. Die verstecken sich zu dicht an den Wohnhäusern!
    Insgeheim fand ich das sehr bedauerlich. Immerhin hatte der Chef die Möglichkeit, Luftunterstützung durch die Amerikaner anzufordern. Damit hätten wir ihnen schnell den Garaus machen können.
    Gegenüber die Feinde, über uns die Sonne und ich fragte mich, ob und wann einer den ersten Schritt befehlen würde. Dann ging alles ganz schnell. Über die Drohne wurde gemeldet, dass der Feind ausgewichen war. Für den Rückweg wurden wir alle auf die vorhandenen Fahrzeuge verteilt, bis sie völlig überfüllt waren. Mir war völlig egal, dass wir ohne Sitz und Gurt bei einer Straßenbombe schwer verletzt werden könnten. Ich wollte nur nicht zurücklaufen müssen.
    In den letzten Tagen der Raumverantwortung hatten wir noch eine Menge zu tun. Unsere Arbeit beschränkte sich hauptsächlich auf die Hauptstraße durch den Distrikt. Der Chef wollte erst einmal vor der eigenen Haustür des Polizeihauptquartiers für möglichst hohe Sicherheit sorgen, was er durch die Fahrzeugpatrouillen zwischen der Stadt und der Westplatte erreichen wollte. Es kam mir paradox vor, dass wir mit unserer großen Kriegsmaschinerie nicht in der Lage waren, eine einzige Straße komplett zu sichern.
    Bei unserer Rückkehr ins Polizeihauptquartier standen einige unserer Kameraden im Innenhof und unterhielten sich angeregt. Sie hatten ein kleines Radio dabei, das durch Batterien mit Strom versorgt wurde.
    Hey, wir kriegen einen deutschen Radiosender rein, riefen sie uns zu. Die übertragen das Spiel Deutschland gegen Argentinien!
    Sofort rannten wir hin, und schnell war der kleine Plastikkasten von Soldaten umringt. Wir hörten nur Wortfetzen, die von ständigem Rauschen unterbrochen wurden.
    Vermutlich ist das Radio Andernach, der Soldatensender, rief Mica, als wir kurz einen deutschen Sprecher hörten.
    Plötzlich waren alle wie verwandelt. Ich spürte Aufregung und eine wahnsinnig positive Emotion. Etwas aus der Heimat, das fast alle verband. Die Liebe zum Fußball vermischte sich mit den Erinnerungen an die ersten Spiele der Weltmeisterschaft, die wir noch zu Hause hatten sehen können. Aber die Freude hielt nur kurz an. Obwohl wir auf der Suche nach der richtigen Einstellung an den Reglern herumdrehten, wurde der Empfang eher schlechter als besser. Da hatte TJ eine Idee.
    Gebt mir mal das Radio, sagte er und stieg über die hohe Motorhaube hastig auf das Dach unseres Dingos. Es schien zu funktionieren.
    Jubel, Schreie, Pfiffe. Absolute Begeisterung! Wir waren tatsächlich im Stadion und konnten das Spiel verfolgen. Die Sprechchöre der Fans, die Pfiffe des Schiedsrichters. Plötzlich riss die Verbindung ab. TJ hielt das Radio nach oben, nichts. Ich hob ein Stück Draht vom Boden auf.
    Ob das funktioniert?, fragte Hardy misstrauisch.
    Ich stieg zu TJ aufs Dach und hielt den Draht gegen

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