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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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sich fühlen würde, wenn sie aufwachte?
    Â»Nach dem Angriff auf Gideon
hat Anna sie verwandelt, zu ihrem eigenen Schutz. Aber Anna darf offiziell noch
keine neuen Vampire erschaffen, deshalb mussten wir sie verstecken.«
    Â»Und meine Wohnung ist am sichersten,
weil …?«
    Â»Andere Vampire keinen Zugang
zu ihr haben. Oder hast du dir ganz nebenbei ein paar neue Freunde gesucht?«
    Â»Natürlich nicht.«
    Â»Na, dann ist doch alles
bestens. Du bist die Gesandte an die Sonne, sie brauchen einen Babysitter, und
deine Wohnung ist sicherer als unsere, zumindest bis wir herausgefunden haben,
wer Gideon das angetan hat.«
    Ich schwieg.
    Â»Anna vertraut dir. Ich habe
keine Ahnung, warum, aber sie vertraut dir«, fuhr Sike fort. Sie klang
verbittert, spöttisch – eifersüchtig. »Du bist vielleicht sogar die Einzige,
der sie vertraut.«
    Ich schob Veronica etwas tiefer
in den Schrank hinein und machte dann die Tür zu. »Wie lange wird sie noch
bewusstlos sein?«
    Â»Normalerweise dauert es drei
Tage. Aber wir holen sie rechtzeitig ab.«
    Â»Könntet ihr vorher anrufen?«
    Sike lachte nur. »Wir werden
irgendwann nachts kommen.« Damit legte sie auf.
    Mutlos starrte ich auf meinen
Kleiderschrank. Ich war so müde. Ich hatte solche Angst. Und ich war es so
leid, Angst zu haben.
    Aber innerlich war ich bereits
dabei, meine Krankenschwesternrüstung anzulegen. Ich würde tun, was getan
werden musste. Mal wieder.
    Ich ging zurück ins
Wohnzimmer, wo Gideon nur mit einem Krankenhaushemdchen bekleidet – also
untenrum nackt – auf meinem Sofa saß.
    Â»Wir werden das Beste aus
dieser Situation machen müssen, okay?« Ach ja, er war ja stumm. »Also, du warst
doch schon einmal hier, richtig? Hast du dich da gründlich umgesehen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Â»Das Bad ist am Ende des Flurs.
Warte kurz.« Ich konnte ihn unmöglich noch länger ohne Hose auf meinem Sofa
sitzen lassen. Bei diesem Gedanken stieg ein hysterisches Kichern in mir auf,
doch ich atmete tief durch und ging dann zurück ins Schlafzimmer.
    Gideon war um einiges größer
als ich. Meine alten OP Hosen hatten bei ihm wahrscheinlich Hochwasser,
aber wenigstens würde er die auch ohne Finger an- und ausziehen können. Zum
Glück verhinderte mein neuer, waschbarer Sofabezug, dass seine edelsten Teile
direkt mit meiner Couch in Berührung kamen.
    Ich nahm die OP -Hosen mit ins Wohnzimmer.
»Okay, aufstehen. Rechtes Bein hoch. Linkes Bein hoch.« Ich streifte ihm die
Hose über und zog sie dann hoch. Nachdem ich noch die Kordel zu einer lockeren
Schleife gebunden hatte, legte ich ihm eine Hand auf den Ellbogen und führte
ihn durch den kleinen Flur.
    Â»So, das Bad ist jetzt rechts
von dir.« Die Toilette befand sich an der hinteren Wand, aber ich traute ihm
nicht zu, dass er sie in seinem Zustand traf. Also zog ich ihn in den engen
Raum. »Hier ist die Dusche«, ich klopfte gegen die Glaswand, damit er es hören
konnte, »ich lasse die Tür offen. Du kannst da drin pinkeln. Und wenn du etwas
anderes loswerden musst, lass es mich wissen. Es wäre nicht das erste Mal, dass
ich jemandem den Hintern abwischen muss, also nur keine falsche Scham, okay?«
    Er antwortete mit einer
Mischung aus Grunzen und Stöhnen. Ich beschloss, das als Zustimmung zu werten.
    Â»Hast du Hunger?«
    Er nickte. Ohne Lippen würde zu
essen eher schwierig werden. Lippen gehörten zu den Dingen, die man erst zu
schätzen wusste, wenn sie nicht mehr funktionierten – auch wenn das meistens
auf einen Schlaganfall zurückzuführen war, und nicht auf interne
Vampirgrabenkriege. Gott sei Dank hatten sie Gideon zumindest die Zähne
gelassen. Ich atmete tief durch, um Kraft zu schöpfen und bei klarem Verstand
zu bleiben.
    Â»Ich mache uns ein paar Eier.«
    Ich war müde bis zum
Umfallen, aber schließlich war Gideons Tag noch schlimmer gewesen als meiner.
Also verquirlte ich ein paar Eier und schnitt Reste des Weihnachtstruthahns
hinein. Mein Patient brauchte für seine Genesung so viel Protein, wie er nur
kriegen konnte.
    Schließlich breitete ich
mehrere Geschirrtücher auf ihm aus, setzte mich neben ihn und schob ihm
gabelweise Truthahn und Rührei in den Mund. Er kaute mühsam darauf herum und
tat sich sehr schwer damit, das Essen mit der Zunge hin und her zu schieben, da
er ja keine Lippen hatte, die es drin hielten.

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