Villa des Schweigens
in Gelächter aus.
Was hatte ich denn Komisches gesagt?
»Das geht schon in Ordnung«, sagte Julius. »Der Vermieter hat nichts dagegen.« Sie glucksten wieder alle. So langsam ging mir das hier auf die Nerven. Was war mit diesem geheimnisvollen Vermieter? Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Hinter mir stand der Junge mit dem Wasser.
»Lass dich nicht verarschen«, sagte er. »Das haben sie mit mir auch gemacht. Der Vermieter sitzt vordir.« Er zeigte auf Julius. »Und ich bin übrigens Stefan.«
»Nina«, antwortete ich mechanisch. Julius war der Vermieter?
»Benjamin«, sagte der schwarzhaarige Junge vom Tisch und hob leicht die Hand, sein einziger Beitrag zum Gespräch.
»Ihr seid also zu viert?«, fragte ich.
»Wie man's nimmt«, sagte Claire. Einen Moment lang war da was in ihrem Blick. »Da wäre dann noch Lauren.«
»Lauren wohnt nicht hier«, sagte Stefan sofort.
»Aber fast!« Claire sah ihn trotzig an.
Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen.
»Lauren ist Stefans Freundin«, sagte Benjamin. »Die übernachtet manchmal hier.«
»Manchmal ist gut«, murmelte Claire.
»Wie dem auch sei«, schaltete sich Julius ein, der wie eine Art Stammesvater mit seiner Pfeife am Tischende saß. »Du kannst sofort einziehen. Hast du noch Möbel oder so?«
»Nein«, sagte ich und spürte, wie ich rot wurde. Meine Mutter hatte mich gezwungen, einen Kochtopf und eine geblümelte Steppdecke mitzunehmen, damit ich mich nicht nur von Fast Food ernährte und mich nicht erkältete. Ich würde beides sofort in den Tiefen des großen Schrankes verstecken, der in dem Zimmer stand. »Nur ein paar Bücher, Klamotten, so was halt. Ach, und einen Gecko.«
»Einen Gecko?« Der schwarzhaarige Junge sah mich überrascht an. »Du meinst so ein Mini-Krokodil?«
»Na ja, wenn du ihn so nennen willst. Ist ein harmloser kleiner Gecko. Stinkt auch nicht.«
»Soll der dann hier rumlaufen?«, fragte Claire.
»Nein, der bleibt in seinem Terrarium. Ich musste ihn halt mitnehmen, meine Eltern fahren in den Urlaub und meine Tante hat schon die Zwillinge und ...«
»Kein Problem«, unterbrach mich Julius. »Solange du hier keine kläffenden Köter anschleppst. Sonst noch was?«
Ich überlegte, schüttelte dann den Kopf.
Julius nickte. »Kein Cello?«, fragte er ernst.
Claire warf ihm ein Stück Würfelzucker an den Kopf.
»Denn noch mehr Hausmusik könnten wir kaum aushalten«, fuhr er ungerührt fort, aber ich sah, dass er nur Spaß machte. So langsam fing ich an, mich zu entspannen. Mensch – das Zimmer war romantisch und spottbillig! Das Haus war großartig, vom Garten ganz zu schweigen. Es waren höchstens 15 Minuten mit dem Rad zur Kanzlei. Und meine neuen Mitbewohner hatten zwar einen etwas absonderlichen Humor, schienen aber trotz allem ganz in Ordnung zu sein. Ich hatte wirklich Glück gehabt. Ein blindes Huhn fand eben auch mal ein Korn.Wir erledigten die Formalitäten, wobei ich mir nicht sicher war, was genau ich eigentlich zu erwarten hatte. Ich hatte ja noch nie ein Zimmer gemietet. Julius wollte die Miete in bar gezahlt bekommen, damit hatte ich kein Problem. Nebenkosten schien es nicht zu geben. Ich bekam meinen Schlüssel und wurde von Claire gewarnt, auf alle meine Lebensmittel meinen Namen zu schreiben.
»Die Jungs fressen dir sonst alles weg«, sagte sie. Unter freundlichem Nicken brachte sie mich zur Tür und ich radelte wie benommen zu meiner Tante zurück.
Dort herrschte das übliche Chaos. Die Zwillinge, Quietscheentchen und Nuckel auf dem Fußboden und mittendrin meine Tante Franziska mit bekleckertem T-Shirt. Noch bevor ich ganz durch die Tür getreten war, rief sie mir schon »Kannst du mir mal helfen?« entgegen. Sie schien gleichzeitig erleichtert und enttäuscht zu sein, als ich ihr wenig später von dem Zimmer berichtete.
»Ich hätte hier echt jemanden gebrauchen können«, sagte sie. »Aber ich verstehe natürlich, dass du unter jungen Leuten sein willst.« In ihrer Stimme schwang leiser Neid mit.
»War doch abgemacht, dass ich nur ein paar Tage bei dir bleibe«, murmelte ich. Ein bisschen schuftig kam ich mir schon vor. »Und bald kommt doch auch Onkel Thomas wieder.« Ein markerschütternder Schrei erklang aus dem Wohnzimmer. Franziska stürztelos und ich huschte schnell weg, um meine Habseligkeiten zusammenzupacken. Als das erledigt war, machte ich mir in Franziskas Küche ein letztes Mal einen Tee und ruhte mich kurz aus. Billy, mein kleiner Gecko, saß in seinem Glaskasten neben
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