VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
zu können.«
»Ich werd’s so schnell wie möglich nachholen, versprochen! « Ich blies mir ein paar Haare aus der Stirn. »Wenn ihr wüsstet, was ich am Wochenende durchgemacht habe.«
»Mach dir keine Sorgen«, entgegnete Jason. »Das Referat ist erst am Freitag. Wir hängen deinen Teil einfach hinten dran, dann kannst du die Ergebnisse zusammenfassen, wie du willst.«
»Werd erst mal wieder gesund.« Hannahs Besorgnis klang echt. »Das ist das Wichtigste.«
Ich lächelte ihr meinen Dank zu. So eine Nachlässigkeit passte eigentlich nicht zu mir. Schuldgefühle schon eher. Seit dem Aufwachen hatte mich das schlechte Gewissen geplagt.
»Was steht denn heute auf dem Programm?«, fragte ich.
»Wir untersuchen die Auswirkungen olfaktorischer Effekte auf das Verhalten von Rennmäusen«, antwortete Jason. »Wir haben zwei verschiedene Duftstoffe.«
Hannah las die Arbeitsanleitung vor. »Erstens: Stellen Sie den Aromabehälter in den Käfig. Zweitens: Warten Sie fünf Minuten. Drittens: Messen Sie die Zeit, die die Rennmaus in ihrem Laufrad verbringt. Klingt einfach.«
»Okay, dann lassen wir den Nager mal schnuppern«, sagte Jason.
Ich füllte den Aromabehälter mit unserem ersten Duftstoff: wilder Lavendel. Ein angenehmer Geruch stieg auf.
Unser Testsubjekt, das wir Herbie getauft hatten, schnüffelte am Behälter, rollte sich zusammen und verlor das Interesse.
»Lavendel wirkt bei denen wie ein Schlafmittel«, sagte Jason.
Immer wieder sahen wir auf die Uhr.
»Zeit ist abgelaufen«, sagte Jason. »Den neuen Duftstoff bitte.«
Hannah kümmerte sich darum. Das neue Aroma war Grapefruit.
»Citrusöle fördern die Energie«, sagte ich.
»Wird ja auch Zeit. Los Herbie, zeig, was in dir steckt.«
Herbie und ich befanden uns auf demselben Energielevel.
Ich hatte seit Tagen schlecht geschlafen. Mir fielen fast die Augen zu.
Plötzlich begann sich der Raum zu drehen, woran ich ja inzwischen gewöhnt war.
Nein! Nicht hier!
KLICK.
Der Schmerz riss meinen Stirnlappen auseinander. Ein heißer
Schwall schoss mir von der Brust in alle Glieder. Alles verschwamm vor meinen Augen.
Ich rieb mir die Schläfen, versuchte verzweifelt, die Kontrolle zu behalten. Schweißperlen standen auf meiner Stirn.
»Tory, ist alles okay?« Hannahs Augenbrauen zogen sich zusammen.
Gequältes Lachen. Reden war schwierig. »Nur ein … postvirales Erschöpfungssyndrom … nichts Ernstes.«
Ich stand auf, versuchte den wirbelnden Raum zum Stillstand zu bringen. Doch mein Gehirn schien sich losgerissen zu haben und frei herumzuschweben.
Der Grapefruitgeruch überwältigte mich, bombardierte meine Nase und kitzelte in der Kehle.
Brechreiz stieg auf. Keine Zeit für Entschuldigungen. Ich musste rennen.
Während ich aufsprang, um auf die Toilette zu stürzen, sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Herbie legte eine Trainingseinheit in seinem Laufrad ein.
Meine Symptome verflüchtigten sich.
Plötzlich sah ich nichts anderes mehr als die Rennmaus.
Ich ging neben dem Käfig in die Hocke und fixierte den kleinen braunen Körper, der wie verrückt strampelte. Ich roch sein Fell, die Sägespäne und ein Sekret, das einen moschusähnlichen Duft verströmte.
Eine wahre Speichelflut badete meinen Gaumen und meine Zunge.
»Tor?« Jason legte mir die Hand auf die Schulter. »Was ist mit dir? Soll ich dich zur Krankenschwester bringen?«
Alle meine Sinne konzentrierten sich auf das Nagetier.
Das mich plötzlich bemerkte.
Irgendetwas tief in Herbies Gehirn schrie eine Warnung. Er sprang vom Rad und flüchtete in sein Nest.
Meine Hand schoss nach vorn und brachte den Käfig aus dem Gleichgewicht. Jason konnte im letzten Moment verhindern, dass er auf den Boden fiel.
»Tory, was machst du?«
KLACK.
Eine zerebrale Tür schlug zu.
Die Gerüche schwanden.
Ich schüttelte den Kopf, versuchte, zu mir zu kommen.
Die Realität meldete sich zurück.
Meine Mitschüler starrten mich an, einige direkt, andere verstohlen. Gefolgt von gehässigen Kommentaren.
»Seht mal, das Inselmädchen hat eine Panikattacke!« Madisons Flüstern zog ein Kichern ihrer Clique nach sich.
»Die hat wohl Angst vor Mäusen«, schaltete Ashley sich ein. »Dabei gibt’s doch bestimmt Millionen dreckiger Mäuse auf ihrer Insel.«
Das ist eine Mongolische Rennmaus, ihr Holzköpfe.
»Sie ist eben doch nur ein kleiner Spasti«, ergänzte Courtney.
Die sechsbeinige Tussi schüttete sich aus vor Lachen.
Meine Wangen brannten vor Scham.
Die Hitze stieg vom
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