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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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zu, bekam einen Zipfel seines blutroten Rockes zu fassen und riss kräftig daran. Der prächtige Dreispitz des Offiziers flog in den Schmutz; er schrie erschrocken auf, trat nach seinem Angreifer und traf ihn an der Nase, doch der Schotte ließ nicht locker. Er packte fester zu und versuchte den Engländer vom Pferd zu zerren. Das Tier wieherte und begann zu bocken, doch der junge Mann wich keinen Schritt zurück. Wieder trat der Offizier nach ihm, fluchte unterdrückt und brüllte dann seinen Männern zu: »So haltet mir doch diesen elenden Mistkerl vom Leibe!«
    Der ihm am nächsten stehende Dragoner holte aus und stieß Alasdair mit dem Kolben seiner Muskete zur Seite. Sarah kreischte auf und setzte das Baby hastig zu seinen Brüdern auf die Erde. Inzwischen hatten alle Kinder zu weinen begonnen, sie begriffen zwar noch nicht, was um sie herum vorging, doch die Angst der Mutter hatte sie angesteckt.
    Alasdair zeigte indes noch immer keine Anzeichen von Furcht, er hielt das zurücktänzelnde Pferd am Zügel fest und versuchte erneut, den Offizier zu packen zu bekommen, doch dieser lehnte sich so weit wie möglich im Sattel zurück und versetzte ihm einen kräftigen Tritt. Alasdair stolperte, verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Als er sich aufrappeln wollte, um seinen Widersacher erneut anzugreifen, legte der Dragoner seine Muskete auf ihn an und drückte ab.
    Die aus nächster Nähe abgefeuerte Kugel riss Alasdair den Hinterkopf weg. Ein Regen aus blutigen Knochensplittern ergoss sich über die Erde, dennoch blieb der junge Mann einen kurzen Augenblick lang aufrecht stehen, ehe er langsam in die Knie sank, vornüberkippte und mit dem Gesicht nach unten auf dem feuchten Boden liegen blieb. Blut sickerte aus der furchtbaren Wunde und bildete um seinen Kopf herum eine dunkle Pfütze; Sarahs schrille Entsetzensschreie gellten über den Hof.
    Das Pferd begann ob des Lärms und der allgemeinen Aufregung nervös zu tänzeln, deshalb zog der Offizier die Zügel hart an und lenkte das Tier von dem Leichnam fort, damit es sich beruhigte. Ein angewiderter Ausdruck trat auf sein kantiges Gesicht und er wandte den Blick ab, als Sarah auf ihren Mann zurannte. Die Kinder brüllten jetzt aus vollem Hals, wagten aber nicht, sich ihrem toten Vater und der sich vor Schmerz wie von Sinnen gebärdenden Mutter zu nähern; auch Sinann strömten Tränen über die Wangen.
    »Tut mir Leid, Sir.« Der Soldat, der den Schuss abgegeben hatte, starrte auf den Leichnam hinab. Er sprach so unbeteiligt, als habe er lediglich einen tollen Hund erschossen.
    Der Offizier rümpfte die Nase und schnippte einen rosa Hautfetzen von seinem Rock. »Schon gut. Ihr könnt nicht erwarten, dass diese Horde auch nur einen Funken von Vernunft zeigt.« Aus schmalen braunen Augen musterte er die drei Kinder, dann wandte er sich an seine Männer. »Ihr solltet besser zusehen, dass ihr hier fertig werdet, sonst haben wir gleich die ganze Sippschaft dieses Kerls auf dem Hals und müssen uns am Ende den Weg aus diesem grässlichen Tal freischießen.«
    »Aye, Sir.« Die Soldaten nickten und fuhren fort, den Karren zu beladen.
    Sinann ballte ergrimmt die Fäuste. Oh, wie gerne sie jeden der Rotröcke mit einem Fluch belegt hätte! Wie gerne sie jetzt mit einer einzigen Handbewegung Unheil auf sie alle herabbeschwören würde, so, wie sie es früher häufig getan hatte! Sie winkte mit der Hand, erreichte damit aber nur, dass zwei Knöpfe vom Rock des Captains absprangen. Niemand bemerkte den Zwischenfall. Sinann seufzte, denn ihre Macht schwand rasch. Sie legte die Wange an den Stamm des Baumes, auf dem sie saß, und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. Würde doch ihr Volk noch über seine alten Kräfte verfügen! Wäre doch Donnchadh noch ... Sinann barg das Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen. Wäre doch nur noch alles wie früher.
    Seufzend ließ sie die Hände sinken und beobachtete, wie der Karren voll geladen wurde. Als die Soldaten alle Habseligkeiten aus dem Haus getragen hatten, warf einer von ihnen eine brennende Fackel auf das Dach. Das trockene Stroh fing augenblicklich Feuer, und kurz darauf stand die ganze Torfhütte lichterloh in Flammen. Die überlebenden Familienmitglieder verfolgten schweigend, wie ihr Heim ein Raub des Feuers wurde. Schließlich stürzte der Dachfirst in einem Funkenregen zusammen, und die Flammen erstarben allmählich, bis nur noch dunkler, fettiger Qualm von den schwarz verkohlten Trümmern

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