Vierbeinige Freunde
Deckung hinter dem anderen.
Kinuli lief mir entgegen, schmeichelte, auch Peri kam heraus. Die Kommission sah, es war nichts Grausiges an der Sache. Der Arzt schien das Zimmer ganz vergessen zu haben, er bewunderte die Löwin. Diese fühlte das offenbar und war bestrebt, sich von der besten Seite zu zeigen – sie legte sich auf den Rücken, rieb schmeichelnd den Kopf an mir, nahm mit einer unglaublichen Behutsamkeit meine Hand ins Maul –, mit einem Wort, sie benahm sich ganz wie eine Hauskatze. Im Zimmer war kein Stäubchen zu sehen und auch keine Spur von Geruch festzustellen. So wurde auch alles protokolliert.
Nach diesem Mißerfolg wurde die Alte noch giftiger. Im übrigen ließ sie es nicht bei dieser Beschwerde bewenden. Sie machte noch eine Eingabe, die angeblich von allen Mietern herrührte, und fälschte hierzu die Unterschriften. Ich wußte mir schon keinen Rat mehr. Jeder Tag brachte eine neue Kommission. Allein an Verfügungen erhielt ich so an die zwanzig Stück. Eine jede verlangte die Aussiedlung der Löwin. Die Alte aber erzählte überall voll Stolz: „Die Löwin wird auf keinen Fall hierbleiben, ich sorge schon dafür.“
Das Gute war, daß niemand auf sie hörte. Die Wohnungsinsassen teilten sich in zwei Parteien. Die eine Partei bildete die Alte, zu der anderen gehörten die übrigen Mieter. Niemand sprach mehr mit der alten Frau, sie gingen ihr sämtlich aus dem Wege. Und als dann noch herauskam, daß sie die Namen aller unter ihre Eingabe gesetzt hatte, war die Empörung allgemein.
„Wir lassen nichts auf Kinuli kommen! Wir treten alle für sie ein, wir werden beweisen, daß sie uns nicht stört.“
Und nun machten auch sie eine Eingabe an die Miliz.
„Wir, die Mieter der Wohnung soundso aus dem Hause soundso in der Bolschaja Dmitrowka, erklären hiermit, daß wir nichts gegen die junge Löwin in unserer Wohnung einzuwenden haben. Sie ist völlig zahm und befindet sich in einem stets verschlossenen Zimmer. Sie kommt weder in den Korridor noch in die anderen gemeinsam benutzten Räume. Das von ihr bewohnte Zimmer wird in peinlicher Ordnung und Sauberkeit gehalten. Die Löwin verursacht weder Lärm noch sonst irgendwelche Beunruhigungen.“
Es folgten die Unterschriften der Mieter, und eine von ihnen setzte noch eine Nachschrift darunter: „Ich habe drei Kinder, von sieben, zehn und dreizehn Jahren, und ich habe von der Anwesenheit der Löwin nichts für sie zu befürchten. Um so mehr, als sich das zahme Tier auch unter ständiger Aufsicht befindet.“
So warfen sich alle Wohnungsinsassen zu Beschützern Kinulis auf.
Mittlerweile aber war die Angelegenheit schon bis vor den Staatsanwalt gekommen. Die Ereignisse nahmen eine andere Wendung. Eines Abends erschienen der Hausverwalter, der Hauswart und mit ihnen der Milizinspektor. Na, dachte ich mir, das ist die Aussiedlung! Ich führte sie alle ins Zimmer, dabei hatte ich ein Gefühl, als ob mir das Herz zum Halse herausspränge.
„Nun“, fragte ich, „wie steht es?“
„Nur eine Kontrolle“, meinten sie. „ Uns liegt hier eine Eingabe vom Gesundheitsamt vor, wonach die Wohnungsinsassen Beschwerde wegen Ihrer Löwin führen. Sie lebten in ständiger Angst, trauten sich nicht aus ihren Zimmern, und wenn sie schon hinausgingen, so mußten sie Stöcke und sonstige zur Abwehr geeignete Gegenstände bei sich haben. Und jetzt sind wir hier, um das nachzuprüfen.“
Ich erzählte den Herren alles von der alten Frau und zeigte ihnen auch die Eingabe der Mieter. Da betrat eine Nachbarin mein Zimmer, sie wollte die Zeitung holen.
„Schon wieder eine Kommission von der Alten?“ fragte sie.
Der Inspektor lachte.
„Sagen Sie mal lieber: Stört Sie die Löwin oder nicht?“
Die Nachbarin wehrte mit beiden Händen ab.
„Ach, bewahre! Wie kann denn unsere Kinuli uns stören?“
Da kam noch eine Nachbarin herein.
„Wir lassen es nicht zu, daß unsere Kinuli fortkommt!“ rief sie. „Wenn wir sie auch nicht aufgezogen haben, was haben wir aber nicht alles für Sorgen ihretwegen gehabt, ehe sie endlich groß geworden ist.“
Wir gingen auch zu Kinuli hinüber. Die große gelbe Katze erhob sich träge, um uns zu begrüßen, kam auf mich zu und versteckte schmeichelnd ihren Kopf an meinen Knien.
Im Vorzimmer umringten die übrigen Mieter den Milizinspektor. Alle waren empört über die Alte, und Schura, der gar nicht mehr daran dachte, wie ihm Kinuli einmal die Hosen heruntergezogen und ihn dadurch gezwungen hatte, halbnackt durch
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