Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)
die Wellen brachen. Über das Geräusch der Brandung hinweg vernahmen sie das Quieken von Schweinen, und das Wasser lief ihnen bei dem Gedanken an einen knusprigen Braten im Mund zusammen.
Seth nickte und sah mit eigenen Augen, was Segelmacher-John beschrieben hatte: die Frauen. Ihre Haut war hellbraun, und sie hatten wirklich schwarzes Haar, das mit Blütenkränzen geschmückt war. Einige trugen Tücher, die sie über der Schulter verknotet hatten und die bis zu den Knien herabhingen. Aber ebenso viele standen mit nackten Brüsten, nur ein Tuch um die Hüfte geschlungen, am Strand.
Lukas vergaß das Blinzeln, so glotzte er zur Insel hinüber.
Zwei Seesoldaten, die Seth auf der Reise fremd geblieben waren, drängten sich hinter Lukas und sahen aus, als würden sie jeden Moment zu sabbern beginnen.
Und Toni, der kletterte die Wanten hinauf, riss seine Mütze vom Kopf und schwang sie durch die Luft. »Willkommen im Paradies,Männer«, brüllte der Zimmermann, und das Gejohle der Männer, das ihm antwortete, klang viehisch.
Erschrocken hielt Seth sich die Ohren zu.
***
Mary schirmte ihre Augen mit der Hand gegen das gleißende Licht ab und schaute zur Insel hinüber. Dort standen sie, die Frauen, deren Schönheit und Sanftmut noch im fernen Europa besungen wurde.
Und ja, sie waren schön.
Auch in Feuerland hatten die Frauen kaum ihre Scham verdeckt, die Brüste freischwingend und unbefangen vor den gierigen Blicken der Mannschaft hergetragen. Aber diese Frauen hier waren anders, auf eine Art, die sich nicht benennen, aber selbst auf die Entfernung erkennen ließ. Der betörende Duft der Blüten der Insel, der über das Wasser zum Schiff getrieben wurde, schien ein Versprechen, wie wohlriechend die Haut dieser Schönheiten sein würde.
An der Reling drängten sich die Männer. Mary bemerkte Carl, der nicht weit entfernt von ihr stand. Auch er ließ die Insel nicht aus den Augen, sein Blick war nicht zu deuten.
Er will mit mir hierbleiben, aber ich habe nur darüber nachgedacht, was geschieht, wenn er mich als Frau wahrnimmt. Vielmehr sollte ich mich fragen, ob ich es ertragen werde, dabei zuzusehen, wenn er sich mit diesen Schönheiten vergnügt. Werde ich es an seiner Seite aushalten, wenn er sich ein Liebchen nimmt, das vielleicht sogar sein Herz berührt? Und wie wird es mir ergehen, wenn er mich dabei weiterhin für einen Mann hält?
Der Anker fiel. Das Rasseln der Kette ließ das gesamte Schiff erzittern.
»Achtzehn Wochen«, Bartholomäus’ Stimme klang heiser. »Seit achtzehn Wochen haben wir kein Land mehr betreten.«
»So lange ist das her? Das kann nicht sein.« Mary fixierte die Palmenblätter, die sich im Wind wiegten.
»Den letzten Landgang hatten wir in Feuerland.«
Da hatte er noch zwei Arme,
durchfuhr es sie.
Die Meeresenge vor Kap Hoorn wird sein Leben auf ewig in ein Davor und ein Danach unterteilen. Kein Wunder, dass er das auf den Tag genau weiß.
Die Glocke wurde geschlagen.
Carl starrte immer noch zur Insel hinüber.
Mit der Hand fuhr Mary über ihren Nacken und hasste das kurze Haar.
Kapitän Taylors Uniform saß akkurat, der Stoff war gebürstet, jeder Knopf poliert worden. Die Perücke war gekämmt, das Gesicht rasiert. Er nahm den Dreispitz ab.
Sofort ergriffen die Männer der Mannschaft ihre Mützen und senkten die Häupter.
Mit tragender Stimme verlas Taylor höchstselbst die Bestimmungen, die beim Aufenthalt zu berücksichtigen waren: »Diese Regeln hat jedermann zu beachten, der Seiner Majestät Bark
Sailing Queen
angehört. Sie wurden zum Zwecke eines geregelten und einheitlichen Handels von Vorräten mit den Einwohnern von Tahiti erlassen.
Alle erlaubten Mittel sind anzuwenden, um die Freundschaft mit den Eingeborenen zu pflegen. Sie sind mit aller nur erdenklichen Leutseligkeit zu behandeln.
Es sollen eine oder mehrere tüchtige Personen ernannt werden, die berechtigt sind, mit den Eingeborenen um alle Arten von Lebensmitteln, Früchten und anderen Erzeugnissen den Handel zu führen.
Wer am Ufer Arbeiten zu verrichten hat, soll seine Pflicht mit allem Fleiße erfüllen. Wenn er jedoch aus Nachlässigkeit eine seiner Waffen oder Gerätschaften verliert oder sich bestehlen lässt, wird ihm der Wert von seiner Besoldung abgezogen werden.Zudem soll er bestraft werden, je nachdem, welches Vergehen zugrundeliegt.
Mit einer Bestrafung müssen auch diejenigen rechnen, die irgendetwas vom Schiff und seinen Vorräten rauben, um damit handeln zu wollen.«
Er ließ
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