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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Vorschein kommen.« Gaspode schüttelte den Kopf. »Jede Menge ungute Zeichen. Laß uns von hier verschwinden und in aller Ruhe darüber nachdenken – an einem möglichst weit entfernten Ort.«
    Ginger stöhnte. Victor ging neben ihr in die Hocke.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Keine Ahnung«, entgegnete Gaspode.
    »Klang wie ›Ich möchte all Hain sein‹.«
    »Übergeschnappt.« Gaspode hob eine Pfote und klopfte sich damit an die Schläfe. »Zuviel Sonne, schätze ich.«
    »Vielleicht hast du recht. Eins steht fest: Ihre Stirn ist ziemlich heiß.« Victor hob Ginger vorsichtig hoch und taumelte ein wenig unter ihrem Gewicht.
    »Los«, brachte er hervor. »Gehen wir zur Stadt zurück. Es wird bald dunkel.« Er sah zu den verkümmerten Bäumen. Der Torbogen mit dem Portal befand sich in einer Art Mulde, und vermutlich sammelte sich hier am Morgen soviel Tau, um den Pflanzen so etwas wie angefeuchtete Trockenheit zu gewähren.
    »Dieser Ort kommt mir bekannt vor«, sagte Victor. »Hier haben wir unseren ersten Film gedreht, Ginger und ich.«
    »Sehr romantisch«, kommentierte Gaspode. Er eilte davon, Laddie folgte ihm und sprang glücklich um ihn herum. »Wenn was Schreckliches aus jener Tür dort herauskriecht, kannst du es ›unser Ungeheuer‹ nennen.«
    »He, warte!«
    »Beeil dich.«
    »Warum möchte Ginger ›all Hain‹ sein? Was bedeutet ›all Hain‹?«
    »Keine Ahnung…«
    Als sie fort waren, kehrte Stille in die Mulde zurück.
    Wenig später ging die Sonne unter. Ihre letzten Lichtstrahlen krochen übers Portal und verwandelten die Kratzer in ein Relief. Mit ein wenig Phantasie konnte man die Darstellung eines Mannes erkennen.
    Eines Mannes, der ein Schwert trug.
    Es raschelte kaum hörbar, als Sand rieselte, Korn für Korn. Bis um Mitternacht schwang die eine Türhälfte um weitere zwei Millimeter auf.
    Holy Wood träumte.
    Holy Wood träumte vom Erwachen.
     
    Rubin schüttete Wasser ins Feuer unter den Bottichen und stellte Sitzbänke auf Tische – der »Blaue Lias« war im Begriff zu schließen. Sie beugte sich vor, um die letzte Lampe auszublasen, doch dann zögerte sie und blickte noch einmal in den Spiegel. Bestimmt wartete Detritus vor der Hintertür, so wie jede Nacht. Vor einigen Stunden hatte er an der Theke gesessen und stumm gegrinst. Allem Anschein nach plante er etwas.
    Rubin hatte eine junge Frau, die bei den beweglichen Bildern arbeitete, um Rat gefragt, und als Ergebnis trug sie nun nicht mehr nur eine Federboa, sondern auch einen Hut mit breiter Krempe und Oograah-Dingen – Menschen bezeichneten sie als Kirschen. Sie hoffte, damit eine atemberaubende Wirkung zu erzielen.
    Es gab jedoch ein Problem: Detritus war ein sehr, nun, trollischer Troll. Während Millionen von Jahren hatten sich Troll-Frauen zu Troll-Männern hingezogen gefühlt, die aussahen wie ein Monolith mit einem Apfel drauf. Rubins verräterische Instinkte schickten Botschaften durch ihr Rückgrat und beharrten darauf, daß sie lange Reißzähne und O-Beine außerordentlich attraktiv finden sollte.
    Trolle wie Rock und Mory erwiesen sich als weitaus moderner und konnten sogar mit Messer und Gabel umgehen, aber Detritus strahlte etwas Beruhigendes aus. Vielleicht lag es daran, daß seine Fingerknöchel den Boden auf eine so dynamische Weise berührten. Außerdem zweifelte Rubin kaum daran, daß sie intelligenter war als er. Ihm haftete eine Art dumme Unaufhaltsamkeit an, die sie faszinierend fand – ebenfalls rein instinktiv – Intelligenz gehörte bei Trollen nicht zu den Eigenschaften, die fürs Überleben notwendig sind.
    Darüber hinaus mußte Rubin zugeben: Ganz gleich, was sie mit Federboas und hübschen Hüten zu erreichen versuchte – sie konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie auf die 140 zuging und etwa vierhundert Pfund Übergewicht hatte.
    Wenn er doch nur endlich lernte, wie man einer Frau richtig den Hof machte…
    Wenn er sich doch endlich einen Ruck gegeben hätte…
    Rubin überlegte, ob sie mit ein wenig Make-up nachhelfen sollte.
    Sie seufzte, blies die letzte Lampe aus, öffnete die Tür und trat in ein wirres Durcheinander aus Wurzeln.
    Ein riesiger Baum reichte durch die ganze Gasse. Detritus mußte ihn viele Meilen weit gezogen haben. Die wenigen übriggebliebenen Äste hatten mehrere Fensterscheiben zertrümmert oder zeigten wie anklagend zum dunklen Himmel.
    Der Troll hockte stolz auf dem Stamm: die Arme weit ausgebreitet, ein fröhliches Wassermelonen-Grinsen im Gesicht.
    »Tra-lah!«

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