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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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»Lass meine Arme los, du … ich …«
    Klack. Klack. Das Geräusch hallte nach in Jules Kopf und nein, es gefiel ihr nicht. Die derzeitige Situation schon gar nicht. »Soll das witzig sein, Bogacz? Mach die Handschellen wieder auf. Sofort!« Fassungslos rüttelte Jule an den plüschigen Fesseln in violett, die Ewa irgendwie im Tumult aus der Tasche aufs Bett befördert und geschickt um den Pfosten geschlungen hatte. Wäre ich nicht betroffen, ich wäre begeistert.
    »Ohne zickst du, Jule.«
    »Fräulein, ich schrei gleich.«
    »Lass es. Damit rechnen Alicja und Piotr ohnehin.«
    Scheiße. Schrei klang nach Schrei. Ob nun aus Lust oder Unlust. Tja, Schweitzer. Glatter Knieschuss, deine Anmoderation. In Jules Hirn arbeitete es fieberhaft. »Was heißt Hilfe auf Polnisch, Süße?«
    »Ratunku.«
    »Danke.«
    »Bitte. Ich übersetze dir alles, wenn du willst. Kein Thema.«
    Jule sammelte sich, dann nahm sie neuen Anlauf. »Dalli! Oder ich mach Radau mit Ratunku, das schwör ich dir und ich …«
    »Willst du Drama oder mich, Jule?« Ewa zog eine Augenbraue hoch und Jule verstummte. »Gut. Dann sei still. Oder muss ich dich obendrein knebeln?«
    Jule lachte auf. »Ey, du hast vorhin gesagt, du magst keine bösen Spielchen. Und überhaupt, womit denn?«
    »Ich nehm ne Socke.«
    »Untersteh dich!« Protest mit Kettenrasseln. »Außerdem kannst du mich verschnüren, wie du willst. Aber die Augen schließe ich deshalb noch lange nicht und ich werde …« Stopp! Skandal! Und Schock. »Boah, Bogacz, du Miststück. Gib mir sofort meine Brille zurück.«
    Tja. Schachmatt. Mit plüschverhülltem Stahl am Bett gebändigt, umgeben von einem verwischten Brei aus Farben. In aller Ruhe wechselte Ewa ihr Outfit und fluchte jedes Häkchen offenbar einzeln in Position. Welch tolles Vorspiel. Rein optisch so appetitanregend wie Antipasti bei Dinner im Dunkeln. Lecker vielleicht, nur blickte es keiner. Ganz ehrlich? Jule verging allmählich jeglicher Hunger, und sie war nur noch eines: mächtig angefressen.
    »Okay«, sagte Ewa. »Äh … ich hab’s an.«
    »Ach was.«
    »Fuck, mehr Porno geht nicht. So einen Fummel hab ich wirklich noch nie für irgendwen getragen, ich schwör.«
    »Wie schön.«
    »Aber es gefällt dir, oder?«
    »Ich gehe davon aus.«
    »Spiel nicht beleidigt, Jule. Jetzt guck.«
    »Brüller, Bogacz, Brüller!« Fauch.
    »Oh, okay, sorry. Vergessen. Hilft es, wenn ich … ein Stückchen näherkomme?« Rittlings schwang sich Ewa auf ihr wehrloses Opfer und beugte sich vor. »So vielleicht?«
    »Jep, bist scharf. Nun mach mich los, zum Kuckuck!« Schepper, Rassel, Gott, was kotzten sie die unwürdigen Geräusche an. Auch dieses ach so fluffige Plüsch war glatte Verarsche. Darunter saßen die Schellen stramm, schnitten und drückten bei jeder Gegenwehr ungnädig in ihre Handgelenke.
    Ewas Wangen glühten. »Jule, irgendwie …«
    »Läuft uns die Zeit davon, richtig.«
    »Ne. Also …« Ewas Stimme klang belegt. »Ich finde das schon …«
    »Total bescheuert. Hol den Schlüssel.« Muss ich hier alles fünfmal brüllen? Genervt blies Jule eine Haarsträhne aus ihrer Stirn und wippte ungeduldig mit den Zehen. Unfassbar. Nach Stunden des Wahnsinns hatten sie endlich ihre Zweisamkeit, und was lief? Nix. Nur kindische Cowboy-und-Indianer-Kacke mit gefesselter Frau am Marterpfahl, äh, Bettgestell. Komm, bind mir noch Apanatschis Feder ins Haar und mal mich bunt an, du Luder.
    Ewa jedoch rührte sich nicht und wirkte geistig merkwürdig weggetreten. In den Kopfaugen suchte Jule nach einer Antwort. Wie dunkel die auf einmal funkelten. Der Grünstich schien verschwunden. Ein Kribbeln erfasste Jule, als Ewas Fingerspitzen sanft über ihre Wange streichelten, über den Mund, weiter verspielt das Kinn entlang, den Hals hinab und … »Herrgott! Nun trödel nicht rum, Fräulein, sondern … humpf!« Stürmisch presste Ewa ihre Lippen auf Jules. Fuck! Die will … die will … Und wie Ewa wollte. Heiße Wellen jagten durch Jules Körper, die gar nicht glauben konnte, wie ihr geschah. Reize prasselten auf sie ein, und ihr Hirn schien schier zu explodieren. Ewas wirbelnde Zunge in ihrem Mund, Ewa-Meer-Duft, Ewas Gewicht auf ihren Schenkeln, warmer Atmen kitzelnd auf ihrem Gesicht, streichelnde Hände auf ihren Armen, wham! Jule keuchte, stöhnte auf, als sich Finger begehrlich in ihre Schulter gruben. In ihr tobte Chaos, ein aufreibender Kampf für die Sinne. Welch prickelnder Zwiespalt. Augen schließen, still genießen. Oder den

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