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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Sdevan und schüttelte den Kopf. Manchmal konnte seine Heimatwelt ihn verstummen lassen. Die finstere Wolkenmasse stieg in majestätischer Langsamkeit auf, sie veränderte sich dabei zusehends und floss in die Breite. Der gewohnte vilmsche graue Himmel wurde weggewischt von diesem düsteren Firmament, das aussah, als wäre es mit allen Blitzen geladen, über die der Planet verfügte. In dem expandierenden Pilz aus finstersten Wolken bewegten sich helle und dunkle Streifen langsam umeinander; bedachte man die enorme Entfernung, musste das dort ungeheure Geschwindigkeiten erreichen. Im Schatten des Naturschauspiels rückten Menschen und Eingesichter eng zueinander. Stumm verfolgten sie, wie die nach wie vor aus dem unerreichbaren Inneren des gigantischen Walls hervorströmenden Wolkenmassen begannen, auch seitlich zu fließen und nicht nur allein von dem Wall weg. Diese seitliche Bewegung wurde unmerklich rascher.
    »Ich fasse es nicht«, sagte Jonathan, »ich glaube, wir erleben etwas Besonderes mit.«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen«, sagte Sdevan, und seine Stimme klang alles andere als forsch.
    »Hier werden die Wolken gemacht«, flüsterte Jonathan, »die Wolken und der Wind und die Gewitter und vor allem der Regen, der auf der ganzen nördlichen Hälfte des Planeten fällt ...«
    »Von der südlichen mal ganz zu schweigen«, sagte Sdevan.
    »Wenn es die Nester der Regendrachen gibt«, sagte Tonja, »dann sind sie da drin.«
    »Und wenn es Regendrachen gibt«, setzte Marja leise hinzu, »dann sind sie in genau diesem Augenblick geradewegs über uns.« Die vier Eingesichter schauten wie auf Befehl nach oben und starrten in den dämonisch brodelnden Himmel über der kristallklaren Kuppel des Kuglers. Von dort schauten die Augen der Regendrachen herab. Die vier Menschen schlossen langsam die Lider und sahen das, was die Einheimischen sahen. Da war nichts Bedrohliches, im Gegenteil. Der erschreckende Anblick gehörte ebenso zu Vilm dazu wie der ständige Regen und das Gebrüll der Schreilen. Ohne dieses entsetzliche Strömen würden die Gestrolche verdorren, die Pfützen vertrocknen, die Springwölfe, die Rehschweine und die Eingesichter sterben. Vilm Village meldete sich in kurzen, von atmosphärischer Statik zerhackten Bruchstücken, keiner im Geländekugler reagierte darauf. Falls die Elektronik versuchte, ein schwarzweißes Standbild nach Vilm Village zu senden, baute sich dort in quälender Langsamkeit die Abbildung von vier Menschen mit geschlossenen Augen auf, von vier Eingesichtern begleitet – oder bewacht? –, die nach oben starrten. Sdevan, Marja, Jonathan und Tonja war das egal, zumindest in diesem Moment, in dem sie ein kleines Stückchen davon verstanden, wie Vilm funktionierte und warum sie hier so nahe an den Nestern der Regendrachen ihre Reise in den Süden beenden mussten.

16. Obst für Eingeborene
    Eliza sah auf und erblickte ein Vilmkind, dessen Füße in einem flauschigen Fellknäuel steckten. Das Tier hatte sich Sdevan um die Beine gewickelt und schien ihn daran zu hindern, Elizas Büro zu betreten. »Was machst du hier? Solltest du nicht mit den anderen im Gestrolchgarten sein?«
    »Will hat gesagt, ich soll mich bei dir melden. Da bin ich hergekommen. Ich warte schon eine Weile ... Wenn nichts ist, gehe ich besser wieder.« Das Eingesicht sprang auf und machte sich allzu bereitwillig auf den Weg nach draußen. Hinaus in den Regen, heraus aus dem halbdunklen Zelt, in dem Elizas Apparaturen standen und bunte Lichter glommen.
    »Nichts da«, bremste die Einarmige den Fluchtinstinkt. Wenn Will so was sagt, dann denkt er sich was dabei. »Du weißt, dass Will für alles, was er tut, einen guten Grund hat.«
    »Stimmt«, gab Sdevan kleinlaut zu.
    Eliza verkniff sich ein Lächeln. »Im Gegensatz zu dir.«
    »Ich weiß nicht ...« Beide wussten, worauf Eliza anspielte. Die unrühmliche Geschichte mit den Rotschoten, die Sdevan mit anderen Kindern pflücken sollte. Gerda hatte sehr lange warten müssen und irgendwas anderes gekocht, irgendwelchen Konservenkram. Sdevan hatte an jenem Tag herausgefunden, dass Rotschoten roh essbar waren, wenn sie einige Viertelstunden in den Saft von diesen Dingern eingelegt wurden, wie heißen die gleich, die länglichen, grünlichen, die entstehen, wenn man Büschelbatzen abbindet, um sie reif werden zu lassen. Eliza schaute suchend zu Sdevan hinüber. »Blattröhren«, sagte der automatisch.
    »Genau; ihr habt Rotschoten in Blattröhrensaft eingelegt und das Zeug

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