Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie

Autos glitten die Straße entlang.
    »Es ist schon komisch, sich vorzustellen, dass da unten Leute sind, die ihren ganz normalen Abendbeschäftigungen nachgehen, wie Fernsehgucken oder ins Restaurant fahren«, sagte Marina.
    »Während wir im Dunkeln hoch oben auf dem Dach stehen und Felslinge jagen«, sagte Sky.
    »Niemand würde darauf kommen, hier nach uns zu suchen«, ergänzte Flora.
    »Danke, Flora, das ist ein sehr beruhigender Gedanke«, sagte Marina.
    Sky drehte sich um und ließ den Blick über das Dach schweifen. Neben ihnen ragte der Ostturm drohend in der Dunkelheit auf.
    Flora drehte sich ebenfalls um, auch Flame und Marina folgten Skys Beispiel.
    »Es ist so düster hier oben«, sagte Marina.
    »Der Mond scheint nicht«, sagte Flame. »Obwohl meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, kann ich ohne Taschenlampe nichts erkennen.« Sie leuchtete einen der Kamine an. Das unregelmäßige Muster der vermauerten Backsteine sah aus wie eine Fratze.
    »Hey, das Licht des Steins wird stärker«, verkündete Flora. Mit wachsender Panik leuchteten die vier Mädchen mit ihren Taschenlampen kreuz und quer in alle Richtungen.
    »Wie viele Felslinge sind es, was glaubst du?«, fragte Marina.
    »Ich weiß es nicht, aber bleibt dicht zusammen«, befahl Flame.
    Doch Sky, die sie nicht gehört hatte oder hatte hören wollen, bewegte sich bereits an der Brüstung entlang auf den Ostturm zu. Da sie weniger Angst vor großen Höhen hatte als ihre Schwestern, machte es ihr nichts aus, dass es steil neben ihr in die Tiefe ging.
    »Komm zurück, Sky!«, schrie Flame.
    Im selben Moment, als Sky Flame rufen hörte, stieg ihr der üble Geruch eines Felslings in die Nase. Sie war im Begriff, ihre Schwestern zu warnen, wurde jedoch von einer Bewegung auf dem Rasen tief unter ihr abgelenkt. Was ist das?, fragte sie sich und spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. Da ist jemand. Jemand ist dort unten. Sky war wie gelähmt.
    Sie holte tief Luft, um ihre Schwestern zu alarmieren, und hörte im selben Moment ein Geräusch hinter sich. Mit einem Schrei fuhr sie herum. Ein riesiger Felsling kroch hinter dem Ostturm hervor und auf sie zu. Als er sich auf die Hinterbeine stellte, war er fast so groß wie sie. Sky hörte ihre Schwestern schreien, als er zwei große schwarze Klauen nach ihr ausstreckte. Zwei runde, stumpf blickende gelbe Augen starrten sie hypnotisierend an und der Gestank war übermächtig.
    Sky konnte sich nicht rühren. Sie konnte nicht atmen. Sie stand nur wenige Zentimeter von der Brüstung entfernt wie angewurzelt da. Sie hörte die Rufe ihrer Schwestern, aber es fühlte sich an, als wären sie meilenweit entfernt. Sie sah nichts außer den gelben Augen, dem glitzernden Schleim, der aus dem offenen Maul des Felslings tropfte, und den großen schwarzen Klauen.
    Dann stieß sie einen gellenden Schrei aus, denn sie spürte, wie sie fiel – sie fiel in die Nacht.

Die Schlacht auf dem Dach

    Einen Wimpernschlag später sahen die Schwestern, wie der Felsling sich umwandte. Zitternd streckten Flame, Marina und Flora die Hände aus und riefen ihre magischen Kräfte herbei. Flame sandte einen Feuerblitz aus, Marina ließ den Felsling zu Eis gefrieren und Flora versuchte, ihn mit ihrer Erdmagie zu bannen.
    Der Felsling erstarrte, die großen schwarzen Klauen in die Höhe gestreckt. Um Atem ringend sahen die Schwestern das stocksteife Wesen an, doch kurz darauf begann der Felsling sich wieder zu rühren! Mit unerhörter Schnelligkeit stürzte er auf sie zu. Sie sprangen vor Angst kreischend zurück.
    »Unsere Magie hat nicht gewirkt!«, rief Marina.
    »Vorsicht, Dachkante!«, schrie Flora, während sie dem Felsling ihre Erdmagie entgegenschleuderte.
    »Noch mal, Flora!«, brüllte Flame, die gleichzeitig versuchte, das Monster in ihre Feuermagie zu hüllen. Trotzdem kam der Felsling immer näher.
    »Wir können ihn nicht aufhalten!«, rief Marina.
    »Doch, das können wir!«, schrie Flora und machte einen Schritt vorwärts. Sie sammelte alle Macht, die ihr zur Verfügung stand, um das Monster zu bannen. Der Felsling sprang vor, seine scharfen Klauen streckten sich nach ihrem Kopf aus. In letzter Sekunde ließ Floras Magie ihn mitten in der Bewegung erstarren. Flame schleuderte einen weiteren Feuerblitz und Marina sandte Eissplitter aus, die den schimmernden schwarzen Panzer der Kreatur durchbohrten.
    »Zurück!«, schrie Marina, als der Felsling zu schwanken begann. Die drei Schwestern wichen rasch nach