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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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noch die großen Massen und einzelne Züge zufällig stehen bleiben, die ein übertriebenes Gewicht dadurch bekommen.
    Betrachten wir den Zustand der jetzigen Kriegführung, so müssen wir uns sagen, daß es hauptsächlich die Kriege bis zu dem Österreichischen Erbfolgekriege sind, welche wenigstens in der Bewaffung noch, eine große Ähnlichkeit mit den heutigen haben, und die, wenn sich auch sonst in den großen und kleinen Verhältnissen viel geändert hat, den heutigen Kriegen doch noch nahe genug stehen, um viel Belehrung aus ihnen zu ziehen. Ganz anders ist es schon mit dem Spanischen Erbfolgekriege, wo das Feuergewehr noch nicht so ausgebildet und die Reiterei noch die Hauptwaffe war. Je weiter man zurückgeht, um so unbrauchbarer wird die Kriegsgeschichte, wie sie zugleich um so ärmer und dürftiger wird. Am unbrauchbarsten und dürftigsten muß die Geschichte der alten Völker sein.
    Aber diese Unbrauchbarkeit ist freilich keine absolute, sondern sie bezieht sich nur auf Gegenstände, die von der Kenntnis der genaueren Umstände oder von denjenigen Dingen abhängen, in welchen sich die Kriegführung geändert hat. Wie wenig wir auch von dem Hergange der Schlachten der Schweizer gegen die Österreicher, Burgunder und Franzosen unterrichtet sind, so finden [148] wir doch darin zuerst die Überlegenheit eines guten Fußvolkes gegen die beste Reiterei mit den stärksten Zügen ausgesprochen. Ein allgemeiner Blick auf die Zeit der Kondottieri lehrt uns, wie die ganze Kriegführung abhängig ist von dem Instrument, dessen man sich bedient, denn zu keiner anderen Zeit hatten die im Kriege gebrauchten Streitkräfte so den Charakter eines eigentümlichen Instruments und waren so von dem übrigen Staats- und Volksleben getrennt. Die merkwürdige Art, wie Rom im zweiten Punischen Kriege Karthago bekämpfte, durch einen Angriff in Spanien und Afrika, während Hannibal in Italien noch unbesiegt war, kann ein Gegenstand sehr lehrreicher Betrachtung sein, weil die allgemeinen Verhältnisse der Staaten und Heere, worauf die Wirksamkeit dieses indirekten Widerstandes beruhte, noch hinreichend bekannt sind.
    Aber je weiter die Dinge in das Einzelne hinuntersteigen und sich von den allgemeinsten Verhältnissen entfernen, um so weniger können wir die Muster und Erfahrungen in sehr entlegenen Zeiten aufsuchen, denn wir sind weder imstande, die entsprechenden Ereignisse gehörig zu würdigen, noch auf unsere ganz veränderten Mittel anzuwenden.
    Aber es ist leider zu allen Zeiten die Neigung der Schriftsteller sehr groß gewesen, die Begebenheiten des Altertums im Munde zu führen. Wir wollen unentschieden lassen, wieviel Anteil Eitelkeit und Charlatanerie daran haben können, aber wir vermissen dabei meistens die redliche Absicht, das eifrige Bestreben, zu belehren und zu überzeugen, und können solche Allusionen dann nur für Zierate halten, womit Lücken und Fehler bedeckt werden sollen.
    Unendlich groß wäre das Verdienst, den Krieg in lauter historischen Beispielen zu lehren, wie Feuquières sich vorgesetzt hatte; aber es wäre reichlich das Werk eines ganzen Menschenlebens, wenn man bedenkt, daß der, welcher es unternimmt, doch erst durch eine eigene lange, Kriegserfahrung dazu ausgerüstet sein muß.
    Wer, von inneren Kräften angeregt, sich ein solches Werk vorsetzen will, der rüste sich zu dem frommen Unternehmen mit Kräften wie zu einer weiten Pilgerfahrt aus. Er opfere Zeit und scheue keine Anstrengung, er fürchte keine zeitliche Gewalt und Größe, er erhebe sich über eigene Eitelkeit und falsche Scham, um nach dem Ausdruck des französischen Kodex die Wahrheit zu sagen, nichts als die Wahrheit, die ganze Wahrheit.

Drittes Buch: Von der Strategie überhaupt
    [150]
Erstes Kapitel: Strategie
    Der Begriff ist festgestellt im zweiten Kapitel des zweiten Buchs. Sie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges. Sie hat es eigentlich nur mit dem Gefecht zu tun, aber ihre Theorie muß den Träger dieser eigentlichen Tätigkeit, die Streitkraft, an sich und in ihren Hauptbeziehungen, mit betrachten, denn das Gefecht wird durch sie gegeben und äußert seine Wirkungen wieder zunächst auf sie. Das Gefecht selbst muß sie in Beziehung auf seine möglichen Erfolge kennen lehren und die Kräfte des Geistes und Gemüts, welche bei dem Gebrauch desselben die wichtigsten sind.
    Die Strategie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges; sie muß also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen, welches dem

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