Visite bei Vollmond
und senkte
sich im gleichen Rhythmus wie die Linie auf dem Monitor des Beatmungsgeräts.
»Okay, ich denke, jetzt haben
wir alles«, sagte Gina schlieÃlich. »Ich muss keine Ãnderungen vornehmen.«
»Gut. Kann ich mich jetzt von
ihm entfernen?«
»Ja, wäre wohl besser.« Sie
schaute von dem Krankenblatt auf und spähte ahnungsvoll in das Zimmer. »Ich
könnte wetten, dass innerhalb eines Tages Wachen vor seiner Tür stehen werden.«
»Pech für dich, dass ich zu
schlau bin, um gegen dich zu wetten. AuÃerdem bin ich mittellos.« Ich verlieÃ
das Krankenzimmer, Gina versiegelte die Tür und schaltete die
Ãberwachungsmonitore ein. So konnten wir immer noch alles sehen â und hören,
wie der Alarm einer fast leeren Infusionspumpe regelmäÃig bewies â, blieben
dabei aber in sicherer Entfernung.
»Ich bin froh, wenn
diese Nacht rum ist«, erklärte Gina gegen drei Uhr morgens.
»Bis dahin bin ich ein
Krüppel.« Demonstrativ hob ich meinen rechten Arm. »Und das ist die Hand, mit
der ich später das Kartoffelpüree stampfe.«
Gina lachte. »Ich vergesse
immer wieder, dass ja Weihnachten ist.«
»Ich auch. Totale Verdrängung.«
Wir schwiegen, während Gina
Winters aktuelle Werte aufschrieb und ich unserem Patienten beim Schlafen
zusah. »Brandon hat angekündigt, dass er mich morgen etwas Wichtiges fragen
will«, sagte sie plötzlich.
»Brandon?«
»Der Typ, mit dem ich seit
einiger Zeit ausgehe und den ich nie erwähnt habe, um mir die Kommentare zu
ersparen.«
Ich schaute kurz über die
Schulter: Gina befasste sich immer noch mit der Akte, aber sie kaute dabei auf
ihrer Unterlippe herum. Schnell versuchte ich, zu entschlüsseln, warum sie es
gerade mir jetzt anvertraute, und plötzlich traf es mich wie ein Schlag. »O
Gott, er ist ein ehemaliger Patient, richtig?«
»Nein. Aber sein Bruder.«
Ich war nicht sicher, wie ich
diese Nachricht aufnehmen sollte. Erwartete sie von mir, dass ich sie
vorbehaltlos unterstützte? Oder wollte sie eine weise Freundin, die ihr sagte,
dass sie es eigentlich besser wissen müsste? »Er ist doch nicht etwa ein Vampir?«
Gina schnaubte abfällig.
»Nein.«
Es folgte eine lange Pause.
SchlieÃlich beschloss ich, ihr etwas auf den Zahn zu fühlen. »Wie lange gehst
du denn schon mit ihm aus?«
»Eine ganze Weile.«
»Und hast du eine Ahnung, was
er dich fragen will?«
»Ich weià es nicht«, antwortete
sie ohne hochzusehen.
Ich war kein groÃer Befürworter
der Ehe, weder für mich noch für sonst jemanden. Aber das sagte wahrscheinlich
mehr über mich und meine leicht zögerliche Einstellung zu festen Bindungen aus
⦠und über die Tatsache, dass ich mir nur selten die Mühe machte, die Namen
meiner Bettgenossen zu erfahren. »Na ja, nur weil meine Erfolgsbilanz bei
Krankenhausgeschichten eher dürftig ist, heiÃt das ja nicht, dass du es nicht
versuchen solltest«, sagte ich schlieÃlich.
»Danke ⦠glaube ich.« Sie stand
auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund. »Wir müssen wieder nach ihm sehen.
Bist du bereit?«
»So bereit wie ich nur sein
kann«, seufzte ich, und wir holten uns unsere Ausrüstung.
»Du hattest Glück: Sex
mit einem Zombie ist nicht besonders ansteckend«, meinte Gina und leuchtete
wieder abwechselnd in Winters Augen, um zu überprüfen, ob sich die GröÃe seiner
Pupillen verändert hatte. Blutungen im Schädel übten Druck auf die Nerven aus,
über welche die Pupillen gesteuert wurden. Vollständig oder ungleichmäÃig
erweiterte Pupillen konnten auf eine frische Blutung hinweisen.
»Ich habe extra darauf
geachtet, dass er mich nicht beiÃt«, sagte ich voller Sarkasmus. Ehrlich gesagt
wusste ich gar nicht so genau, wie man zum Zombie wurde. Und mein Exfreund Ti
war von der Sorte verfluchter Zombie, kein geistloser Ghul. »Ich haben ihm nur
mein Höschen gezeigt, nicht mein Hirn â ich denke, das macht den Unterschied.«
Eigentlich hatte ich sogar noch einiges mehr getan, als ihm mein Höschen nur zu
zeigen, aber ich wollte Gina nicht in Verlegenheit bringen. Ich wechselte meine
Position, um ihr wieder gegenüberzustehen; sie durfte nie in mein Schussfeld
geraten.
»Vermisst du ihn?«
»Ich mag es nicht, wenn man
mich abserviert.« Ganz egal, ob es zu meinem
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