Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
Vom Netzwerk:
stärken. Und das Futter war besser als im Sommer. Die Vögel bekamen fetthaltige Hanfsamen und lebende Mehlwürmer.
    Die Würmer waren wohl das schmackhafteste Futter, besonders für Stare. Lange vor der Fütterung hockten sie auf den Stangen, von wo aus sie den Weg der Wärterin übersehen konnten.
    Hatten sie Tante Nastja unter den Besuchern erspäht, dann war der Teufel los. Sie stürmten von ihren Stangen herab, flogen ihr entgegen und flatterten so nahe an der Tür, daß die Wärterin sich durch einen Spalt zwängen mußte, um die Vögel nicht herauszulassen.
    Und dennoch geschah das Unglück eines Tages. Es flogen gleich zwei Vögel heraus: ein Star und ein Gimpel. Den Gimpel fing man mit einem Kescher ein, aber der Star war auf und davon.
    Tante Nastja und Soja suchten und suchten. Sie liefen durch den ganzen Tiergarten. Ohne Erfolg. Wahrscheinlich war der Star über den Tiergartenbereich hinausgeflogen, und dort wäre das Suchen nutzlos gewesen.
    Alle nahmen an, der Star würde zugrunde gehen. Aber nach zwei Tagen war er plötzlich wieder da.
    Tante Nastja fütterte gerade die Vögel. Nanu? Da hüpfte der Flüchtling doch in aller Seelenruhe auf dem Käfig umher, guckte hinein und bemühte sich, seinen Kopf durch das Netz zu stecken. Offenbar hatte er mächtigen Hunger.
    Die Wärterin wollte die Tür öffnen und den Star heranlocken, aber dann hatte sie Angst, die anderen Vögel könnten davonfliegen.
    Sie mußte also den Star außerhalb des Käfigs füttern.
    Anfangs fürchteten Tante Nastja und Soja, der Star würde fortfliegen. Er blieb aber in der Nähe des Käfigs und übernachtete auf einem Baum. Obwohl er ausreichend Futter erhielt, sehnte er sich merklich nach seiner früheren Gesellschaft.
    Fast eine Woche lebte der Star in Freiheit. Eines Tages aber, als Tante Nastja die Tür des Käfigs ein wenig geöffnet hatte, um hineinzugehen, flog der Star vom Baum auf ihre Schulter und von dort in den Käfig. Tante Nastja warf rasch die Tür zu, aber der Star saß bereits in der Vogeltränke und nahm ein Bad.
    Die Stare badeten überhaupt leidenschaftlich gern. Bei starkem Frost wurde das Wasser in der Vogeltränke zu einem Eisklumpen, und dennoch beeilten sich die Stare, in ihr zu baden, sobald Nastja frisches Wasser hineingoß. Sie fingen sogar an, sich zu raufen. Aber kaum saß einer von ihnen in der Vogeltränke, wurden die übrigen sofort ruhig. Sie setzten sich artig abseits und warteten geduldig, bis sie an die Reihe kamen.
    Die Stare badeten mit einem solchen Vergnügen, als wäre es nicht Winter, sondern heißester Sommer. Tante Nastja, Soja und die übrigen Mitarbeiter der Sektion freuten sich über den gelungenen Versuch.
    Es war aber auch ein nicht zu strenger Winter. Die Temperatur sank kein einziges Mal unter zwanzig Grad.
    Anfang März jedoch, als es schien, daß die schlimmste Zeit überstanden war, setzte plötzlich starker Frost ein.
    Im Rundfunk hörte Soja, die Temperatur würde in der Nacht auf dreißig Grad absinken.
    Ach, du Schreck! Tante Nastja schlief sicherlich längst und ahnte nichts. Und was wird mit den Staren?
    Soja schnellte aus dem Bett empor und blickte nach der Uhr. Es war zehn Minuten vor eins. Die Untergrundbahn war also nicht mehr in Betrieb.
    Soja kleidete sich an und lief zur Trolleybushaltestelle.
    Sie stieg ein. Der leere Trolleybus fuhr schnell, doch Soja hatte den Eindruck, als käme er nicht von der Stelle.
    An jeder Station lief sie zur Tür und blickte hinaus.
    „Warum sind Sie denn so aufgeregt?“ fragte schließlich die Schaffnerin.
    „Ich suche ein Taxi“, antwortete Soja.
    „Ein Taxi? Ist Ihnen denn der Trolleybus zu eng?“
    „Ach nein“, sagte Soja, „mir kommt es ja nur auf die Geschwindigkeit an.“ Und dann erzählte sie von den Staren, die bei dem Frost zugrunde gehen konnten.
    Da sagte die Schaffnerin überraschend: „Nun, in diesem Falle kann auch ohne Taxi geholfen werden …“ Sachlich rief sie dem Fahrer zu: „Peter! Geht’s nicht schneller? Unser Fahr gast ist in Nöten: Die Stare könnten erfrieren.“
    „Stare?“ fragte der Fahrer zurück. „Marussja, du hast sicherlich etwas verwechselt. Die Stare sind ja längst in heiße Länder fortgeflogen, bei uns sind doch nur Dohlen und Krähen zurückgeblieben.“
    „Das ist es ja eben, daß sie nicht fortgeflogen sind.“ Und nun erfuhr auch der Chauffeur die ganze Geschichte.
    Zunächst wollte er Marussja nicht glauben; als aber Soja ihren Bericht bestätigte, fragte er nicht weiter,

Weitere Kostenlose Bücher