Vom Kriege
große Breite einnimmt, wie bei Quartieren, schon eine beträchtliche Entfernung vom Feinde erforderlich, wenn ein vereinigt stehendes Korps die Zugänge sichern soll, daher z. B. Winterquartiere meistens durch einen Vorpostenkordon gedeckt worden sind.
Der zweite Umstand ist die Natur der Gegend; wo nämlich ein starker Bodeneinschnitt Gelegenheit gibt, mit wenig Kräften eine starke Postenlinie zu bilden, da wird man ihn nicht unbenutzt lassen.
Endlich kann auch bei Winterquartieren die Strenge der Jahreszeit Veranlassung werden, das Korps der Avantgarde in eine Postenlinie aufzulösen, weil das Unterkommen desselben dadurch erleichtert wird.
Am vollkommensten ausgebildet findet sich der Gebrauch einer verstärkten Vorpostenlinie bei dem englisch-holländischen Heer in den Niederlanden in dem Winterfeldzug von 1794 bis 1795, wo die Verteidigungslinie aus Brigaden von allen Waffen in einzelnen Posten gebildet und durch eine Reserve unterstützt wurde. Scharnhorst, der sich bei dieser Armee befand, hat diesen Gebrauch im Jahre 1807 in Ostpreußen bei der preußischen Armee an der Passarge eingeführt. Sonst ist er aber in den neueren Zeiten wenig vorgekommen, hauptsächlich weil die Kriege zu bewegungsreich waren. Aber auch da, wo sich die Gelegenheit dazu fand, ist er versäumt worden, wie z. B. von seiten Murats bei Tarutino. Eine längere Ausdehnung seiner Verteidigungslinie würde ihn nicht in die Lage gesetzt haben, in einem Vorpostengefecht einige dreißig Kanonen einzubüßen.
Es ist nicht zu leugnen, wo es Umstände mit sich bringen, aus diesem Mittel große Vorteile gezogen werden können, wovon wir bei anderen Gelegenheiten noch zu sprechen denken.
Achtes Kapitel: Wirkungsart vorgeschobener Korps
Wir haben eben gesehen, wie die Sicherheit des Heeres von den Wirkungen erwartet wird, welche die Avantgarde und Seitenkorps auf den vordringenden Feind hervorbringen. Diese Korps sind immer als sehr schwach zu betrachten, sobald man sie sich als im Konflikt mit dem feindlichen Hauptheer denkt, und es bedarf daher einer eigenen Entwicklung, wie sie ihre Bestimmung erfüllen können, ohne daß von jenem Mißverhältnis der Stärke bedeutende Verluste zu befürchten sind.
Die Bestimmung dieser Korps ist die Beobachtung des Feindes und die Verzögerung seines Vorrückens.
Schon für den ersten Zweck würde ein kleiner Haufen niemals dasselbe leisten; teils weil er leichter vertrieben ist, teils, weil seine Mittel, d. i. seine Augen, nicht so weit reichen.
Aber das Beobachten soll auch einen höheren Grad haben; der Feind soll sich vor solchen Korps in seiner ganzen Stärke entwickeln und dabei nicht bloß seine Stärke, sondern auch seine Pläne deutlicher werden lassen.
Hierzu würde ihr bloßes Dasein hinreichen, und sie hätten nur nötig, die Anstalten, welche der Feind zu ihrer Vertreibung macht, abzuwarten und dann ihren Rückzug anzutreten.
Aber sie sollen auch das Vorrücken des Feindes verzögern; dazu gehört schon eigentlicher Widerstand.
Wie läßt sich nun sowohl dieses Abwarten bis auf den letzten Augenblick als dieser Widerstand denken, ohne daß ein solches Korps dabei in beständiger Gefahr großer Verluste sei? Hauptsächlich dadurch, daß der Feind auch mit einer vorgeschobenen Avantgarde anrückt und folglich nicht gleich mit der überflügelnden und überwältigenden Gewalt des Ganzen. Ist nun auch diese Avantgarde schon von Hause aus unserem vorgeschobenen Korps überlegen, wie sie denn natürlich dazu eingerichtet wird, und ist auch das feindliche Heer derselben näher als wir der unserigen und, weil es schon im Anzug begriffen ist, auch bald zur Stelle, um den Angriff seiner Avantgarde mit aller Macht zu unterstützen: so gibt doch dieser erste Abschnitt, wo unser vorgeschobenes Korps es mit der feindlichen Avantgarde, also ungefähr mit seinesgleichen zu tun hat, schon einigen Zeitgewinn und die Fähigkeit, das Anrücken des Gegners einige Zeit zu beobachten, ohne seinen eigenen Rückzug in Gefahr zu bringen.
Aber selbst einiger Widerstand, welchen ein solches Korps in einer dazu geeigneten Stellung tut, bringt nicht allen Nachteil, welchen man in Rücksicht auf das Mißverhältnis der Macht in anderen Fällen erwarten könnte. Die Hauptgefahr beim Widerstand gegen einen überlegenen Feind liegt immer in der Möglichkeit, umgangen und durch einen umfassenden Angriff in großen Nachteil gebracht zu werden; diese ist aber in solcher Lage meistens sehr gemindert, weil der Vorrückende
Weitere Kostenlose Bücher