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Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Titel: Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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Oder sie eröffnet eine eigene H&M-Filiale.
    »Eigentlich wollte ich ja Designerin werden«, sagt Thoja.
    »Warum gehst du dann nicht Hauptstraße?«, fragt Selina. In der Hauptstraße befindet sich das Oberstufenzentrum für Bekleidung.
    » Abo , Hauptstraße ist voll Schrott. Ich kenne Leute, die Hauptstraße gehen. Die lernen da nur Nähen. Ich will ja Designerin werden.« Den Rest dieser Konversation erspare ich mir, den kenne ich schon von Fatma, die ja nach eigener Aussage auch »Diseinerin« werden will, aber meint, dass es nicht nötig ist, dafür Nähen zu lernen. Also wende ich mich Mustafa zu. Der ist in meiner Klasse, und es interessiert mich wirklich, ob er sich jetzt endlich mal mit seiner Zukunft auseinandergesetzt hat.
    »Musti, was ist mit dir? Was machst du im September?«
    »Mann, Frau Freitag«, stöhnt er, wie er es seit einem Dreivierteljahr tut. Dann grinst er verlegen und legt dramatisch den Kopf auf den Tisch. Aber diesmal lasse ich nicht locker. »Was, Mann, Frau Freitag? Was willst du denn werden?«
    »Kein Plan.«
    »Aber irgendwas musst du doch machen wollen.« Dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben. Musti kichert nur, denn alle starren ihn an. Ich beiße mich tiefer in seine Waden. »Mustafa, guck mal, du musst einfach überlegen, was dir Spaß machen würde.«
    »Feuerwehr.«
    »Ich geh zur Post«, mischt sich Fabian ein.
    »Super, Post ist gut. Post ist sehr gut.« Fabian lächelt glücklich.
    »Haben die dich echt angenommen, ja?«
    »Ich geb heute Bewerbung ab.«
    »Na, viel Glück, die nehmen dich bestimmt«, sage ich und wende mich wieder meinem Hauptopfer zu. »Musti, warum gehst du nicht zum Oberstufenzentrum für Gesundheit? Ich könnte mir dich gut vorstellen in so einem pflegenden Beruf. Krankenpfleger. Das wäre doch was für dich.«
    »Ha, alte Leute und so. Musst du Arsch abwischen«, schreit Autoteile-Thoja vergnügt von hinten. Das war’s dann wohl mit dieser Berufsrichtung.
    In den letzten Minuten der Stunde versucht die gesamte Gruppe, Mustafas Zukunft zu planen. Ergebnis: offen. Ich bin sehr gespannt, was aus ihm wird. Er wahrscheinlich auch.
    »Na, Musti, irgendwo musst du dich allerdings anmelden, sonst hast du im Herbst gar nichts«, versuche ich, das Thema abschließend zusammenzufassen. »Aber Frau Freitag, vielleicht sterbe ich auch.« Logik???
    »Ja, Musti, vielleicht stirbst du übermorgen, und wenn du dich morgen anmeldest, dann wäre das voll umsonst gewesen.«
    Musti grinst. »Könnte ja sein. Frau Freitag, können Sie auch noch SEK werden, die von Helikopter runterkommen?«
    Gülistans Handy
    »IST DAS ETWA EIN HANDY?«
    Ich glaub, es hackt. Gülistan sitzt seelenruhig in der vorletzten Bank und spielt mit ihrem Handy rum. In der SIEBTEN Klasse. Dass die Schüler meiner Klasse im Unterricht gern mal telefonieren (»Bin gleich fertig, Frau Freitag, Moment noch«), tut hier nichts zur Sache. In der Siebten geht keiner in der Stunde aufs Klo, niemand darf eine Mütze tragen, und Handys sind total verboten. Das wissen diese Schüler, nachdem wir uns nun schon fast ein Schuljahr lang gemeinsam durch mehrere Wochenstunden schlechten Unterrichts gequält haben. Je schlechter ich vorbereitet bin, umso strenger bin ich mit den Schülern.
    »Gülistan, was hast du da?« Kamikazig stürze ich zu ihr. Panisch umklammert sie irgendetwas mit beiden Händen, versucht, sich dann auch noch auf die Hände zu setzen. Ich bin sicher, es ist ein Handy. Nichts beschützen die Schüler mit so viel Hingabe wie ihr Mobiltelefon.
    Ah, ein metallisches Aufblitzen. Klarer Fall. Ein H A N D Y!
    »Gülistan! Ich glaub, ich spinne! Gib mir sofort das Handy!« Keine Reaktion, aber ich spüre fünfundzwanzig Augenpaare gebannt auf mich gerichtet. Wird Gülistan das Handy hergeben? Wird Frau Freitag sich durchsetzen? Wer wird gewinnen? Endlich passiert mal etwas Aufregendes. Das sind nämlich die spannenden und lehrreichen Momente im Unterricht. Wen kümmert schon, wie man das Simple Past bildet und wann man das braucht? Brauch ich eh nicht, aber wenn sich Frau Freitag jetzt nicht durchsetzt, dann hole ich nächste Stunde auch mein Handy raus. Und dann behalte ich nächste Woche auch meine Mütze auf. Wenn sie jetzt nicht gewinnt, dann ist klar, wer der Stärkere ist. Sie jedenfalls nicht.
    »Gib mir das Handy!«, sage ich etwas strenger. Es soll möglichst bestimmt klingen. Gülistan hat den Kopf gesenkt und umklammert immer noch ihr Telefon. Im Tierreich wäre das einfacher: schneller

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