Volksfest
gedacht hatte, sie käme vom Achter-Hiefler, hatte er sich von der Autoweihe geschlichen. Dass er im Hinblick auf den Absender einem bösen Irrtum aufgesessen war, hatte er erst erkannt, als er nach dem Mordstrumm-Schlag, den er auf seinen Mordstrumm-Schädel bekommen hatte und der ihn einknicken hatte lassen wie einen nach allen Regeln der Kunst – also wohl eher nicht von der Freiwilligen Feuerwehr Wulzendorf – gesprengten alten Fabrikschlot, an einen Stuhl gefesselt wieder aufgewacht war.
«Anfänglich» bedeutete in diesem Zusammenhang: vor dem Daumen. Da hatte er überhaupt noch alles abgestritten. Er? Etwas gefunden? In der Lacke? So ein Quatsch, ehrlich. Er habe ja nur ein bisschen geplanscht und in dem Wasser sehe man ja sowieso praktisch nichts und was solle das alles hier überhaupt?
Die paar Watschen, die es dann gesetzt hatte, hatte er auch noch weggesteckt. Die war einer mit der freudlosen Lebensgeschichte eines Gärtner Bertl gewöhnt. Und obwohl es keineswegs so war, dass er seine Situation nicht ernst nahm – dass sie ihm den Daumennagel ausreißen würden, hatte er selbst dann nicht für möglich gehalten, als die Zange schon ganz nah war. So etwas machten sie in Libyen mit allen 246 Chauffeuren vom Gaddafi oder im Iran mit denen, die auf dem Weg zum rechten Glauben eine helfende Hand benötigten. Aber doch nicht in Wulzendorf!
Wobei der Bertl bei seiner Rechnung ein wenig außer Acht gelassen hatte, dass man in Wulzendorf neuerdings noch ganz andere Sachen machte. Woran er ja keineswegs unschuldig war.
Er hatte sich auch überhaupt keine Vorstellung davon gemacht, wie unfassbar weh es tat, einen Fingernagel ausgerissen zu bekommen. Der Bertl hatte so laut gebrüllt, dass sie ihn an sich bis nach Haindorf an der Donau gehört hätten, also bis dorthin, wo die Profis unter den freiwilligen Feuerwehrtauchern daheim waren. Also die, die eigentlich an allem schuld waren, weil sie mit ihren Leistungen beim 46 . Landesfeuerwehrtag den Fünfer so beeindruckt hatten, dass er dadurch überhaupt erst auf die Idee verfallen war, dem Bertl eine Taucherbrille und das Skriptum für den Kurs in die Hand zu drücken. Aber da der Bertl bei seiner Daumenbehandlung natürlich geknebelt war – er hatte einen von seinen eigenen Hosenhaxen im Mund und reichlich Isolierband drüber –, hörte man ihn nicht bis nach Haindorf, sondern nicht einmal gescheit bis rüber zum Dreier-Kanschitz. Wobei ihn dort wiederum sowieso keiner hören konnte, weil ja keiner daheim war. Waren alle unterwegs. Den Bertl suchen.
Dass der Dreier nur in den Stadl vom Fünfer hätte rübergehen müssen und den Bertl auch schon gehabt hätte – wie um alles in der Welt hätte er denn auf diese Idee kommen sollen?
Jedenfalls war der Gärtner-Bub nach dem Daumennagel dann so was von gesprächig. Und auch total ehrlich. Ja, er hatte ein Auto gefunden. Ja, er hatte erkannt, dass es das Auto vom Gregor war. Er hatte auch gesehen, wie es vorne aussah. Und es war ihm natürlich gleich klar gewesen, warum es so aussah. Und dann war er zum Hiefler gegangen und hatte ihm das verraten. Nein, sonst keinem.
Wirklich nicht?
Nein, ganz ehrlich nicht. Sonst wusste das keiner. Niemand. Nicht einmal der Poldi oder sonst einer aus der Familie.
Da der Gregor aber, das hatte er in der Wettkampfsituation gelernt, ein sehr genauer Arbeiter war, denn schließlich war eine Furche entweder gerade oder eben nicht, ein bisschen gerade war an der Spitze, wo auch und gerade beim Wettpflügen die Luft dünn wurde, einfach zu wenig, ging er auch beim Foltern lieber auf Nummer sicher. Also zum Zeigefinger über.
Nachdem er den dortigen Nagel aus der Beißzange gekletzelt und angewidert weggeschnippt hatte, spülte der Gregor den Bertl, der sich wieder feig in eine Ohnmacht geflüchtet hatte, mit einem Kübel Wasser zurück in sein mäßig erfreuliches Hier und Jetzt. Und dann war sich endlich auch der Gregor sicher, dass ORF 2 die Wahrheit ausgestrahlt hatte.
Jetzt kam aber Phase zwei. Jetzt galt es, aus den gesammelten Informationen auch die richtigen Schlüsse zu ziehen. Den Hiefler, den würden sich die Mantlers bald holen. Bevor er sie holte. Und obwohl sich der arme Bertl zwar kurzfristig nicht mehr fürchten brauchte, noch ein paar Nägel zu verlieren, brauchte man keine Ratingagentur zu bemühen, um seinen mittelfristigen Ausblick auf negativ zu senken.
«Was machen wir jetzt mit ihm?», fragte Gregor, während er den Mund vom ORF 2 wieder
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