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Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Titel: Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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fahren, und vor der Mündlichen entspannen sich die lieben Kleinen bei einer Runde Scream . Wenn das nicht schülerrelevanter Lebensweltbezug ist, dann weiß ich auch nicht weiter.
    Wer noch was lernen möchte, kommt bitte zu mir
    »Frau Freitag, deine Klasse …« Frau Hinrich rennt mir auf dem Flur hinterher. »Die haben wieder nicht die …«
    »Ach, lass mich mit denen in Ruhe.«
    Ich bin in letzter Zeit echt nicht gut auf meine Klasse zu sprechen. Nicht nur, weil ich schon jetzt sauer darüber bin, wie viele Schüler am Freitag ihre Anmeldung für die Prüfung NICHT abgeben werden – dabei ist erst Montag. Nicht nur, weil sie sich nicht um einen Ausbildungsplatz bewerben und dauernd krank sind, nein, auch ihre unendliche Faulheit geht mir gegen den Strich.
    Heute wollte ich ihnen ein besonderes Bonbon der englischen Grammatik näherbringen. Die Fremdsprachendidaktik behauptet zwar etwas anderes, aber eigentlich mögen Schüler reine Grammatikstunden ganz gerne. Wenn sie einmal die Formel verstanden haben, lechzen sie geradezu nach Beispielsätzen, die sie dann regelkonform umwandeln können.
    Heute soll man den Schülern die Grammatik eher unterjubeln. Die sollen gar nicht merken, dass sie ein grammatikalisches Phänomen vor sich haben. Ich liebe aber diesen Old-School-Style: an der Tafel oben Adjektive und Adverbien oder Comparison of Adjectives oder Direct Speech and Reported Speech . Darunter schön Beispielsätze. Dann die Schüler die Regel erarbeiten lassen, die Formel anschreiben und danach ohne Ende Beispielsätze. Darf aber niemand wissen, dass ich ab und zu noch so unterrichte.
    Also, wir sitzen beziehungsweise die Schüler sitzen da, und ich stehe an der Tafel und produziere Sätze zum Umformen. Ronnie, Peter und Abdul sind voll dabei. Hinten unterhalten sich Elif, Fatma und Miriam über ihr spannendes Wochenende. So toll kann das gar nicht gewesen sein, denn die meiste Zeit hat Elif nur immer wieder: Ich liiiiIIIbe DicH meIn SchaTzzzz! an Fundas Pinnwand gepostet, die dann tausend Mal: Ich dIIIch auCCh mein DarrrLing fÜR iMMer und EwiG zurückpostete.
    Trotzdem haben sie sich offenbar viel zu erzählen. Unter anderem höre ich: »Halloween war so hammer« und »Echt, dis hat er gesagt?«
    Ständig muss ich Elif ermahnen: »Eeelif, page 17 in your textbook! No, that’s your workbook. Stop talking, please! «
    Es nervt mich echt total. Ab und zu schleudere ich eine Ich-Botschaft nach hinten: »Miriam, ich habe echt Schwierigkeiten, hier was zu erklären, wenn ihr da hinten immer nur quatscht.« Das nehmen sie zur Kenntnis, sind eine Minute still, tun so, als arbeiteten sie mit, um dann wieder die Köpfe zusammenzustecken.
    Dann sollen sie die Regel aus dem Englischbuch und die Sätze von der Tafel abschreiben und noch fünf weitere Sätze im Buch bearbeiten. Echt eine Sache von 30 Sekunden. Nach zehn Minuten sehe ich die Mädchen hinten wieder quatschen.
    »Hallo, die Damen, schreiben! Nicht quatschen!«
    »Wir sind fertig.«
    »Ach, mit allen Sätzen?«
    »Welche Sätze?«
    »Ihr solltet die Sätze von der Tafel abschreiben und die aus dem Buch bearbeiten.«
    »Äh, ich dachte, wir sollten nur die Regel abschreiben.«
    So geht das zwanzig Minuten lang. Ronnie, Peter und Abdul und noch ein paar Streber aus meiner Klasse brüten derweil über den Sätzen aus dem Buch, überschlagen sich bei der Ergebnissicherung an der Tafel. Als ich den ersten Satz, der mittlerweile über 30 Minuten dransteht, wegwischen will, um die Buchsätze anzuschreiben, blökt Miriam von hinten: »Haaalt, den habe ich noch gar nicht abgeschrieben!«
    Als Ronnie, Peter und die anderen fertig sind, reicht es mir. Ich nehme das Workbook, setze mich an den Gruppentisch zu Marcella, die auch gut mitarbeitet, und sage: »Okay, wer noch was lernen möchte, kommt bitte zu mir.« Sofort kommen die Schüler, die schon die ganze Zeit mitgemacht haben, an den Tisch. Gemütlich sitzen wir dort und lösen gemeinsam noch mehr Übungsaufgaben im Workbook. Nach fünf Minuten merkt Fatma, dass ich nicht mehr vorne stehe, und fragt empört: »Äh? Und was ist mit uns?«
    »Ihr könnt auch herkommen, wenn ihr arbeiten wollt.«
    Keine der Damen bewegt sich. Bilal fragt, ob er rausgehen kann. Kann er nicht. Mit den Schülern am Gruppentisch arbeite ich intensiv, bis es klingelt. Gut gelaunt gehe ich in die Pause. Binnendifferenzierung, sage ich nur. Die, die arbeiten wollen, können arbeiten, und die anderen sollen bleiben, wo der Pfeffer wächst.

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