Vom Daemon verweht
Wir fuhren einige Minuten lang nachdenklich und schweigend weiter, ehe sich Laura erneut an mich wandte.
»Vielleicht wäre es wegen unserer Töchter doch besser, erst zur Party zu kommen, wenn es dunkel ist. Wenn wir nicht bei den Vorbereitungen dabei sind, können wir bei den Mädchen auch in keinerlei Fettnäpfchen treten.«
»Da hast du recht«, stimmte ich zu und war froh, dass sich meine Welt wieder ins rechte Lot zu rücken schien. Ich hatte nie vorgehabt, Laura in die ganze Dämonen-Geschichte mit hineinzuziehen, aber seit sie nun davon wusste, war mir klar, wie sehr ich sie brauchte – sowohl beim Entsorgen von Leichen als auch zur moralischen Unterstützung. »Du hast also auch einen Vortrag über Fettnäpfchen bekommen?«, fragte ich sie mit einem verschmitzten Grinsen.
»Einen Vortrag, mehrere Zettel und noch einmal einen Anruf für den Fall, dass ich es vergessen haben sollte.« Sie zog die Augenbrauen hinter ihrer Sonnenbrille hoch. »Es wäre doch wirklich beleidigend, wenn es nicht so verdammt lustig wäre. Findest du nicht?«
»Und wie sieht es mit einer Liste all jener Dinge aus, die dir erlaubt sind?«, fragte ich.
Sie zeigte auf ihre Handtasche. »Da drin. Samt Verboten und möglichen Konsequenzen.«
Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht. »Meine habe ich zu Hause vergessen.«
»Besonders gut gefällt mir Punkt acht – kein Zurechtstreichen von Mindys Haaren in der Öffentlichkeit. Vor allem nicht dann, wenn sich ein Junge im Radius von einhundert Metern von uns befindet.«
»Ich darf auch nicht beim Karaoke mitmachen«, sagte ich. »Als ob ich jemals auf die Idee kommen würde!«
»Ich mag Karaoke«, erklärte Laura.
»Ich möchte mich auch nicht für dich schämen müssen«, gab ich todernst zurück.
»Weißt du was?«, sagte sie nachdenklich. »Auf meiner Liste steht nichts darüber, dass ich nicht nackt ums Feuer tanzen darf.«
»Auf meiner auch nicht«, erwiderte ich. »Offensichtlich ein grobes Versehen.«
»Und auch nichts davon, dass ich nicht mit den Lehrern flirten darf«, fügte sie hinzu.
Ich dachte an David Long und musste zugeben, dass man diesen Punkt vielleicht durchaus auf die Liste setzen sollte. »Ist es uns eigentlich erlaubt, öffentlich zuzugeben, dass wir vielleicht mit unseren Töchtern verwandt sind?«, fragte ich. »Es ist schließlich wichtig, dass wir die Regeln auch verstehen – meinst du nicht?«
Unsere Unterhaltung wurde immer grotesker, da uns ständig absurdere Arten und Weisen einfielen, wie wir unsere Töchter in eine peinliche Lage bringen könnten. Wir stellten uns nicht nur vor, wie wir jeden Jungen auf der Party fragten, ob er unsere Töchter hübsch fand, sondern auch wie wir Cola Light mit einem Strohhalm unsere Nasen hochzogen.
Als wir schließlich hinter der Kathedrale vorfuhren, surften wir in Gedanken schon mit den Jungs auf den Wellen, wobei wir nur BH und Höschen trugen, Karaoke sangen und alle Leute in unser Viertel einluden, um dort weiterzufeiern.
Die Kathedrale St. Mary steht auf dem höchsten Hügel von San Diablo und gilt als das Wahrzeichen der Stadt. Die Kirche ist sehr imposant und wirkt ausgesprochen dramatisch, wie sie so über den Klippen aufragt und auf den Pazifik hinausblickt.
Nicht nur visuell besitzt dieser Bau Dramatik. Es hatte für mich auch etwas sehr Dramatisches, wie die Kathedrale stets gegen das Böse gekämpft hat – und zwar durch nichts anderes als durch ihre bloße Präsenz. Sie war einer der Hauptgründe, warum Eric und ich ursprünglich nach San Diablo gezogen waren. Vor Jahrhunderten erbaut, befinden sich in ihren Mauern einige ausgesprochen wirkungsvolle Reliquien, und sogar der Mörtel, der zum Verputz des Altars verwendet worden war, wurde mit dem Knochenstaub von Heiligen durchmischt.
Auf dem Parkplatz befanden sich vier Autos, von denen ich zwei erkannte – den Wagen von Father Ben und den von Delores Sykes, die im Pfarrbüro arbeitete. »Fahre bitte hinten herum«, sagte ich und zeigte auf eine Straße, die am anderen Ende des Parkplatzes um das Pfarrhaus, den Bischofssaal und die anderen Gebäude herumführte, bis sie am hinteren Teil der Kathedrale endete.
Während Laura den Wagen parkte, rief ich Father Ben per Handy an. Er kam sogleich zu uns herausgeeilt. »Es sollte eigentlich problemlos gehen«, meinte er. Sein Gesicht wirkte trotzdem angespannt, und er sah ziemlich müde aus. »Wo ist die Leiche?«
»Was ist los mit Ihnen, Father? Haben Sie mehr über das Buch herausgefunden?
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