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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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auch unsere Töchter treffen.
    Wir gingen also die Promenade entlang. Zu unserer Linken lag der Strand, zu unserer Rechten stand das Hotel. »Dir ist schon klar, dass ich deine Bemerkung nicht vergessen habe«, sagte ich.
    »Welche Bemerkung?«, fragte Laura, wobei ihre Stimme einen Hauch zu unschuldig klang.
    Ich fasste unter mein T-Shirt und zog einen BH-Träger hervor. »Du weißt schon – deine Bemerkung«, sagte ich. »Jetzt zeig schon.«
    Sie grinste und schaute sich um, ob wir auch keine Zuschauer hatten. Dann öffnete sie die obersten zwei Knöpfe ihrer Bluse. Blitzschnell zeigte sie mir einen roten Push-up-BH aus Satin und Spitze.
    »Wow!«, sagte ich. »Sieht ganz so aus, als ob du dich tatsächlich auf ein Surfen in Unterwäsche vorbereitet hättest.«
    »Außer Paul sieht mich ja sonst niemand in diesen Dingern.«
    Ich legte den Kopf zur Seite und sah sie fragend an. Allmählich begann ich zu begreifen. »Du fährst also die großen Geschütze auf?«
    Sie betrachtete ihren Busen. »Ich bin mir zwar nicht sicher, wie groß sie sind, aber ich habe durchaus vor, sie einzusetzen«, erklärte sie. »Ich habe den ganzen Donnerstagnachmittag damit verbracht, den Dessousladen im Einkaufszentrum leer zu kaufen.«
    Da wir gerade an einer Bank vorbeikamen, setzte ich mich. »Und was hat Paul dazu gemeint?«
    Ihr Blick verdüsterte sich. »Er ist seit Donnerstagmorgen nicht zu Hause gewesen.« Sie malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. »Angeblich muss er arbeiten.«
    »Vielleicht arbeitet er ja wirklich«, meinte ich, weil ich mir eigentlich wünschte, dass es der Wahrheit entsprach. »Du weißt doch gar nicht sicher, dass er… Du weißt schon.«
    »Ist schon in Ordnung. Du musst dich nicht darum bemühen, mich zu beruhigen. Es macht alles irgendwie Sinn. Wir sind seit fast zwanzig Jahren verheiratet. Und selbst wenn er nicht…« Sie räusperte sich. »Selbst wenn er mir treu ist, kann unsere Ehe doch sicher ein bisschen frischen Wind gebrauchen. Ich meine, jeder wird über die Jahre etwas träge – oder etwa nicht?«
    »Natürlich«, erwiderte ich und gab ihr damit die Antwort, die sie hören wollte. Aber ich fragte mich, ob es auch stimmte. Wurden Stuart und ich träge? War es deshalb so leicht für ihn, seine Nächte damit zu verbringen, an seiner Kampagne zu arbeiten? Hatte er sich schon so sehr an mich gewöhnt? War ich inzwischen nur noch Teil seiner Umgebung? Sein Haus, seine Frau, seine Kinder, sein Auto?
    Dieser Gedanke beunruhigte mich und machte mich gleichzeitig wütend. Eric war selbst nach zehn Jahren nie träge und gleichgültig geworden. Der Vergleich war natürlich nicht fair, und das wusste ich auch. Die beiden waren zwei grundverschiedene Männer, und ich liebte beide. Aber Eric hatte etwas besessen, was Stuart nie besaß. Eric hatte immer begriffen, wie zerbrechlich das Leben ist. Dass jeder Tag ein neues Geschenk bedeutet. Ich wurde ihm nie gleichgültig, weil er nichts für selbstverständlich hielt. Unser ganzes Leben lang waren uns Menschen entrissen worden. Und was Eric und mich betraf, so schien es uns oft fast wie ein Wunder, dass wir bis zum nächsten Tag überlebt hatten.
    Ich runzelte die Stirn, während ich in Gedanken zu dem Raubüberfall auf Eric zurückkehrte. War ich deshalb nicht misstrauischer gewesen? Hatte ich mich vielleicht als gleichgültig erwiesen? Hatte ich unsere ganze Ehe in dem Wissen verbracht, dass über uns ein Damoklesschwert hing? Und als es schließlich herabstürzte, war das da zwar eine Tragödie gewesen, aber keine echte Überraschung?
    Ich schüttelte mich, da mir die Richtung, in die meine Gedanken wanderten, gar nicht gefiel. Es hatte wie ein Raubüberfall ausgesehen. Ich hatte sogar geglaubt, dass es ein Raubüberfall gewesen war. Damals hatte es nichts – ich wiederhole: nichts – in unserem Leben gegeben, was darauf hingewiesen hätte, dass Eric bewusst umgebracht worden war. Vielleicht hatte ich ihn im Stich gelassen, indem ich nicht weiter nachgehakt hatte. Aber er hatte sich auch an mir schuldig gemacht, indem er mir nicht erzählt hatte, was los war.
    Und ich muss zugeben, dass dieses Verschweigen mindestens genauso verletzend war wie Stuarts ständige Abwesenheit.
    »Erde an Kate!«
    »Entschuldige«, sagte ich.
    »Du hast mir gar nicht mehr zugehört – nicht wahr? Du hast meinem Liebesleben keine Beachtung geschenkt, weil du an das fast genauso faszinierende Thema Dämonen denken musstest, oder?«
    »Daran sollte ich

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