Visite bei Vollmond
und Schnauzen im
Gesicht gingen hinein, normale Menschen kamen wieder heraus. Die Ãberlebenden
liefen noch eine Weile verwirrt herum und überlegten offenbar, warum sie in
einer kalten Winternacht auf einem Krankenhausparkplatz standen, doch
irgendwann löste sich die Menge auf.
Doch manche gingen in die Wolke
und kamen nicht wieder gesund heraus, andere hatten nach der Prozedur keinerlei
Kraft mehr â ohne die Körperkräfte eines Werwolfs konnten sie sich nicht einmal
mehr bewegen. Einer von ihnen brach einfach zusammen, dann schrie plötzlich
eine Frau laut auf.
»Keine Sorge«, sagte eines der
grässlichen Schattenwesen, als es meinen Blick bemerkte. »Wir werden die Toten
verbergen.«
»Das ist grauenhaft â¦Â«
»Javier!«, schrie die
Frauenstimme.
»ScheiÃe.« Hastig humpelte ich
in ihre Richtung.
Luz hielt Javier in
ihren Armen, der wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappte. Panisch
schaute sie sich um. »Wo sind wir? Wie sind wir hierhergekommen? Was ist mit
Javier?«
O Gott. Er würde hier drauÃen
in der Kälte verrecken. Wir waren viel zu weit vom Klinikgebäude entfernt, um
ihn reinzutragen. Das Luna Lobos, das ihm trotz meiner Warnung von Luz
verabreicht worden war, hatte Javier seine Beine zurückgegeben und seine
Wirbelsäule geheilt â aber nur vorübergehend.
»Luz â¦Â«
Ich wusste nicht, ob sie mich
wirklich erkannte. »Sie da! Helfen Sie ihm!« Sie wiegte Javier in ihrem SchoÃ,
während er bereits blau anlief.
»Das kann ich nicht.« Es waren
keine Sanitäter mehr da, die Techniker waren auch alle nach Hause gegangen.
Vier Krankenschwestern â von denen eine auÃer Gefecht gesetzt war, nachdem sie
mit einem strahlenden, Recht sprechenden Licht verschmolzen war â würden da
nicht viel rausreiÃen können.
»Er wird sterben!«,
protestierte Luz. »Tun Sie doch etwas!«
»Schatten?« Ich kniete mich hin
und schlug mit der Faust auf den Boden. Die Antwort kam aus der Dunkelheit vor
dem Bordstein.
»Seine Zeit ist längst
abgelaufen. Wir reparieren die Dinge, wir verändern sie nicht.«
Luz weinte hemmungslos und
schaukelte ihn hin und her. »Tun Sie was! Schnell! Ich würde mein Leben für ihn
geben!«
Plötzlich stand Anna neben uns.
»Meinst du das ernst?«
Luz starrte wutentbrannt zu ihr
hoch. »Natürlich meine ich das ernst.«
»Also dann.« Anna ging in die
Hocke und biss sich grob in die Hand. AnschlieÃend schob sie ihre blutenden Finger
zwischen Javiers Lippen, bis er tief einatmete. Sie wandte sich an Luz und
streckte fordernd die Hand aus.
»Er ist über den Berg. Jetzt
komm mit mir.«
Fassungslos starrte Luz auf
Annas blutige Hand.
»Du hast gesagt, du würdest
dein Leben für seines geben. Oder stehst du etwa nicht zu deinem Wort?« Von
Annas Fingern tropfte immer noch das Blut.
Luz ergriff ihre Hand. Als Anna
sie loslieÃ, strich sie ihr mit dem Daumen über die Stirn und hinterlieà so ein
blutiges Mal auf Luzâ Haut.
»Gut. Vorerst kannst du bei ihm
bleiben. Ich werde dich holen kommen.« Sie stand auf und ging. Ich schloss zu
ihr auf, doch bevor ich fragen konnte, kam sie mir zuvor und sagte: »Ich
brauche eine Schwester, kein weinendes Kind. Ich werde sie morgen verwandeln.«
»Anna ⦠Sike war kein Haustier,
das man einfach ersetzen kann.«
Abrupt blieb Anna stehen. »Ihr
Verlust schmerzt mich mehr als dich. Du fühlst dich einfach nur schuldig«,
sagte sie heftig. Plötzlich wusste ich wieder, wie es sich anfühlte, wenn ein
Vampir einem ein Messer in die Brust rammte. Dann sah sie mich an, und ihre
Miene wurde weich. »Von nun an habe ich das Recht, mein eigenes Kabinett zu
gründen. Ich habe sein Leben gerettet, und das Mädchen hat eingewilligt. Das
ist nun einmal der Preis des Blutes.«
Einige Vampire, die mir vage
bekannt vorkamen, traten aus der Dunkelheit zu uns. Sie hatten bei der
Zeremonie Annas Blutcocktails ausgeschenkt.
Mit einer ausholenden Geste
bezog Anna sie in unser Gespräch mit ein. »Der Verlust einer so groÃen Menge
kostbaren Blutes ist ein Verbrechen, das eigentlich mit dem Tode bestraft wird,
Edie. Doch du hast bereits einmal vor Gericht gestanden, und wir wissen beide,
wie das ausgegangen ist. Deshalb bleibt nur eine einzige angemessene Strafe
übrig.«
»Und die wäre?«, fragte Gina
und
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