Virus
Beziehung hatte sie Dubcheks Äußeres entschieden mehr beeindruckt.
Der Gedanke an Cyrill erinnerte sie an etwas. »Woher kennen Sie und Dr. Dubchek sich eigentlich?«
»Ich lernte ihn auf einem Empfang kennen, den die Universitätsklinik für die niedergelassenen Augenärzte gab«, antwortete Ralph. »Einige der seltenen Viren wie der Ebola- und der AIDS-Virus wurden in Tränenflüssigkeit und wässerigen Körperausscheidungen lokalisiert. Einige davon verursachen sogar Traubenhautentzündung.«
»Oh«, sagte Marissa und nickte, als ob sie das verstanden hätte. Tatsächlich hatte sie nicht die geringste Ahnung, was Traubenhautentzündung war, aber sie entschied, daß das genausogut der Anlaß dafür sein konnte, Ralph zu bitten, sie nun nach Hause zu fahren wie irgend etwas anderes.
*
Während der nächsten Tage gewöhnte sich Marissa wieder an ein normales Leben, obwohl sie immer noch bei jedem Anruf damit rechnete, zu einem neuen Fall von Ebola gerufen zu werden. Sie erinnerte sich an ihren entsprechenden Entschluß und packte einen kleinen Koffer, den sie offen in ihren Schrank stellte, um nur noch ihr Kosmetikköfferchen hineinzuwerfen. Jetzt konnte sie innerhalb weniger Minuten das Haus verlassen, wenn sich wieder einmal die Notwendigkeit dazu ergab.
Was die tägliche Arbeit betraf, ging es bergauf. Tad half ihr dabei, ihre Fähigkeiten im Hinblick auf die Laborarbeit zu verbessern, und arbeitete mit ihr gemeinsam ein Forschungsprogramm für den Ebola-Virus aus. Da es offenbar nicht möglich war, eine Arbeitshypothese hinsichtlich einer Quelle aufzustellen, konzentrierte sich Marissa statt dessen auf die Frage der Übertragung. Aus dem umfangreichen Datenmaterial, das sie in Los Angeles und St. Louis zusammengetragen hatte, hatte sie Pläne und Karten erstellt, die die Ausbreitung der Krankheit von Patient zu Patient veranschaulichten. Außerdem hatte sie Personenprofile angelegt über jene Leute, die zu den Primärkontakten zählten, aber dennoch von der Krankheit verschont geblieben waren. Wie Dr. Layne vermutet hatte, war enger persönlicher Kontakt eine Voraussetzung, wahrscheinlich über Schleimhäute, obwohl im Gegensatz zu AIDS Sexualkontakte offenbar nur bei Dr. Richter und dessen Geliebten und bei Dr. Zabriski und seiner Frau eine Rolle gespielt hatten. Angesichts der Tatsache, daß dieses hämorrhagische Fieber offensichtlich zwischen Leuten übertragen werden konnte, die zufällig gemeinsam ein Handtuch benutzten, oder durch irgendeine gelegentliche enge Berührung, wurde die Aufregung über AIDS gegenüber dem Ebola-Virus zu einem Sturm im Wasserglas.
Marissa war es wichtig, ihre Hypothese durch Versuche bei Meerschweinchen abzusichern. Derartige Versuche konnten aber nur im Hochsicherheitslabor stattfinden, und sie hatte immer noch keine Zugangserlaubnis dafür.
»Verblüffend!« rief Tad eines Nachmittags, als ihm Marissa eine Technik vorführte, die sie sich zur Anwendung bei bakterienbefallenen Viruskulturen ausgedacht hatte. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Dubchek deinen Antrag jetzt immer noch ablehnt.«
»Ich schon«, gab Marissa zurück und überlegte sich, ob sie Tad davon erzählen sollte, was sich damals in Los Angeles im Hotel abgespielt hatte. Aber ein weiteres Mal entschied sie sich dafür, es nicht zu tun. Es würde nichts ändern und vielleicht nur Tads Verhältnis zu Cyrill beeinträchtigen.
Sie folgte ihrem Freund in dessen Büro. Als sie sich bei einer Tasse Kaffee entspannten, sagte sie zu ihm: »Tad, du hast mir doch damals, als wir in das Hochsicherheitslabor gingen, erzählt, daß ihr dort alle Sorten von Viren lagert, einschließlich des Ebola-Virus.«
»Ja, wir haben Proben von jedem Auftreten der Erkrankung. Inzwischen gibt es natürlich auch tiefgefrorene Proben von deinen beiden Ausbrüchen der Epidemie.«
Marissa hatte heftige Zweifel darüber, was sie davon halten sollte, diese beiden Epidemien als »ihre Ausbrüche« bezeichnet zu hören, aber sie behielt diesen Gedanken für sich. Statt dessen fragte sie: »Gibt es einen weiteren Ort, an dem diese Viren gelagert sind, ich meine außerhalb des CDC?«
Tad überlegte einen Augenblick und sagte dann: »Ich weiß nicht so recht. Meinst du hier in den Staaten?«
Marissa nickte.
»Vielleicht hat die Army welche in Fort Detrick am dortigen Zentrum für biologische Kriegführung. Der Bursche, der die Sache leitet, war öfters hier am CDC und zeigte Interesse für virales hämorrhagisches
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