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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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zu.

Kapitel 8
    Â 
    Die
Straßen waren ziemlich leer, im Krankenhaus würde also hoffentlich nicht viel
los sein. Schon vor meinem Wechsel zu Y4 war mir aufgefallen, dass wir an Feiertagen
meist weniger zu tun hatten. Selbst ernsthaft kranke Leute waren dann lieber zu
Hause.
    Ich parkte auf dem
Besucherparkplatz und betrat das County. In der Eingangshalle hing unser kahler
Weihnachtsbaum traurig in einer Ecke, doch zu seinen Füßen lagen ein paar
gespendete Päckchen, und irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, ein
Duftbäumchen mit Tannenaroma zwischen den billigen Schmuck und das schlaffe
Lametta zu hängen. Ohne mich weiter darum zu kümmern, wanderte ich Richtung Y4 .
    An meinem Spind hing
eine Nachricht der Pflegeverwaltung. Sie haben
den vorgeschriebenen Sicherheitskursus nicht abgeschlossen. Der nächste Kurs
findet am 10. Januar statt. Das Datum war rot unterstrichen. Irgendwie wirkte die leicht schräg gestellte
Handschrift vorwurfsvoll. »Ich habe lediglich dabei geholfen, einen armen Tropf
am Leben zu erhalten und war anschließend in Werwolfblut getränkt, verdammt«,
sagte ich zu dem Zettel, dann riss ich ihn von der Spindtür und stopfte ihn in
meine Tasche. Vielleicht waren Charles und ich bei dem neuen Termin ja wieder zusammen
dran. Das wäre doch nett. Ich holte den Dolch aus der Tasche und hatte ihn gerade
ganz oben in meinem Spind verstaut, als Gina hereinkam. Sobald sie mich sah,
lächelte sie strahlend.
    Â»Fröhliche Weihnachten!« Aus
einer großen roten Geschenktüte holte sie ein kleines Geschenk, das sie mir in
die Hand drückte. Auf dem Kärtchen stand Krkschw.
Edie .
    Als ich das Geschenk
entgegennahm, musste ich unwillkürlich grinsen – doch dann wurde mir bewusst,
dass ich nicht einmal daran gedacht hatte, meinen Kollegen etwas zu besorgen.
Dabei wäre das wirklich angebracht gewesen. Ich hatte das Thema Feiertage zwar
gründlich ignoriert, aber jetzt kam ich mir vor wie ein Schwein. »Gina, das
kann ich nicht …«
    Â»Das ist doch nichts«, rief sie
und tauchte in ihren Spind ein. Dann fing sie an, Stille Nacht zu summen.
    Vorsichtig öffnete ich die
Verpackung: Hafer- und Schokochipplätzchen in Frischhaltefolie. »Oooh, Gina …«
    Â»Siehst du? Gern geschehen.«
    Ich zupfte an der Folie, bis
mir der Duft der selbst gebackenen Plätzchen in die Nase stieg. »Du bist der
Wahnsinn, Gina.«
    Â»Ich weiß.« Sie streifte sich
frische OP -Kleidung über. »Wir sehen uns draußen!«,
trällerte sie mir hinterher, als ich den Umkleideraum verließ. Während ich noch
einen Abstecher in den Waschraum machte, um mir vor dem Spiegel die Haare
hochzubinden, regte sich ein klein wenig Weihnachtsstimmung in mir.
    Auf Y4 gab es keine
Weihnachtsdekoration, aber irgendjemand hatte einen kleinen Kassettenrekorder
ausgegraben, und es liefen Weihnachtslieder.
    Sobald ich durch die Tür trat,
erschien Meatys Kopf hinter dem Empfangstresen. »Edie! Frohes Fest!« Meine
Stationsschwester war eine stattliche Person mit androgynem Gesicht und
unbestimmbarem Geschlecht. Soweit es mich betraf, war das egal – er/sie/es
hatte mir schon zweimal das Leben gerettet, und ich freute mich immer, Meaty zu
sehen.
    Â»Ebenfalls frohe Weihnachten«,
erwiderte ich grinsend. Dann ging ich zu dem Brett, an dem die
Aufgabenverteilung aushing. Bei Zimmer eins stand immer noch Anonymus .
»Ich soll die Eins übernehmen? Aber das ist doch ein Fall für die Tiermedizin …«
    Â»Bei ihm arbeitet ihr zu zweit.
Du assistierst Gina. Winter ist verdammt stark – und er ist ein VIP , das Konsortium wird
ihn im Auge behalten.«
    Das Konsortium war die
Versicherungsgruppe, die für uns zuständig war, eine Art allgemeine
Krankenkasse für alle Übernatürlichen. Zwar hatte ich noch nie einen ihrer
Vertreter gesehen, aber ich ging davon aus, dass es daran lag, dass ich nicht
in der Tagschicht arbeitete. Ich warf noch einen schnellen Blick auf den Plan,
der hinter Meaty hing. »Wir kennen inzwischen also seinen Namen?«
    Â»Inoffiziell, ja. Er war schon
öfter hier, ich kenne sein Gesicht.« Das schien Meaty nicht gerade zu freuen.
»Gina hat schon den Übergabebericht. Sag ihr, er ist Karl Winter – aber das
dürfen wir noch niemandem verraten.«
    Â»Das passt doch wenigstens zur
Jahreszeit«, meinte ich.
    Meaty lachte bellend. »Ab

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