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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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warf einen Blick in den Rückspiegel, wechselte in eine andere Spur und nickte. »Genau – mit sechzehn.«
    »Okay. Wenn ich aber ein Date hätte und ein anderes Paar noch dabei wäre, dann könnte ich doch schon mit fünfzehn ausgehen – oder? Das wäre dann doch etwas ganz anderes – nicht wahr, Mami?«
    »Davon kann überhaupt keine Rede sein. Du redest Unsinn, Schatz.«
    »Das ist kein Unsinn, Mami. Du hörst mir nur einfach nicht zu.«
    »Allie – mit sechzehn. Das ist so abgemacht, und dabei bleibt es.«
    Sie stellte ihre Rückenlehne zurück. »Wie auch immer.«
    »Und nimm deine Füße herunter.«
    Mit einem lauten Seufzer tat sie, wie ich ihr geheißen hatte, und schmollte dann für die nächsten zwanzig Kilometer. Schließlich gähnte sie, streckte sich und wandte sich mir wieder zu. »Wie wäre es, wenn du mit Stuart sprichst? Wenn er meint, dass ich mich, wenn ein anderes Paar dabei ist, für ein Date verabreden darf, dann könntest du es dir doch wenigstens mal überlegen – oder?«
    »Allie…«
    »Ach, bitte, Mami. Jetzt komm schon. Ich bin vernünftig. Das weißt du doch.«
    Ich unterdrückte das Bedürfnis, genervt meine Augen zu schließen, da das bei Tempo einhundert keine gute Idee gewesen wäre. Aber zumindest stieß ich diesmal einen Seufzer aus. »Ja, du bist vernünftig. Ich bin sehr stolz auf meine vernünftige, sture Tochter.«
    »Sprichst du also mit Stuart?«
    »Ja, ich werde mit Stuart sprechen.«
    Sie machte es sich auf ihrem Sitz bequem und grinste zufrieden vor sich hin. Nach einer Weile ließ ihre Zufriedenheit allerdings wieder sichtbar nach. »Du wirst aber doch auch mit ihm sprechen können – oder? In letzter Zeit ist er ja nicht gerade oft zu Hause.«
    »Natürlich kann ich mit ihm sprechen. Was denkst du denn? Dass wir uns nur noch kleine Zettelchen im Badezimmer hinterlassen?«
    »Keine Ahnung. Mindy sagt, dass ihre Eltern kaum mehr miteinander reden. Sie glaubt sogar, dass sich die beiden scheiden lassen.«
    Ich sah meine Tochter an. »Wirklich?«
    »Mm.« Für einen Moment schwieg sie. »Aber bei dir und Stuart ist alles okay – nicht wahr?«, fragte sie dann.
    »Ach, mein Schatz. Natürlich. Bei Stuart und mir ist alles in bester Ordnung. Er arbeitet zwar wie ein Irrer, und es ärgert mich auch immer wieder, dass er in letzter Zeit so selten zu Hause ist. Aber das stellt unsere Ehe noch lange nicht in Frage.«
    »Bist du dir sicher?«
    Ich streckte den Arm aus und legte für einen Moment beruhigend meine Hand auf ihr Knie. »Absolut.« In Wahrheit stimmte das jedoch nicht. Von absolut konnte keine Rede sein. Während der letzten Monate hatte sich so manches bei uns verändert, ohne dass es sofort offensichtlich geworden wäre. Ich nahm zwar nicht an, dass wir uns scheiden lassen würden, aber ich war auch nicht mehr so naiv, unsere Ehe für völlig wasserdicht zu halten – was wahrscheinlich sogar ganz gut war. Aber es stimmte mich auch ein wenig traurig.
    »Wie war das mit Daddy?«
    »Wie soll was mit ihm gewesen sein?«
    »Ach, weiß nicht. Ich finde… Na ja… Ich meine, du sagst doch immer, wie sehr du ihn geliebt hast und all so was.«
    »Das stimmt auch. Ich habe ihn sehr geliebt. Und ich tue es noch immer.« Ich warf verstohlen einen Blick zu ihr hinüber und versuchte mich in ein vierzehnjähriges Mädchen hineinzuversetzen. Worauf wollte sie hinaus?
    »Ja, schon. Aber er hatte ja offensichtlich Geheimnisse. Macht dich das nicht wütend?«
    »Nein, eigentlich nicht.« Ich antwortete automatisch und versuchte, mein Kind zu beschwichtigen. Die Wahrheit zu gestehen wäre mir in diesem Augenblick schwer gefallen, weil ich verletzt war. Seit den Briefen betrachtete ich meine erste Ehe nicht mehr so sehr durch eine rosarote Brille. Im Gegenteil – die rosa Brille hatte begonnen, ihre Färbung zu verlieren. Aber neben mir saß meine Tochter und nicht meine beste Freundin, und es gibt bestimmte Dinge, die man mit seinem Kind nicht teilen darf.
    Allie sah mich misstrauisch an. »Du bist also wirklich nicht wütend?«, bohrte sie nach. Ihre Stimme klang so, als ob ich ihr gerade etwas höchst Unwahrscheinliches verklickern wollte. »Daddy hatte ein derart großes Geheimnis, dass er im ganzen Bundesstaat Hinweise verteilt hat. Und du bist kein bisschen sauer auf ihn?«
    Nicht auf den Kopf gefallen, die Kleine.
    »Dein Vater liebte Geheimnisse«, erklärte ich und dachte daran, wie Eric und ich heimlich geheiratet hatten, ehe wir das Ganze noch einmal offiziell

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