voll im Einsatz
Cornelius. Er grinst. »Ich selber arbeite schon seit über vierzig Jahren vergeblich daran, aber aus mir wird nie ein Gandhi oder ein Jesus werden. Ich kriege es einfach nicht gebacken.« Er lacht. »Trotzdem kann man immerhin versuchen, in dieser Richtung zu arbeiten.« Er guckt mir tief in die Augen. »Man leidet wesentlich weniger dabei, mein Röschen, glaub mir.«
Ich sage gar nichts, sondern spüre nur, wie gut es tut, dass mein Vater hier bei mir sitzt und anscheinend gar nicht so stur und bollerig ist, wie er manchmal vorgibt, und mir stattdessen sagt, dass er bedenkenlos hinter mir steht. Was immer ich tue. Das ist ein unglaublich schönes Gefühl!
»So!«, meint Cornelius dann und springt auf. »Nun aber genug der Gefühlsduseleien! Du sagst einfach Bescheid, wenn du meinst, dass du wieder fit für die Schule bist, ja? Und ich …«, er zieht eine liebevolle Grimasse, »… werde mal sehen, wie weit Iris mit einer ihrer neuesten Essenskreationen ist.«
»Kocht sie schon?«, frage ich.
Cornelius nickt. »Und es sieht heute sogar gar nicht sooo schlecht aus. Ich habe zumindest Kartoffeln gesehen. Das ist doch schon mal ein wunderbares Grundnahrungsmittel. Darauf können wir bauen. Und ein paar Tulpen oder Mandarinen darin werden wir schon runterkriegen, oder?«
Er lacht und zwinkert mir zu, als er aus der Tür verschwindet.
Tulpen und Mandarinen! Stundenlanger Trommelwirbel aus dem Keller und zementverstopfte Leitungen! Was habe ich nur für verrückte Eltern! Oh, was habe ich nur für wundervolle Eltern!
Ach, ich fühle mich tatsächlich so viel besser, dass ich … Sollte ich vielleicht morgen doch schon in die Schule gehen? Ich kann ja nicht ewig hier drin sitzen! Und – selbst wenn Daniel morgen in der Schule irgendwas Blödes zu mir sagt – ich kann ja einfach weggehen. Es gibt schließlich noch mehr Leute in der Schule als Daniel Krummbock. Jawohl!
Bei unserer Umwelt-AG habe ich auch schon ewig nicht mehr reingeschaut. Und Gregory ist natürlich auch noch da. Der wird mir auf jeden Fall felsenfest beistehen, das weiß ich.
Oh, wie schön ist es, dass ich so viele Leute habe, die mich mögen! Auch mit roten Haaren, Sommersprossen und spiddeligen Beinen!
Und dann gucke ich noch mal das Annette -Foto neben dem Fenster an. Tja, ich weiß nicht, irgendwie sieht das Mädchen da drauf doch ziemlich hübsch aus!
Meerwasserklar! Man kann zu keinem richtig echten James-Bond-Abenteuer kommen, wenn man sich dauernd um kriminelle Mieslinge oder fiese Vögel oder sonst was kümmern muss!
K enny und ich hocken immer noch auf dem Kantsteingegenüber der Polizeistation, aus der Gerold Grünberg gerade kommt. Bevor ich »Hallo!« rufen kann, hat er uns schon gesehen. Sein Gesicht hellt sich auf, er winkt und geht über die Straße zu uns rüber.
»Na, ihr beiden?«, grüßt er freundlich. »Ihr macht ja trübe Gesichter. Welche Laus ist euch denn über die Leber gelaufen?«
Keine Laus, aber ein fieser Vogel, der sich jemanden gekrallt hat!, hätte ich beinahe geantwortet, aber das hätte Gerold wohl nicht verstanden.
»Wir schieben nur so’n bisschen durch die Gegend«, sage ich stattdessen.
»Und das ist so traurig?«, wundert sich Gerold und versucht ein aufmunterndes Lächeln.
Ich lächele auch mal höflich. Kenny lächelt nicht.
»Heute ist alles ganz blöd«, sagt Kenny leise. Dann scheint ihr aufzufallen, wo Gerold gerade herkam.
»Warum warst du denn bei der Polizei?«, fragt sie. »War dein Tag auch blöde?«
Gerold seufzt, und nun sind da doch wieder ein paar Falten auf seiner Stirn. »Ja, ziemlich blöde eigentlich.«
»Du Armer«, sagt Kenny lieb und traurig und mitfühlend. »Willst du dich auch ein bisschen auf den Kantstein setzen?«
Da lächelt Gerold. »Nein danke. Aber wie wäre es, wenn ich euch beide einlade und wir zusammen ins Eiscafé unten am Marktplatz gehen?«
»Hm …«, macht Kenny wenig interessiert.
Doch meine Augen leuchten auf. Komme ich heute doch noch zu meinem täglichen Agentenlohn? Und das ganz ohne mein Taschengeld anzurühren?
Ich springe sofort auf und ziehe Kenny mit hoch. »Los, Kenny! Ein Eis tut dir gut!«
»Hm …«, macht Kenny noch mal, aber sie lässt sich immerhin willig an der Hand mitziehen.
Mit je drei Kugeln Eis vor unserer Nase sitzen Kenny, Gerold und ich wenig später an einem gemütlichen Ecktisch und quatschen über dies und das.
Gerold steckt sich einen großen Löffel voll Schoko-Eis in den Mund. »So, nun erzählt mal, warum ihr
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