Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund
Straße, die durch den Siskiyou Nationalpark geht, und eine etwas nördlich, das ist ein Highway. «
Nach kurzer Diskussion entschieden sie sich für den Highway. Anna wies darauf hin, dass das weiße Haus zwar von Bäumen umgeben war, jedoch nicht in einem Wald im Binnenland liegen konnte. Es musste an einem Ort stehen, an dem zwei bewaldete Halbinseln ins Meer hineinragten.
»Und der Griffin’s Pit heißt.« Lewis grinste Kait an.
»Vielleicht können wir das irgendwo in einer Bücherei nachschlagen«, schlug Rob vor, während er auf den Freeway zurückfuhr. »Das und alle anderen Variationen, die uns einfallen.«
»Vielleicht finden wir den Ort ja auch schon vorher«, seufzte Kait sehnsüchtig.
Doch in Coos Bay, wo der Highway schließlich ans Meer führte, ließ sie enttäuscht die Schultern hängen und schüttelte den Kopf.
»Wahrscheinlich sind wir noch nicht weit genug im Norden.« Sie sah Anna fragend an.
Anna nickte resigniert. Sie standen alle um das Auto herum und starrten aufs Meer hinaus. Es glitzerte blau und war – völlig anders als erhofft. Ganz anders als der Ozean, den sie im Traum gesehen hatten.
»Zu viel Zivilisation«, sagte Anna. Sie deutete auf einen großen mit Baumstämmen beladenen Frachter, der gerade in die Bucht fuhr. »Seht ihr das? Der lässt etwas ins Wasser ab, Öl oder Diesel oder so etwas. Das Wasser, das wir gesehen haben, war anders. Nicht so stark befahren. Es fühlte sich sauber an.«
»Sauber«, wiederholte Gabriel spöttisch.
»Ja«, sagte Kaitlyn. »Das stimmt. Und seht euch mal die Sanddünen hier an. Hat im Traum jemand von euch Sand gesehen?«
»Nein«, seufzte Rob. »Okay, zurück ins Auto. Yukon, wir kommen. «
»Können wir zuerst etwas essen?«, fragte Lewis. Es war bereits Mittag.
»Wir essen unterwegs«, sagte Rob. Im Van schmierte Kaitlyn Erdnussbutterbrote.
Sie kauten gleichgültig vor sich hin und blickten
aus dem Fenster. Die Aussicht, die sich ihnen an Oregons Küste bot, war alles andere als vielversprechend.
»Sand«, stöhnte Lewis nach einer halben Stunde. »Ich wusste gar nicht, dass es so viel Sand auf der Welt gibt.«
Die Dünen schienen kein Ende zu nehmen. Sie waren groß, teilweise fast fünfzig Meter hoch, und nahmen ihnen stellenweise die Sicht auf den Ozean.
»Wie schrecklich«, sagte Kaitlyn plötzlich. In der Ferne waren in den Dünen Bäume zu sehen, doch sie waren unter Sand begraben. Nur das oberste Drittel der Stämme guckte noch heraus. Es war, als hätten die Dünen einen Wald verschlungen – und verdaut.
»Junge, Junge, da kreist sogar ein Geier«, sagte Lewis und zeigte auf einen großen Vogel.
»Das ist ein Fischadler«, verbesserte ihn Anna beinahe unfreundlich.
Kaitlyn warf ihr einen überraschten Blick zu, lehnte sich dann wieder zurück und verfiel in brütendes Schweigen. Sie war deprimiert und wusste nicht, ob es an den Dünen lag, an der Aussicht auf eine nicht enden wollende Fahrt mit unbekanntem Ziel oder an den Erdnussbutterbroten.
Auch die anderen sprachen nicht. Die Stimmung war gedrückt. Es lag etwas in der Luft, das schwer zu greifen war.
»Ach, kommt schon«, sagte sie halblaut. »Kopf
hoch, Leute. Es ist erst unser zweiter Tag.« Sie zermarterte sich das Gehirn nach einem interessanten Thema, mit dem sie die anderen ablenken konnte. Bald wurde sie fündig. Es war nicht nur interessant, sondern auch ein wenig gefährlich. Ach was, sagte sie sich. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
»Also Lewis, die Sache mit dem Chi«, sagte sie. Er sah sie verständnislos an. »Ich habe mich gefragt, wie viel man davon verlieren muss, um krank zu werden.«
Sie sah, dass Gabriel auf dem Beifahrersitz erstarrte.
»Äh«, sagte Lewis, »hängt davon ab. Manche Menschen haben viel Chi. Sie bilden ständig Neues. Wenn man gesund ist, dann ist das so, und es fließt sozusagen frei, ohne Blockaden. Durch seltsame Kanäle.«
Kaitlyn lachte. »Durch was?«
»Seltsame Kanäle. Wirklich. So hat mein Großvater die Bahnen genannt, durch die das Chi fließt. Er war ein Meister des Chi Gong, der Kunst, das Chi zu beeinflussen. So etwas Ähnliches tut auch Rob, wenn er heilt.«
Gabriel, der Kaitlyn absichtlich nicht ansah, forderte sie im Stillen wutschnaubend auf, den Mund zu halten. Kaitlyn tat ihm den Gefallen nicht. Sie ignorierte ihn einfach.
»Also ist es so etwas wie Blut«, sagte sie. »Und wenn man es verliert, bildet man Neues.«
»Im Mittelalter hielten die Menschen das Blut tatsächlich
für die
Weitere Kostenlose Bücher