Violett ist erst der Anfang
keinen Sex, so aufgeheizt wie ihr heute ward? Ewa kennt Hamburg, den Kiez und die Hotels und …«
»Herrgott, sie hasst Hotels!« Nach Jules lautem Einwurf herrschte Schweigen. Sogar Ewa und Piotr verstummten.
»Ach.« Alicjas Blick heftete sich auf Ewa.
Hä? Jule kratzte sich am Kopf. »Stimmt doch. O-oder?«
Auf einmal grinste die Gutemine. Breit, sehr bereit. »Stimmt, Jule. Hatte ich vergessen. Hotels tun Ewa wirklich nicht gut. Aber wie ich sehe, ward ihr bei Bodo shoppen. Hat er euch Rabatt gegeben?« Ihre Finger angelten nach der Sexshoptüte.
»Nein!« Ewa kam ihr zuvor. »Das-das ist … privat.«
»Her damit!« Es war der Auftakt zum Tauziehen. Was ein Tumult der polnischen Art. Waldi bellte dazu, so aufgedreht, als witterte er einen Würstchenregen. Schließlich rutschten Ewas Finger ab. Die blickdichte Tüte schoss durch die Luft, die Corsage auch und landete bei Piotr. Im Gesicht. Der schluckte. Alle schluckten, und legten eine Schweigeminute ein.
»Nein, wie schön.« Alicja drehte das Spitzenteil in ihren Fingern. »Dass ich das erleben darf, Ewa. Nach all den Jahren.« Gerührt streichelte sie dem Zwerg über die glühende Wange.
Gequält räusperte sich Ewa. »Ge-gehört Ju-Jule.«
»Unsinn.« Alicja lachte auf. »In diesem Körbchen gehen ihre Äpfelchen doch verloren.«
Äpfelchen? Gott, warum tust du mir das an?
»Hey!« Ewa haute auf den Tisch. »Keine niedlichen Kommentar über die wunderschönen Brüste meiner Freundin. Kapiert?«
»Dann zieh deine Prinzessin gefälligst nicht vor meinen Augen aus, Ewa.«
»Hab ich doch gar nicht!«
»In meinen Torten, auf meinem Tisch, in meiner Küche!«
»Nicht schon wieder, Engel«, brummelte Piotr hinter seiner Zeitung. »Die sind verliebt, ich hab geputzt, Thema vom Tisch.«
Alicja schnaubte. »Sportteil.«
»Verstehe, mein Engel.« Piotr las weiter.
Ewa streckte die Hand aus. »Könnte ich den Fummel endlich wiederhaben, bitte?«
»Sicher.« Alicja lächelte. »Piotr – raus. Ewa – rein.«
»Spinnst du?« Der Zwerg riss die Augen auf. »Ich renne doch so verpackt nicht vor dir rum.«
»Wir sind Familie. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.«
Ewa verschränkte die Arme. »In solchen Dingen schon.«
»Seit wann?«
»Seit jetzt!« Passend zum Thema kramte Ewa aus Jules Handtasche das Päckchen von Bodo. »Hier. Ich löcher dich doch auch nicht, was drin ist.«
»Erzähl ich dir gern. Also, ich habe für …«
»Schluss!«, warf Jule ein, so laut, dass Alicja perplex weiterer Text im Halse steckenblieb. Halleluja. Keine Details. Auch unkonkret war das Hansel-Dirnen-Kopfkino verstörend genug. Jule holte tief Luft, und unterdrückter Groll brodelte in ihr hoch. »Jetzt pass mal auf. Du hast deinen Piotr, mit Sex oder ohne Sex, mir so was von schnurz. Das hier … das ist meine Süße und ihre Reizwäsche. Damit verkriechen wir uns jetzt in euer Schlafzimmer und tun Dinge, die nur uns irgendwas angehen. Und wenn ihr uns stört, wenn ihr wieder brüllt, wegen Zuckerkrümeln oder irgendeiner banalen Scheiße, Hochzeit hin oder her, dann brennt hier so was von die Hütte, das garantier ich dir.«
»Aber …«, erhob Alicja Einspruch.
»Nix aber!« Einspruch abgelehnt. »Nach dieser Listentour bist du uns was schuldig, aber hallo. Lebenslänglich! Dein Text wäre gewesen: Habt Spaß, nicht hier, sondern wo anders – Punkt! Diesen Text hätten wir verstanden, doch dein saudummes Ansticheltheater war Bullshit! Und sollte dir noch irgendeine Erklärung fehlen, warum wir in deinem Schlafzimmer gleich treiben, was wir gleich treiben, dann schluck das: Tesknotta!«
»Tęsknota?«
»Mir wurscht! T-Knoten-irgendwas. Sehnsucht. Sehnsucht nach meiner Freundin. Kapiert?«
Alicja lächelte. »Natürlich Liebes. Ich spreche auch Deutsch.«
»Schön.« Jule wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Danke für die Tropfen. Helfen enorm. Und hier, neues Headset.« Hep, knallte sie die Saturntüte auf den Tisch. »Viel Spaß damit. Wir verduften. Na sdorowje.« Ende der Durchsage. Jule brachte die Corsage in ihre Gewalt, dann ihre Freundin und ihre Handtasche, und rauschte mit allem davon. Ziel? Schlafzimmer!
KAPITEL 21
Rums, pfefferte Jule schwungvoll die Tür ins Schloss. Endlich! Ein Zimmer mit Bett. Dass sie das an diesem Samstag noch erleben durfte. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre auf die Knie gesunken, um dankbar der göttlichen Stätte zu huldigen. Okay, Blödsinn. Zeitverschwendung.
Ewa räusperte sich. »Jule,
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