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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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Vorhut, so wird dies als Avantgarde des Ganzen erscheinen und es auch in vieler Beziehung sein.
    Was kann aber die Veranlassung sein, der Mitte eine so viel stärkere Vorhut zu geben als den Flügeln? Folgende drei Gründe:
    [284] 1. Weil in der Mitte gewöhnlich eine stärkere Truppenmasse vorgeht.
    2. Weil offenbar von dem Landstrich, welchen ein Heer seiner Breite nach einnimmt, der Mittelpunkt als solcher immer der wichtigste Teil bleibt, denn alle Entwürfe beziehen sich am meisten auf ihn, und darum ist auch das Schlachtfeld ihm gewöhnlich näher gelegen als den Flügeln.
    3. Weil ein in der Mitte vorgeschobenes Korps, wenn es die Flügel auch nicht als eine wahre Vorhut unmittelbar sichern kann, doch mittelbar sehr viel zu ihrer Sicherheit beiträgt. Der Feind kann nämlich in gewöhnlichen Fällen einem solchen Korps in einer gewissen Entfernung nicht vorbeigehen, um gegen einen der Flügel etwas Bedeutendes zu unternehmen, weil er einen Anfall in Flanke und Rücken fürchten müßte. Ist dieser Zwang, welchen das in der Mitte vorgeschobene Korps dem Gegner antut, auch nicht hinreichend, um darauf die völlige Sicherheit des Seitenkorps zu bauen, so ist er doch geeignet, eine Menge von Fällen zu beseitigen, die nun von dem Seitenkorps nicht mehr zu fürchten sind.
    Die Vorhut der Mitte also, wenn sie viel stärker ist als die Vorhut der Flügel, d. h. in ein besonderes Korps der Avantgarde besteht, hat nicht mehr die einfache Bestimmung einer Vorhut, die dahinterstehenden Truppen vor einem Überfall zu sichern, sondern sie wirkt als ein vorgeschobenes Korps in allgemeineren strategischen Beziehungen. Der Nutzen eines solchen Korps läßt sich auf folgende Zwecke zurückführen, welche also auch seine Anwendung bestimmen:
    1. In Fällen, wo unsere Anordnungen viel Zeit erfordern, einen stärkeren Widerstand zu gewähren, das Vordringen des Feindes behutsamer zu machen, also die Wirkungen einer gewöhnlichen Vorhut zu steigern.
    2. Wenn die Hauptmasse der Truppen sehr zahlreich ist, diese unbehilfliche Hauptmasse etwas mehr zurückhalten zu können und mit einem beweglichen Korps in des Feindes Nähe zu bleiben.
    3. Wenn auch andere Gründe uns nötigen, mit der Hauptmasse in beträchtlicher Entfernung vom Feinde zu bleiben, ein Korps in dessen Nähe zu seiner Beobachtung zu haben.
    Der Gedanke, als könnte ein schwacher Beobachtungsposten, ein bloßer Parteigänger zu dieser Beobachtung ebensogut dienen, widerlegt sich, wenn man bedenkt, wie leicht ein solcher vertrieben ist, und wie gering, im Vergleich mit einem großen Korps, auch seine Mittel zur Beobachtung sind.
    4. Beim Verfolgen des Feindes. Mit einem bloßen Korps der Avantgarde, welchem der größte Teil der Kavallerie beizugeben ist, kann man sich schneller bewegen, des Abends später auf dem Platz, des Morgens früher bei der Hand sein als mit dem Ganzen.
    5. Endlich beim Rückzug als Arrieregarde, um zur Verteidigung der Hauptabschnitte des Bodens gebraucht zu werden. Auch in diesem Verhältnis [285] ist das Zentrum vorzüglich wichtig. Auf den ersten Anblick scheint es zwar, als wenn eine solche Arrieregarde stets in Gefahr wäre, von den Flügeln her umgangen zu werden. Allein man muß nicht vergessen, daß der Feind, wenn er auch auf den Flügeln schon etwas weiter vorgedrungen sein sollte, von da her immer noch den Weg zur Mitte zurückzulegen hat, wenn er dieser wirklich gefährlich werden will, daß also die Arrieregarde der Mitte darum immer um etwas länger standhalten und in der Bewegung zurückbleiben darf. Dagegen wird es gleich bedenklich, wenn die Mitte schneller ausweicht als die Flügel; es gewinnt gleich das Ansehen des Zersprengens, und dieses Ansehen ist schon an sich sehr zu fürchten. Niemals ist das Bedürfnis der Vereinigung, des Zusammenhaltens stärker vorhanden, und niemals wird es lebhafter von jedermann gefühlt als bei Rückzügen. Die Bestimmung der Flügel ist, in letzter Instanz doch wieder zur Mitte zu stoßen, und wenn Unterhalt und Wege nötigen, in einer beträchtlichen Breite zurückzugehen, so endigt die Bewegung doch gewöhnlich mit einer vereinigten Aufstellung in der Mitte. Nehmen wir zu diesen Betrachtungen noch die, daß der Feind doch gewöhnlich in der Mitte mit seiner Hauptstärke und mit dem Hauptnachdruck vorgeht, so müssen wir einsehen, daß die Arrieregarde der Mitte von besonderer Wichtigkeit ist.
    Hiernach wird also das Vorschieben eines besonderen Korps der Avantgarde in allen den Fällen

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