Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)
betraten den Strand, und einige von ihnen fielen auf die Knie, ließen ihre Hände durch den Sand gleiten, nahmen ihn und warfen ihn um sich. Sie lachten. Sie lachten immer, wenn sie ihre Schiffe verließen, die Männer mit den eckigen Köpfen und ihrer merkwürdig anzuschauenden weißen Haut. Dieses Mal nahmen sie von sich aus die Palmenwedel und traten auf die Lichtung, um die Blätter übereinanderzuwerfen. Sie mussten von den Ritualen gehört haben, denn sie schienen zu wissen, dass jetzt der Frieden besiegelt war.
Owahiri bemerkte, dass sein Sohn Tupaia und dessen Freundesich im Hintergrund hielten. Die meisten von ihnen waren, als das letzte Schiff in Tahiti angelegt hatte, noch nicht einmal geboren gewesen. Sie kannten nur die Erzählungen und warteten ab. Erst als die Ältesten den Fremden furchtlos entgegentraten, drängten sie vor. Neugierig keilte sich nun ein jeder, von den Jüngsten bis zu den Ältesten, um die Männer mit den hellen Augen. Die Mutigeren von ihnen nahmen die Hände der Gäste und tasteten sie ab.
Owahiri konnte sich an das erste Schiff erinnern, dessen Ankunft er erlebt hatte. James Cook, der Wortführer des Schiffes, war ein baumlanger Mann gewesen. Sehr dünn, sehr weiß, sehr zurückhaltend. Einfach angenehm in seinem Wesen. Zweimal war er noch auf ihre Insel gekommen, und bei seiner zweiten Reise hatte er Omai von Huahine mitgenommen. Ob Cook wieder mitgekommen war?
Einst hatte Owahiri, so wie es sein Sohn jetzt tat, selbst den weichen Stoff, den einer der Fremden über seinen Leib gedeckt hatte, in die Höhe geschoben. Er hatte die Haut abgetastet, die anders ausgesehen, aber sich so angefühlt hatte wie die seine. Glatt und weich. Zu seiner Verwunderung hatte er nirgends eine Tätowierung entdecken können. Ob ihr Hinterteil schwarz tätowiert war wie sein eigenes, hatte er sich gefragt. Zu gern hätte er damals, um eine Antwort zu finden, auch die Hüllen entfernt, in denen ihre Beine steckten. Doch er hatte sich zurückgenommen und gewartet, bis die ersten von ihnen in den Wellen des Meeres ihr Bad nahmen.
Owahiri trat einen Schritt vor. Am Strand löste sich das Gedränge auf, die ersten Ankömmlinge wurden über die Insel geführt. Immer noch wurden Männer vom Schiff an Land gerudert. Er musterte die Insassen des kleinen Bootes.
Eine Frau.
Er zog eine Augenbraue in die Höhe.
Dieses Mal haben sie eine Frau dabei,
dachte er,
und auch wenn sie wie ein Mann aussieht, sie ist eindeutig eine Frau.
Lächelnd erinnerte sich Owahiri, dass siebei der ersten Ankunft des Schiffes verwundert gewesen waren, dass so viele Männer ohne eine Frau reisten. So boten sie den Fremden zur Begrüßung Jungen und Männer an, damit sie sich ein wenig verwöhnen lassen konnten. Doch die wehrten ab und verlangten nach Frauen, nach weicher Haut und sanften Stimmen. So recht verstanden hatte er bis heute nicht, warum sie aus ihren Erfahrungen nichts gelernt hatten und bei den darauffolgenden Reisen noch immer keine Frauen mitnahmen.
Nun hatten sie eine Frau dabei.
Eine einzige.
Wie sind diese Männer auf ihrem langen Weg mit einer Frau an Bord ausgekommen?
, fragte er sich und schüttelte den Kopf. Vieles an den Bleichäugigen würde ihm rätselhaft bleiben, und auch das Verhalten der Frau erschien ihm sonderbar. Sie stieg aus dem Boot, stand bis zu den Knien im Wasser und wehrte die Hände ab, die nach ihr griffen, um ihr an Land zu helfen.
Er sah den Lauf der Dinge vor sich. Die Gäste würden die Insel abgehen, aber selbst die, die bereits hiergewesen waren, würden vieles nicht wiedererkennen. Maulbeerbäume und Gras hatten sich über die Haine ausgebreitet, an denen früher die schönsten Häuser gestanden hatten. Aber was sollte er den Gästen vom Krieg erzählen? Sicher wollten sie erst einmal von den Früchten kosten, sich an den Speisen satt essen und in die Arme der Frauen schmiegen. Er konnte es ihnen nicht verdenken.
Ob die Frau sich auch erst einmal einen Mann erwählte?
Vielleicht sollte ich sie
, überlegte er,
danach mit Revanui zusammenbringen. Die beiden könnten sich gemeinsam im Fluss erfrischen gehen, bis ich das Essen zubereitet habe. Bei einem Essen kann man vieles besprechen. Wenn ich die fremden Worte noch gut genug erinnere, habe ich dieses Mal viele Fragen. Krankheiten sind zurückgeblieben, und vielleicht können sie uns bei der Behandlung helfen. Wie bauen sie ihre Boote? Und wie schärfe ich die Äxte und die Scheren, wenn sie stumpf werden?
Sicher, es war
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