Vilja und das Raeuberfest
tatsächlich: Der Verkäufer hatte die Seite nur so früh geschlossen, weil er von vornherein so ein hohes Angebot bekommen hatte, dass man gar keine weiteren abwarten musste. Ich bete nur, dass der Käufer irgendein anderes Buch wollte und nicht ausgerechnet Helmeri Kvists › kurzen und praktischen Ratgeber‹!«
» Und was jetzt?«, fragte ich verzweifelt. Insgeheim hatte ich mir ausgemalt, dass Hele den Ratgeber einfach aus ihrer Tasche ziehen würde. Das hatte ich wirklich geglaubt! Vielleicht hatte ich mir auch gewünscht, dass wir, wenn man den Pärnänens das Buch auf den Tisch knallte, die für den Wilden Karlo gestellte Falle abwenden könnten.
» Der Käufer kommt aus Pietarsaari, so viel weiß ich, das steht im Profil. A-Ka und ich sind ihm den ganzen Sommer dicht auf den Fersen gewesen«, antwortete Hele. » Im Internet konnte man auch weiter einen Blick ins Buch werfen. So hat A-Ka die Regeln der zwei neuen Disziplinen gelesen und dann den Vorschlag gemacht, sie bei den Wettkämpfen aufzunehmen.«
Also aus diesem Grund war Hele immer unruhig geworden, wenn wir uns über die neu-alten Regeln bei dem Sommerfest gewundert hatten!
» Es ist praktisch, dass A-Ka in der Ecke unterwegs ist«, sagte sie ein bisschen verlegen. » So konnte sie die richtigen Antiquariate abklappern, während ich ein Auge auf die Versteigerungen im Internet hatte. Es war wichtig, dass mir jemand half«, verteidigte sie sich.
Ich hob den Daumen, um ihr zu zeigen, dass ich ihre Entscheidung verstand. » Und was ist mit eurem Streit?«, fragte ich dann vorsichtig.
» Das war ganz schön heftig«, stöhnte Hele. » Ich hatte während des gesamten Sommerfestes den Verdacht, dass A-Ka eine Verräterin ist. Also, weil die Wettkämpfe früher anfingen und sie uns nicht vorgewarnt hat. Ich war sicher, dass der Grund für all die Gemeinheiten war, dass sie den Ratgeber selbst gefunden und eine Intrige begonnen hatte, damit die Motor-Horrorianer die Wettkämpfe um die Räuberherrschaft gewinnen, da die nun ja schon den Ratgeber aller Ratgeber in der Tasche hatten.«
Kaija klopfte zur Warnung an die gläserne Balkontür. Wir standen auf, um essen zu gehen, noch bevor die Mundwinkel des Wilden Karlo vor lauter Schmollen bis an den Boden hängen würden.
Auf dem Küchentisch war ein ganzer Berg von Spanischen Fenstern. Ein zweiter, fast genauso großer Berg lag auf Hildas Teller. » Dieses Mädel in meinem Bauch hat Hunger«, behauptete sie und lächelte, während sie noch mehr in sich hineinschaufelte. » Ich helfe nur!«
Die Spanischen Fenster waren ab-so- LUT das Beste, was ich je gegessen hatte.
» Was wissen wir über die Produktion der Lakritzmünzen?«, fragte ich, als wir endlich mit der Versammlung begannen. » Wie wurde die Form gemacht? Wie lange dauert es, sie zu machen? Braucht man für die Maschine einen erfahrenen Fachmann oder so was? Ich weiß rein gar nichts über die Süßigkeiten-Industrie.«
» Außer, dass die Produkte ab-so- LUT super schmecken«, lächelte Gold-Piet. » Orkolas Lakritze schmilzt auf der Zunge und in der Seele …«
Hele gab Piet ein Zeichen, ruhig zu sein. Bei unserer Balkon-Besprechung war ihr klar geworden, dass ich nicht nur hier war, um Hildas Babybauch zu bestaunen und um alte Freunde zu begrüßen. Und so erzählte ich endlich von dem Gespräch, dass ich damals beim Zelt der Pärnänens mitangehört hatte, und dass mir die ganze Sache wieder eingefallen war, nachdem ich in der vergangenen Nacht davon geträumt hatte.
» Man will dich in Gefahr bringen«, erklärte ich dem Wilden Karlo. » Was genau ist auf der Seeräubermünze drauf?«
» Auf dem unteren Rand steht › Wilder Karlo Räuberberg‹«, antwortete der Hauptmann zufrieden. » Und dann sind da noch diese herrschermäßigen und herzenserweichenden Umrisse eingraviert!«
Er drehte sein Profil so, dass ich seine Nase und die vor das Ohr gerutschten Zöpfe bewundern konnte, und dann drehte er den Kopf zu mir und lächelte wie eine bezopfte Sonne.
» Wir haben Polaroidaufnahmen von vorne und der Seite gemacht und dann so eine Zeichnung, von der man begonnen hat, die Form zu machen. Es ist nämlich wichtig, auf das Wesentliche zu reduzieren, selbst wenn das Modell noch so gut aussehend ist!«, fuhr er stolz fort. » Serienproduktion! Darüber haben die sich beklagt, dass ich so schöne Zöpfe hab, aber man den größten Teil von ihnen auf dem Bild weglassen muss!«
Ich dachte kurz nach. » In der Fabrik hat man Bilder von dir
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