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VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden

VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden

Titel: VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Shelton. Beide schienen erleichtert, mich zu sehen.
    Mr Edde, ein hoch aufgeschossener, schlaksiger Südamerikaner mit ausladendem Afrolook, sprach über die Vorzüge des jambischen Pentameters. Ich versuchte mich zu konzentrieren.
    »Tory!« Geflüstert. »Tor!«
    Ich spähte nach rechts. His neues Handy lag zwischen den Seiten seines Buchs versteckt. Er tippte ohne hinzuschauen.
    Mit größter Beiläufigkeit zog ich mein eigenes Gerät aus der Tasche. Schaltete es ein. His Nachricht enthielt einen Link.
    Klick. Ein Chatroom erschien auf meinem Bildschirm.
    Ich blickte kurz auf. Mr Edde konnte Handys nicht ausstehen
und hatte in diesem Halbjahr schon ein Dutzend davon konfisziert.
    Doch die Götter waren uns wohlgesinnt. Nachdem er den Schülern aufgetragen hatte, sich der Lektüre eines epischen Gedichts aus dem 17. Jahrhundert zu widmen, ging er zu seinem Tisch zurück. Ein letzter prüfender Blick, dann setzte er sich hin, kippte seinen Stuhl auf die Hinterbeine und konzentrierte sich auf ein Kreuzworträtsel.
    Stille war eingekehrt. Während ich so tat, als sei ich in John Miltons Text vertieft, wandte ich mich dem Cyberspace zu.
    Zwei Avatare erschienen. Das Bild von Napoleon Dynamite war Hi. Shelton wurde vom Yeti dargestellt, der einen riesigen Roboter verschlang. Jedem das Seine.
    Mein eigener Avatar – ein grauer Wolf, in Schwarz-Weiß dargestellt – war die einzige weitere Figur.
    Hi hatte bereits eine Nachricht geschickt.
    Napoleon: Wo warst du? Hab mir totale Sorgen gemacht?
    Ich tippte mit größter Vorsicht eine Antwort.
    Wolf: Krankenschwester. Hab nichts gesagt, aber etwas stimmt nicht mit mir. Heftig!
    Napoleon: Bei mir dasselbe! Nicht nur Grippe.Total crazy.
    Yeti: Bei mir spielt alles verrückt.
    Ich spähte nach links. Sheltons Fuß bewegte sich wie wild auf und ab.
    Hi hatte das Sakko ausgezogen und den oberen Hemdknopf gelöst. Er keuchte wie ein alter Mann und kratzte sich in einer Tour die Arme.
    Meine Hoffnungen schwanden. Ich war nicht die Einzige. Wir alle hatten uns etwas eingefangen, womit nicht zu spaßen war.
    Ich tippte rasch, behielt mit einem Auge Mr Edde im Blick.
    Wolf: Müssen uns treffen. Heute. Bunker. Bis dahin kein Wort.

    Zu beiden Seiten von mir tanzten die Finger. Ich schaute nach unten, hoffte, dass Mr Edde weiterhin auf sein Kreuzworträtsel fixiert war.
    Yeti: Bin zu krank. Hab Angst. Werd vielleicht meiner Mutter erzählen.
    Napoleon: Kein Klo im Bunker. Problem.
    Ich war leicht irritiert. Wussten sie denn nicht, woher unsere Krankheit kam? Wir konnten unseren Eltern nichts erzählen. Nicht wenn Karsten es immer noch auf uns abgesehen hatte.
    Meine Finger flogen über den Bildschirm.
    Wolf: Müssen miteinander reden. Ob krank oder nicht. Bunker. Nach der Schule. Superwichtig. Und kein Wort. Auch nicht zueinander!
    Mr Edde senkte die Vorderbeine seines Stuhls. Ein sicheres Zeichen, dass er mit dem Kreuzworträtsel fertig war.
    Konversation beendet.
    Ich ließ mein Handy in der Schultasche verschwinden. Hi steckte es in seine Hosentasche. Ich hob eine Braue. Nun?
    Hi fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Zerrte daran, als wolle er ganze Büschel ausreißen. Dann nickte er.
    Shelton rutschte hin und her, starrte finster vor sich hin, senkte dann sein Kinn.
    Alle Mann an Bord.
    Jetzt mussten wir nur noch diesen Schultag hinter uns bringen.
    Eine sanfte Brise strich über den Yachthafen, führte den Geruch von Salzwasser, Hortensien und Benzin mit sich. Weiße Segel leuchteten in der Nachmittagssonne.
    Luftfeuchtigkeit an die 90 Prozent, Temperaturen um die 30 Grad. Kein Tag für Outdooraktivitäten.

    Auf der Fähre hatten sich Hi und Shelton gleich ins Innere der klimatisierten Kabine zurückgezogen. Wir hatten seit der zweiten Stunde kein Wort mehr miteinander gewechselt und würden das auch nicht tun, ehe wir den verschwiegenen Bunker erreicht hatten.
    Keiner von ihnen schien sonderlich glücklich, wenngleich sie nicht rebelliert hatten. Ich würde mir später noch einiges anhören müssen, keine Frage.
    Ich kaute am Daumennagel und suchte mit den Augen immer wieder den Anleger ab. Wo war Ben? Seit Bio hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Er hatte zwei Nachmittagskurse versäumt, die wir zusammen belegten.
    Bens stabile Verfassung war mein letzter Trumpf. Falls er auch schwächeln sollte – hallo Panik!
    Wie aufs Stichwort eilte er den Anlieger hinunter. Mr Blue legte in dem Moment ab, in dem die Schuhe seines Sohnes das Deck berührten.
    »Willkommen an Bord,

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