Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie

es auch zurück. Es herrscht das Prinzip von Ursache und Wirkung. Ich hätte meine Kraft des Feuers womöglich nie benutzt, wenn die Felslinge nicht bei uns eingefallen wären. Man kennt seine Stärken und Schwächen nicht genau, bis man herausgefordert wird.
    Eine Weile dachte Flame an Quinn und ihre Freunde. Was würden sie sagen, wenn sie wüssten, dass ich magische Kräfte habe? Würden sie sich noch mit mir abgeben? Oder würden sie mich als Hexe beschimpfen? Ich möchte nicht anders sein. Aber ich bin anders. Solange ich meine magische Kraft nicht verliere, werde ich immer anders sein …
    Dann begann sie ihren Tag zu planen, wie sie es stets nach dem Aufwachen tat. Von Natur aus sehr organisiert, war das Letzte, was Flame wollte, Zeit zu vergeuden.
    Als Erstes müssen wir die Felslinge loswerden, beschloss sie. Wir müssen sie in das Loch zurücktun, aus dem sie gekommen sind, und es fest mit dem großen Stein verschließen. Wir müssen den Zugang mit unserer Magie versiegeln, damit der Stein sich nie wieder vom Fleck rührt. Die Felslinge dorthin zurückzubringen, ohne dass Mum oder Dad uns sehen, wird knifflig. Dad geht vielleicht ins Büro arbeiten, falls er heute einen Termin hat. Das würde helfen – dann könnte eine von uns Mum ablenken und sie auf der anderen Seite des Hauses beschäftigen.
    Das Zweite ist Zak, überlegte Flame. Wir müssen alles zusammentragen, was wir über ihn wissen. Falls die Gestalt im Wilden Wald wirklich Zak war, was hat er dann dort gemacht? Wenn Sky nicht fliegen gelernt und ihn gesehen oder die Felslinge befreit hätte, hätte Zak dann einen anderen Weg gefunden, uns herauszufordern? Gibt es auch außerhalb der Cantrip-Familie Menschen mit magischen Kräften? Die einzigen, die ich je getroffen habe, waren andere Cantrips.
    Sie lächelte bei dem Gedanken an Verena. Dann dachte sie an ihren entfernten Cousin Charles Smythson, der zwei Sommer zuvor auf Cantrip Towers aufgetaucht war und zu der Zeit unter dem Einfluss von Glendas dunkler Macht gestanden hatte. Charles hat damals dunkle Magie angewandt, dachte Flame, aber er hat sich geändert und uns geholfen. Ist Zak ein Cantrip, ein weiterer entfernter Cousin? Nein, sie würde spüren, wenn er zur Familie gehörte. Zak war ein Fremder.
    So viele Fragen und so wenige Antworten, dachte sie. Aber die Antworten werden kommen. Ich werde sie finden. Das gelingt mir immer, wenn ich mir in den Kopf gesetzt habe, ein Rätsel zu lösen.
    Das Geräusch einer zufallenden Tür verriet Flame, dass ihre Eltern auf dem Weg ins Erdgeschoss waren. Es musste ihnen bessergehen. Sie stand seufzend auf und ging ins Bad, um zu duschen. Auf dem Weg dorthin sah sie nach ihren Schwestern. Sie schliefen alle noch tief und fest. Flame wollte so schnell wie möglich einen Blick auf die bereits erledigten Felslinge werfen. Daher duschte und kleidete sie sich mit Blitzgeschwindigkeit an. Dann ging sie nach unten.
    Der Duft nach Kaffee und Toast zog durch die Luft, als sie die Küchentür öffnete. Dad und Mum saßen am Tisch und frühstückten. Flame gab beiden einen Kuss. »Wie fühlt ihr euch?«, fragte sie.
    »Viel besser!«, sagte Mum.
    »Wir sind euch so dankbar, dass ihr euch um alles gekümmert habt«, fügte Dad hinzu.
    »Und was für eine Erleichterung, dass dieser schreckliche Gestank weg ist!«, rief Mum.
    »Ja, aber mir ist ein Rätsel, wie er so einfach wieder verschwinden konnte«, sagte Dad verwundert.
    »Ich frage mich, wo er wohl herkam?«, überlegte Mum.
    Flame schwieg.
    »Ich kann es mir nicht erklären«, sagte Dad.
    Flame lächelte. Sie konnte ihren Eltern unmöglich die Wahrheit über die Felslinge verraten. Genauso wenig konnte sie jetzt sofort in den Garten verschwinden, ohne ihre Eltern darauf aufmerksam zu machen, dass etwas im Gange war. Sie würde bis nach dem Frühstück warten müssen.
    Flame schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, röstete einige Toastbrotscheiben, machte sich aus zwei Eiern Rührei und setzte sich zum Essen an den Tisch. Ihr Vater, so erfuhr sie, würde heute in seinem Büro in der Stadt sein. Als Architekt arbeitete er manchmal zu Hause und manchmal in seinem Büro. Mum gab ihre Klavierstunden normalerweise auf Cantrip Towers, würde aber an diesem Morgen zu einer Sitzung des Musikausschusses fahren.
    »Könntest du hier bitte solange die Stellung halten?«, bat Ottalie Cantrip ihre älteste Tochter.
    »Kein Problem, Mum«, versicherte Flame rasch, die erleichtert war, dass sie und ihre Schwestern sich nicht