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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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erkennen.
    Wie können die uns auf die Entfernung treffen, rief TJ.
    Ich glaube, die schießen so steil in die Luft, dass die Dinger bei uns aufschlagen. Aber dann ist das Feuer wenigstens sehr ungenau.
    Ich wunderte mich eine Sekunde, wie gelassen ich meine Ferndiagnose formuliert hatte, da hörte ich wieder ein lautes Tak Tak Tak.
    Der Feind befindet sich etwa zweihundert Meter vor uns, meldete sich Nossi über Funk. Wir können die Stellung halten, Ende.
    Also kommen sie wirklich aus zwei Richtungen, sagte ich.
    Naja, wir haben hier ja auch lange genug auf dem Präsentierteller gestanden, meinte TJ und lag damit vollkommen richtig. Die stundenlange Bergung hatte uns verwundbar gemacht. Wir waren mit Sicherheit schon lange beobachtet worden, bevor der Angriff losging.
    Wieder knallte es. Ich presste die Augen gegen die Optik. Drückte ab. Dann schwenkte ich das Maschinengewehr leicht von oben nach unten, weil ich die Einschläge nicht sehen konnte, und hoffte, den Gegner so besser zu erreichen.
    Ey, mach mal langsamer!, brüllte TJ mich an. Du verschießt viel zu viel Munition.
    Ja, aber anders kann ich die nicht bekämpfen, weil die Entfernung zu groß ist.
    Ich ärgerte mich über ihn. Er konnte nicht sehen, was ich durch die Optik sah. Die kleinen Menschen am Horizont waren nur von meiner erhöhten Position aus richtig erkennbar. Und ich musste das Maschinengewehr beim Schießen schwenken, um mit einer Salve einen großen Bereich abzudecken. Anders würde ich sie nicht treffen können. Mir war klar, dass ich dabei viel Munition verschoss. Auch die anderen Fahrzeuge schossen auf den Gegner. So ging es eine Weile hin und her, dem Tak Tak Tak des Feindes setzten wir ein wütendes Rattern und Knallen entgegen. Dadurch trauten sie sich auf unserer linken Seite nicht näher heran, auf der rechten Seite versuchten Muli und Nossi vom Wall aus die Bergung des Dingos zu schützen. Diese ging mit einigen Unterbrechungen weiter. Wir kamen hier nicht weg.
    Unsere Fahrzeuge standen nebeneinander und schossen weiter in Richtung Feind. Leider mit Aussetzern, denn das Tak Tak Tak neben uns verstummte immer wieder. Über Funk meldeten die Kameraden neben uns den Ausfall ihrer Waffen. Unsere Anlage funktionierte als Einzige fehlerfrei.
    Das kommt davon, weil Muli immer befiehlt, dass wir sie abdecken sollen, bemerkte ich.
    Nach dem nächsten Schuss war der Munitionskasten leergeschossen. Ich öffnete die Dachluke und wollte einen neuen Munitionsgurt einlegen. Plötzlich pfiff es in meiner Nähe. Ein eigenartiges, zischendes Geräusch, begleitet von einem starken Luftzug. Verwundert blickte ich mich um. Wieder zischte es.
    Verdammt, die schießen auf mich, wurde mir schlagartig bewusst.
    Ich war wie auf dem Übungsplatz völlig entspannt über der Luke aufgetaucht. Jetzt zog ich hastig den Kopf ein und arbeitete weiter an der Waffenanlage. Schlagartig war mir bewusst geworden, dass ich mich in einem Gefecht befand. Zum ersten Mal hörte und spürte ich den Krieg in unmittelbarer Nähe.
    Als ich die Luke wieder schließen wollte, fiel mir auf, dass es kein Fahrzeug mehr gab, das uns den Rücken freihielt. Alle standen in Feindrichtung zum Friedhof. Ich funkte Mü an und leitete die Info weiter, worauf er uns sofort befahl, das Fahrzeug zu wenden.
    Na toll, schimpfte TJ, das ist jetzt die Belohnung dafür, dass wir den Fehler erkannt haben.
    Auch ich ärgerte mich. Aber ärgerte ich mich, weil ich den Feind nicht mehr sehen konnte oder weil ich nicht mehr auf ihn schießen durfte?
    Wieder ergriff mich diese großartige Erregung, ein unbeschreiblich positives Gefühl. Ähnlich wie beim Fallschirmspringen war ich voller Adrenalin. Aber die Kehrseite, die Angst abzustürzen, fehlte völlig. Wir waren in die Luft gesprengt worden und hatten überlebt. Jetzt kämpften wir gegen den Gegner und waren stark. Ich fühlte mich unglaublich stark. Mich durchströmte eine Kraft, die ich vorher nicht kannte. Ich freute mich irrsinnig.
    Durch das Seitenfenster konnte ich beobachten, wie sich der Kran zu dem zerstörten Dingo vorarbeitete. Ein Stück weiter lagen Muli und ein paar andere hinter einem Wall und schossen. Rechts von ihnen bemerkte ich weitere Soldaten. Erst bei genauem Hinsehen erkannte ich Nossi, Kruschka und Wizo. Sie standen auf der Freifläche und schossen. Dann duckten sie sich plötzlich und warfen eine Rauchgranate. Dichter weißer Qualm stieg auf, und sie rannten zurück. Jonnys Maschinengewehr spuckte Feuer und gab ihnen

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