Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
Vom Netzwerk:
irgendwo mittendrin hatte man ihr außerdem noch das Herz gebrochen. An diesem Punkt wurde das Märchen zur Tragödie und ich wusste aus Erfahrung, dass sie weinen würde, wenn ich sie zu weit trieb.
    »Als Musikerin solltest du in der Lage sein, es zu verstehen«, sagte sie. »Jonathon verliebte sich in Diana, die Sopranistin, aber plötzlich war ich nicht mehr Diana, die Sopranistin. Ich war nur noch Diana.«
    »Also liebte er dich nur wegen deiner Stimme?«
    »Nein«, widersprach sie. »Er war kein schlechter Mensch. Er war einfach nur jung und so etwas wie ein Frauenheld. Wahrscheinlich ist er das immer noch. Aber das war nicht das Problem. Ich hatte mich verändert. Stell dir mal vor, du müsstest mit dem Geigespielen aufhören. Dann wärst du nicht mehr du, stimmt’s? Mein Leben veränderte sich schlagartig, ich trauerte darum und war außerdem damit beschäftigt, mich von der vermasselten Operation zu erholen. Obendrein fand ich dann noch heraus, dass ich schwanger war. Ich war vollkommen durcheinander.«
    Ich hörte nicht mehr zu. Wie wäre mein Leben ohne meine Geige? Vor meinem geistigen Auge sah ich … nichts.
    »Vergiss es am besten, Carmen. Ich weiß, du möchtest mehr über ihn erfahren, aber es hat keinen Sinn. Er wird immer zu sehr mit sich selbst beschäftigt sein, als dass er irgendeine Art Vaterrolle annehmen könnte und außerdem hast du einen Vater. Du weißt doch, wie sehr Clark dich liebt.« Sie verstummte und fuhr dann mit einer winzigen Spur der Verbitterung in ihrer Stimme fort: »Außerdem, auch wenn Jonathon nicht selbst an deinem Leben teilhat, das Geld seiner Familie tut es auf jeden Fall.«
    Mir kam es wie eine Beleidigung vor, obwohl ich wusste, dass ich nicht diejenige war, der sie diesen Satz eigentlich an den Kopf werfen wollte. Ich dachte daran, was die Glenns für mich getan hatten und hatte vage ein schlechtes Gewissen, als hätte ich sie darum angebettelt, mich zu unterstützen. Aber das hatte ich nicht.
    In diesem Augenblick fuhr unser Geländewagen in die Auffahrt. »Die Damen«, begrüßte uns Clark, als er grinsend die Treppe hochkam. In der einen Hand hielt er seine Aktentasche, in der anderen einen Strauß Blumen.
    Diana erhob sich und gab ihm einen Kuss.
    »Hey, Superman«, sagte ich. »Was macht die Strumpfhose?« Es war unser Privatwitz. Ich ließ nicht zu, dass er in Vergessenheit geriet und Clark hatte immer eine neue Antwort parat. Wie er mir einmal erklärt hatte, muss man sich eine gesunde Datenbank an Antworten auf Superman-Sticheleien zulegen, wenn man Clark heißt und eine Hornbrille trägt.
    »Sie juckt. Sie juckt ganz fürchterlich.«
    »Wie wär’s mit waschen?«
    »Kommt nicht infrage. Das bringt Unglück.«
    Diana hielt den Blumenstrauß in der einen Hand und zog Clark mit der anderen am Arm ins Haus.
    »Komm mit uns rein«, schlug Clark vor.
    »Ich möchte noch ein wenig hier draußen sitzen. Ich komme rein, wenn mir kalt wird.«
    Das würde nicht lange dauern. Ich fühlte, wie sich die Wärme des Nachmittags verflüchtigte. Die Haustür wurde geschlossen und die Geräusche draußen schienen plötzlich lauter: das Vogel­gezwitscher in den neu erblühten Eichen, die entlang unserer Straße Spalier standen; eine Fahrradklingel, schrill und laut; das Gelächter zweier kleiner Jungen, die auf dem Bürgersteig Fangen spielten.
    Meine Gedanken wurden klarer, während ich allein hier draußen saß. Das war immer so. Aus irgendeinem Grund funktionierte mein Verstand nicht richtig, wenn Diana bei mir war, weil ich zu sehr damit ­beschäftigt war, auf das zu reagieren, was sie sagte. Meistens fühlte ich mich in die Enge gedrängt und suchte grundlos eine Ziel­scheibe.
    Zum Beispiel ergab es überhaupt keinen Sinn, Diana ausgerechnet jetzt mit Fragen über Jonathon zu nerven. Ich hatte ganz andere Sorgen, schließlich stand der Guarneri-Wettbewerb kurz bevor. Und sie hatte natürlich recht, dass ich ihn nicht brauchte. Clark war mein Dad. Diana und er hatten geheiratet, als ich sechs war. Ich konnte mich kaum an die Zeit davor erinnern.
    Es war nicht auszudenken, auf welcher verrückten Umlaufbahn Diana und ich unsere Runden drehen würden, wenn er nicht zu uns gestoßen wäre. Clark war unser Gegengewicht. Er war kein Musiker, nicht überemotional, nicht ehrgeizig – im Prinzip das Yin zu unserem Yang. Clark war leidenschaftlicher Gourmet-Koch, wenn auch nur als Hobby. Er sah sich Indie-Filme mit mir an und langweilige Dramen mit Diana, obwohl er sich viel

Weitere Kostenlose Bücher