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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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euch zu tun, Leute. Aber ich vermisse Brooklyn einfach so sehr. Ich vermisse meine Schule und meine Freunde. Ich wollte nicht auf eine neue Schule. Ich fand das, was ich zu Hause hatte, toll.« Ich drehe mich auf die Seite und hoffe, dass sie das als Ende dieser Diskussion verstehen.
    »Vielleicht gefällt es dir am Ende hier sogar besser«, argumentiert Romy.
    »Romy, ich kenne dich erst einen Tag, aber du bist eindeutig viel zu optimistisch für mich.«
    Sie lacht. »Das habe ich schön öfter gehört.«
    Ich drifte langsam in den Schlaf. Irgendwann wache ich auf und schaue auf die Uhr. Es ist Viertel nach eins, und ich bin immer noch hier. Ich drehe mich um und klopfe das Kissen unter meinem Kopf zurecht. Ich schließe die Augen. Ich höre, wie Suzanne sich die Nase putzt. Ich kann nicht mehr einschlafen. Kurz überlege ich, meinen Computer einzuschalten und Andrew eine Mail zu schicken. Das mach ich manchmal, wenn ich nicht schlafen kann. Aber da höre ich, wie jemand weint. Es ist Suzanne. Sie dreht sich im unteren Stockbett zur Seite und starrt an die Wand. Ich bin also doch nicht das einzige unglückliche Mädchen hier in der PA.
     
    Die Morgensonne taucht den Erker in unserem Zimmer in ein helles weißes Licht. Ich schiebe die Decke weg. Einen Moment lang habe ich vergessen, wo ich bin. Mein Zimmer in Brooklyn geht auf eine Hauswand hinaus, sodass ich kaum Tageslicht abbekomme, deshalb kommt mir das Aufwachen hier im Internat fast wie das Aufwachen an einer Bushaltestelle vor. Ich fühle mich schrecklich öffentlich. Ich schaue mich um. Ich bin allein.Die Stockbetten sind gemacht. Ich schaue zu dem anderen Einzelbett hinüber. Marisols kitschiger Quilt ist darüber ausgebreitet. »Marisol?«, rufe ich laut. Keine Antwort. Ich hüpfe aus dem Bett und schaue auf die Uhr. Es ist erst acht. Wo sind sie?
    Ich gehe zu meiner Kommode und hole ein Paar Röhrenjeans heraus, ein Bob-Marley-T-Shirt, ein himmelblaues Tuch, das ich mir um den Hals knote, und meine Jeansjacke, weil es hier ganz schön kalt ist. Ich schlüpfe in meine Kleider, ziehe meine flachen, gelben Lackschuhe an und nehme meinen Rucksack.
    Das Foyer des Wohnheims füllt sich mit Mädchen auf dem Weg zum Speisesaal. Einige sehen mir ziemlich ähnlich – die künstlerisch angehauchten in Jeans und Kapuzenpulli –, während die Physik/BWL/Mathe-Superhirne Jeans und quietschbunte Pullis tragen, unter denen ein weißer Blusenkragen hervorschaut. Meine Schuhe erregen ziemlich viel Aufmerksamkeit, leider nicht gerade von der Art, die ich mir wünschen würde. Die Mädchen schauen auf meine Füße, als wären sie riesige gelbe Taxis und nicht die coolsten Schuhe, die ich in meinem Lieblingsschuhladen in der 8th Avenue gekauft habe.
    Während ich mich alleine durch die Menge schiebe, wünsche ich mir, ich hätte mich mit meinen Mitbewohnerinnen für das Frühstück verabredet. Warum habe ich sie nicht weggehen hören? Warum haben sie mich nicht geweckt? Romy war gestern so nett zu mir, sie hat mir nicht mal krummgenommen, dass ich sie beim Filmschneiden angeschnauzt habe. Ich beginne eine Liste aufzustellen, wie ich mein Auftreten an dieser Schule verändern und mit einer besseren Einstellung noch mal neu anfangen werde. Ich gehe mit hastigen Schritten und fastverzweifelt allein und schwöre mir, dass ich mich mit meinen Mitbewohnerinnen anfreunden werde, damit ich niemals wieder dieses Gefühl des absoluten Verlassenseins erleben muss. Es ist schrecklich, irgendwo ganz neu und auf sich allein gestellt zu sein. Ich gelobe, alles zu filmen, um was sie mich bitten, und immer mein Bett zu machen und meine Sachen in Ordnung zu halten und meinen Schreibtisch aufzuräumen. Ich brauche Romy, Suzanne und Marisol. Sie sind die einzige Familie, die ich an dieser gottverlassenen Schule habe. Klar: Keine Familie ist perfekt, aber mit ihnen habe ich es eigentlich gar nicht schlecht getroffen.
    Ich gehe durch die Glastür in die Mensa. Der buttrige Geruch von Pfannkuchen, süßem Ahornsirup und rauchigem Speck erfüllt die Luft. Ich schließe die Augen und sehe meine Eltern vor mir, wie sie in unserer sonnigen Küche Frühstück machen, und mir kommen die Tränen. Hastig wische ich sie weg.
    Die Mensaküche ist offen und in der Mitte des Raumes platziert, von einer L-förmigen Serviertheke umgeben. Am unteren Ende des Ls nimmt man sich ein orangefarbenes Tablett und folgt dann der Schlange, die nach Mensa-Art die Theke entlangführt, vorbei an Vitrinen, die mit einem

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