Volle Deckung Mr. Bush
belagern und erst wieder abziehen
würde, wenn entweder mein Buch aus dem Lagerhaus in
Scranton befreit oder Murdoch persönlich aufgestöbert und
gevierteilt sein würde (obwohl ich mehr für die Variante
gewesen wäre, daß Bill O'Reilly (konservativer
Nachrichtenmoderator, A.d.Ü.) eine Woche lang seine
Unterhose auf dem Kopf tragen muß), gab News Corp nach. Sie
lieferten mein Buch an ein paar Buchhandlungen aus, ohne
Werbung, ohne Rezensionen, und boten mir eine Lesereise
durch drei Städte an: Arlington! Denver! Irgendeine Stadt in New Jersey! Anders ausgedrückt, für mein Buch war ein
schneller, schmerzloser Tod vorgesehen. Zu schade, daß Sie
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nicht auf uns hören wollten, erklärte mir ein Mitarbeiter von Murdoch, wir wollten Ihnen doch nur helfen. Das Land steht
hinter George W. Bush, es ist intellektuell unehrlich von Ihnen, Ihr Buch nicht umzuschreiben und zuzugeben, daß er seit dem
11. September gute Arbeit macht. Sie haben den Bezug zum
amerikanischen Volk verloren, und jetzt muß Ihr Buch darunter leiden.
Ich hatte so sehr den Bezug zu meinen amerikanischen
Mitbürgern verloren, daß mein Buch nur wenige Stunden nach
der Veröffentlichung Nummer eins bei Amazon wurde - und
nach fünf Tagen war die neunte Auflage fällig. Während ich
dies schreibe, sind wir in den USA bei der 52. Auflage
angelangt.
Das Empörendste, was man den freien Menschen in einem
immer noch weitgehend freien Land sagen kann, ist, daß sie
etwas nicht lesen dürfen. Daß ich mir Gehör verschaffen konnte und daß mein Buch die Nummer eins auf der Bestsellerliste
wurde -, sagt alles über dieses wunderbare Land. Die Leute
lassen sich von den Regierenden nicht einschüchtern oder
gängeln. Die Amerikaner machen vielleicht den Eindruck, als ob sie die Hälfte der Zeit nicht mitkriegten, was vor sich geht, und als ob ihre wichtigste Beschäftigung sei, bunte Koppeltaschen für ihre Handys auszusuchen, aber wenn es hart auf hart kommt, zeigen sie sich der Situation gewachsen und stehen für die
richtige Sache ein.
Da bin ich also mit meinem neuen Buch, das in den USA bei
niemand anderem als AOLTIMEWARNER und Warner Books
erscheint. Ich weiß, ich weiß, wann werde ich es endlich
kapieren? Aber es ist gar nicht so schlimm. Während ich an
diesem Buch arbeitete, versuchte AOL die ganze Zeit, Warner Books loszuwerden. Warum will ein Medienunternehmen seinen Buchverlag loswerden? Was hat Warner Books angestellt, daß
die Götter von AOL verärgert sind? Ich schätze, wenn AOL die Typen loswerden will, müssen sie eigentlich ganz o.k. sein.
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Außerdem sind die anderen Leute bei Warner in diesem
Geflecht (die Filmfirma Warner Bros. Pictures) diejenigen, die meinen ersten Film Roger & Me im Verleih hatten. Sie waren nett und anständig und drohten nie damit, den Film
»einzustampfen«.
Gut, gut, betrachten wir die Sache vernünftig. Sechs
Medienkonzernen gehört alles. Man muß diese Monopole zum
Wohl des Landes brechen! Der freie Fluß von Nachrichten und
Informationen in einer Demokratie darf nicht in den Händen von ein paar reichen Männern liegen.
Dennoch muß ich sagen, daß die Leute von Warner Books
hundertprozentig hinter mir stehen. Tausendprozentig!! Sie
haben kein einziges Mal gesagt, ich sei »schwierig«.
Andererseits sollte ihre wichtigste Sorge nicht mir gelten.
Sondern den Bibliothekaren.
Und vor allem euch.
Irgendwo über Grönland
15. August 2003
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ONE
Sieben Fragen an George von Arabien
Anfangs dachte man, es sei nur ein kleines Flugzeug gewesen, das irrtümlich in den Nordturm des World Trade Centers
geflogen war. Es war 8.46 Uhr Ortszeit am 11. September 2001.
Als sich die Nachricht in Nordamerika verbreitete, ließ nicht jeder sofort alles stehen und liegen. Klar, es war ein irrer Vorfall, aber die meisten im Land gingen wie gewohnt zur
Arbeit oder zur Schule oder schliefen einfach weiter.1
Siebzehn Minuten später kam die Meldung, daß ein zweites
Flugzeug in das World Trade Center geflogen war. Schlagartig veränderte sich die Stimmung im Land, und es gab nur noch
einen Gedanken: »Das war kein Unfall!«
Überall wurden die Fernsehe r eingeschaltet. So etwas hatte
man noch nie gesehen. Jedes Gehirn, das jetzt mit diesem
beispiellosen Ereignis konfrontiert wurde, versuchte
herauszufinden, was das alles bedeutete und insbesondere, was das für das eigene Überleben bedeutete, ganz egal, ob man nun von einem Dach in Tribeca auf das World
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