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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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das Ganze also nicht a + b, sondern noch etwas mehr ist, und daß dieser Vorteil in der Taktik und in der Strategie, wiewohl in beiden etwas verschieden, stattfindet.
    Was steht nun diesem Vorteil bei der exzentrischen Wirkung der Kräfte entgegen? Offenbar das Nahebeisammensein, das Bewegen auf inneren Linien. Es ist unnötig, zu entwickeln, auf welche Weise dies ein solcher Multiplikator [351] der Kräfte werden kann, daß der Angreifende ohne eine große Überlegenheit sich diesem Nachteil nicht aussetzen darf.
    Hat die Verteidigung einmal das Prinzip der Bewegung in sich aufgenommen (einer Bewegung, die zwar später anfängt wie die des Angreifenden, aber immer zeitig genug, um die Fesseln der erstarrenden Passivität zu lösen), so wird dieser Vorteil, der größeren Vereinigung und der inneren Linien, ein sehr entscheidender, und meistens wirksamer zum Siege als die konzentrische Figur des Angriffs. Sieg aber muß dem Erfolg vorhergehen; erst muß man überwinden, ehe man an das Abschneiden denken kann. Kurz, man sieht, es besteht hier ein ähnliches Verhältnis, wie das zwischen Angriff und Verteidigung überhaupt; die konzentrische Form führt zu glänzenden Erfolgen, die exzentrische gewährt die ihrigen sicherer, jenes ist die schwächere Form mit dem positiveren Zweck, dieses die stärkere Form mit dem negativen Zweck. Dadurch, scheint uns, sind diese beiden Formen schon in ein gewisses schwebendes Gleichgewicht gebracht. Fügt man nun hinzu, daß die Verteidigung, weil sie nicht überall eine absolute Verteidigung ist, sich auch nicht immer in der Unmöglichkeit befindet, sich der konzentrischen Kräfte zu bedienen, so wird man wenigstens kein Recht mehr haben, zu glauben, daß diese Wirkungsart allein hinreichend sei, dem Angriff ein ganz allgemeines Übergewicht über die Verteidigung zuzusichern, und sich von dem Einfluß losmachen, den diese Vorstellungsart bei jeder Gelegenheit auf das Urteil auszuüben pflegt.
    Was wir bisher gesagt haben, umfaßte Taktik und Strategie, jetzt muß noch ein höchst wichtiger Punkt herausgehoben werden, der die Strategie allein angeht. Der Vorteil der inneren Linien wächst mit den Räumen, worauf sich diese Linien beziehen. Bei Entfernungen von einigen tausend Schritten oder einer halben Meile kann natürlich die Zeit, welche man gewinnt, nicht so groß sein wie bei Entfernungen von mehreren Tagesmärschen oder gar von 20 bis 30 Meilen; die ersteren, nämlich die kleinen Räume, gehören der Taktik an, die größeren der Strategie. Wenn man nun freilich in der Strategie auch mehr Zeit zur Erreichung des Zwecks braucht als in der Taktik, und eine Armee nicht so schnell überwunden ist als ein Bataillon, so nehmen doch diese Zeiten in der Strategie auch nur bis zu einem gewissen Punkt zu, nämlich bis zur Dauer einer Schlacht, und allenfalls die paar Tage, welche sich eine Schlacht ohne entscheidende Opfer vermeiden läßt. Ferner, findet ein noch viel größerer Unterschied in dem eigentlichen Vorsprung statt, den man in dem einen und dem andern Fall gewinnt. Bei den kleinen Entfernungen in der Taktik, in der Schlacht, geschehen die Bewegungen des einen fast unter den Augen des andern; der auf der äußern Linie Stehende wird also die seines Gegners meistens schnell gewahr. Bei den größeren Entfernungen der Strategie geschieht es wohl höchst selten, daß eine Bewegung des einen nicht wenigstens einen Tag dem andern verborgen bleiben sollte, und es gibt Fälle genug, wo, [352] wenn die Bewegung nur einen Teil betraf, und in einer beträchtlichen Entsendung bestand, dies wochenlang verborgen geblieben ist. - Wie groß der Vorteil der Verbergung für denjenigen ist, welcher durch die Natur seiner Lage am meisten geeignet ist, davon Gebrauch zu machen, läßt sich leicht einsehen. Hiermit schließen wir unsere Betrachtungen über konzentrische und exzentrische Wirkung der Kräfte und ihr Verhältnis zu Angriff und Verteidigung, und behalten uns vor, in beiden noch darauf zurückzukommen.
Fünftes Kapitel: Charakter der strategischen Verteidigung
    Schon früher ist gesagt worden, was die Verteidigung überhaupt ist: Nichts als eine stärkere Form des Krieges, vermittelst welcher man den Sieg erringen will, um nach dem gewonnenen Übergewicht zum Angriff, d. h. zu dem positiven Zweck des Krieges, überzugehen.
    Selbst wenn die Absicht des Krieges bloße Erhaltung des status quo ist, so ist doch eine bloße Zurückweisung des Stoßes etwas dem Begriff des Krieges

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