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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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nachfeierten. Niemand außer uns beiden hatte davon gewusst. »Ihr zwei hattet doch auch ein paar Geheimnisse vor mir – oder nicht?«
    Ihre Wangen röteten sich leicht. »Na ja… Schon. Aber das ist doch nicht dasselbe. Das war kein echtes Geheimnis, denn wir beide wussten ja davon. Es war mehr etwas, was wir miteinander teilten. Aber der Schlüssel und die Briefe und all das… Ach, ich weiß auch nicht. Es ist irgendwie schon etwas anderes.«
    Es ließ sich nicht leugnen – eindeutig ein kluges Mädchen.
    »Es macht dich also wirklich nicht wütend?«, hakte sie erneut nach. Offensichtlich wollte sie diesmal nicht locker lassen.
    »Ich bin darüber überrascht«, sagte ich. »Und mich quält die Vorstellung, dass es etwas gegeben hat, wobei ich ihm vielleicht hätte helfen können, ehe er starb. Aber das ändert nichts an den Gefühlen, die ich für deinen Vater empfinde. Ich habe ihn geliebt, und er hat mich geliebt. Alle Menschen haben Geheimnisse, Allie. Alle.«
    Ich wusste das wahrhaftig besser als die meisten. Ich hatte nur nie erwartet, dass auch Eric vor mir etwas verheimlichen würde.
    »Vermutlich.« Sie wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger und schien über meine wahnsinnig weisen Worte nachzudenken. (Ich war übrigens ziemlich stolz auf mich. Was Gespräche zwischen Eltern und Kinder betrifft, so fand ich, dass ich mich bisher ziemlich gut gehalten hatte.) »So wie du und Stuart – oder?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja. Er weiß doch nichts von Daddys Briefen, oder hast du ihm davon erzählt?«
    Ich klammerte mich fester an das Lenkrad. »Nein, habe ich nicht«, sagte ich und versuchte dabei so locker wie möglich zu klingen. »Er weiß von nichts.«
    »Siehst du«, erwiderte Allie. »Ihr habt auch Geheimnisse voreinander.« Sie begann an ihrem Nagellack herumzukratzen und ihn in kleinen Stückchen abzuziehen. »Wie alt warst du noch mal, als du Daddy kennengelernt hast?«
    Mir war es ganz recht, dass sie offenbar nicht länger über Stuart und mich sprechen wollte. »Dreizehn – das weißt du doch.«
    »Hast du es sofort gewusst? Ich meine, dass er derjenige ist, den du mal heiratet würdest?«
    »Na ja. Er war damals bereits vierzehn und kam mir viel älter vor. Ich konnte mir also gar nicht vorstellen, dass er sich für ein Kind wie mich interessieren würde.«
    »Aber das tat er.«
    »Zuerst nicht.« Ich lächelte, als ich mich daran erinnerte, wie Eric protestiert hatte, als er dazu verdonnert wurde, mit mir das Messerwerfen zu üben. Das war ein Gebiet, auf dem ich verdammt schlecht war.
    »Aber irgendwann hat er sich dann doch für dich interessiert. Als du dann vierzehn warst, wusstest du doch schon, dass du für immer mit ihm zusammen sein willst. So war das doch – oder?«
    »Ja, so war das«, erklärte ich. »Irgendwann hat er sich dann auch für mich interessiert.«
    Allie nickte nachdenklich. Als sich ihre Wangen erneut röteten, begriff ich, worum es ihr ging.
    »Dein Vater und ich waren recht ungewöhnlich, Schatz. Unsere ganze Situation in Rom und im Waisenhaus – das lässt sich nicht vergleichen. All das hat uns mehr miteinander verbunden, als das wahrscheinlich woanders der Fall gewesen wäre. Verstehst du, was ich meine?«
    Ich hielt inne, da mir auf einmal wieder klar wurde, wie wenig Allie tatsächlich über unser früheres Leben wusste. »Wir hatten zwar großes Glück, einander schon so früh zu finden, aber dadurch haben wir auch vieles versäumt. Die meisten gehen erst einmal miteinander aus. Sie haben Spaß miteinander und treffen auch noch andere Leute, ehe sie schließlich denjenigen kennenlernen, in den sie sich dann verlieben. Es muss nicht gleich der erste Junge sein, in den du dich verknallst, wenn du vierzehn bist.«
    Allie sank tiefer in ihren Sitz und starrte aus dem Fenster. »Mein Gott, Mami. Das weiß ich doch. Ich wollte mich nur mal unterhalten!«
    Ich erwiderte nichts. Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander. Ich fuhr den Freeway 101 hinunter und durchquerte Reseda, Encino und Sherman Oaks. Bis ich die Abfahrt nach Pasadena fand, konzentrierte ich mich ganz auf die Straße. Als ich schließlich auf die 134 stieß und mich in eine Spur eingereiht hatte, konnte ich mich wieder etwas entspannen.
    »Dann erzähl mir mal von ihm«, sagte ich.
    »Von wem?«, fragte Allie und sah ein bisschen wie ein Kaninchen beim Anblick einer Schlange aus.
    »Vom Weihnachtsmann«, entgegnete ich. »Was meinst du denn?«
    »Ach so – Troy«, entfuhr es ihr

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