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Voll das Leben (German Edition)

Voll das Leben (German Edition)

Titel: Voll das Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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sie oder schaute sie von der Seite an. Zwei junge Männer, die bei schönem Wetter spazieren gingen, das störte nicht weiter. Sie könnten Kumpels sein. Studenten, die eine Lernpause einlegten oder gemeinsam auf dem Weg zu anderen Freunden waren. Die mangelnde Aufmerksamkeit war beruhigend und gab Nick die Sicherheit, die er so dringend brauchte.
    „Was möchtest du?“, fragte er ihn.
    Jan zögerte – „Ich kann mich nicht entscheiden. Pistazie ist toll, Schokolade auch, oder Zitrone? Hm.“
    Glaubte der wirklich, er dürfe sich bloß ein einzelnes kleines Kügelchen aussuchen? Kopfschüttelnd kaufte Nick ihm alle drei Sorten in einer Eiswaffel und schmolz selbst dahin, als er Jans Gesicht sah. Mit leuchtenden Augen wie ein Kind zu Weihnachten nahm er sein Eis. Pure Freude wandelte sich zu sinnlichem Genuss, als Jan bedachtsam kostete. Nick vergaß beinahe sein eigenes Eis, er war zu beschäftigt, Jan zu beobachten, der begeistert schleckte, als hätte er nie etwas Besseres essen dürfen. Sie schlenderten nebeneinander her, die Spätsommersonne gab alles, um diesen Tag vollkommen zu machen. Jan erzählte gelöst von Erlebnissen als Radfahrer im Feierabendverkehr, von Anekdoten mit Kunden und Ferrits Enkelkindern. Ihn so entspannt und lebensfroh zu sehen war unbeschreiblich schön. Beinahe unbemerkt flog der Tag dahin, während sie den großen See in der Parkmitte umrundeten und sich einfach nur unterhielten. Es gab einen Moment Unbehagen, als sie sich an einer Imbissbude Pommes Frites und Currywurst auf die Hand kauften – Jan war es spürbar peinlich, dass er auch diesmal das Essen ausgelegt bekam. Doch er schluckte seinen Stolz herunter und nahm es lächelnd an.
    „Ich hab mit Max geredet“, sagte Nick leise, als sie fertig waren. Jans Blick flackerte alarmiert. „Keine Details, mach dir keine Sorgen … Ich hab ihm erzählt, dass ich dich gestern getroffen und ein bisschen mit dir unterhalten habe. Er würde dich zurücknehmen, aber hm, danach hatte ich ihn nicht gefragt. Ich wollte vielmehr wissen … Es ist, nun, vielleicht nicht klug, wenn wir beide …“ Mit heißen Wangen brach Nick ab und fluchte innerlich. Wie drückte man so etwas aus, ohne dass es beleidigend klang?
    Jan steuerte eine Parkbank an und setzte sich, ohne ihn anzusehen.
    „Ist es unklug, weil du dich für deinen Sinneswandel schämst oder weil du Job und Privatleben getrennt halten willst?“, fragte er ruhig.
    Nick haderte ein wenig, bevor er sich einen gedanklichen Tritt gab. Feige und verlogen war er wirklich lang genug gewesen!
    „Ersteres“, erwiderte er ehrlich. „Was nicht bedeutet, dass ich mich für dich schäme. Ich könnte es halt nicht ertragen, wenn Thorsten und Kevin mich für den Rest meines Arbeitslebens niedermachen. Ich habe nicht deine Kraft.“
    „Ich habe überhaupt keine Kraft“, murmelte Jan. Er rutschte zögerlich näher heran. Nick spürte, was er suchte. Ohne zu überlegen legte er den Arm um seine Schultern, um ihm Halt zu geben. Es fühlte sich gut an. Richtig . Ihm war nicht völlig egal, dass sie hier in der Öffentlichkeit saßen und jeder sie sehen konnte, Dämmerlicht hin oder her, aber Jan war ihm wichtiger.
    „Es hatte nichts mit Kraft zu tun, dass ich dich und deine Hetzerei überstanden habe. Es hat mir geholfen. Auf irgendeine Art war es besser angepöbelt zu werden als bloß Mitleid dafür zu ernten, dass mein Lebensgefährte am Ende wie ein Baby gewickelt werden musste und fünf Mal täglich den Schleim aus den Bronchien gesaugt bekam, um nicht zu ersticken.“
    Erschüttert blickte Nick auf ihn nieder. Jan bebte, aber er hatte die Augen geschlossen und wirkte gefasst.
    „Klar, es hat mich nicht glücklich gemacht, manchmal hätte ich dich totschlagen können. Es gab Tage, da musste ich mich mit Gewalt zwingen ins Büro zu gehen, weil ich bei dem Gedanken an dich Bauchschmerzen bekam. Genau das waren dann immer die Tage, wo du friedlich warst, jede Steilvorlage ignoriert und mich wie irgendeinen Kollegen behandelt hast.“ Jan schlang beide Arme um Nicks Brust und drückte sich fest an ihn. „Du hast mich wütend gemacht, und gerade das hat mir Kraft gegeben. Ohne dich wäre ich schon viel früher zusammengeklappt. Ich wollte dir trotzen, das hat mich angetrieben. Der Ehrgeiz dir zu zeigen, dass auch Schwuchteln Leistung bringen war die notwendige Ablenkung von dem Elend daheim.“
    Ein Knoten löste sich in Nicks Brust. Er hörte und sah, dass Jan ihm vergeben hatte. Nicht nur

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