Vom Mondlicht berührt
Schulter traf. Es knackte laut und ein scharfer Schmerz durchfuhr mich, während ich rückwärts taumelte. Diesen Augenblick nutzte Violette, um meiner Schwester in die Rippen zu treten. Sie flog gegen das Geländer, die Hände gegen ihren Brustkorb gepresst, das Gesicht schmerzverzerrt.
»Ich habe gesehen, wie du Arthur anlechzt. Du meinst wohl, du könntest mir meinen Partner ausspannen?«, konfrontierte Violette Georgia mit kalter Stimme.
»Dazu müsstet ihr ja erst mal zusammen sein«, sagte Georgia, während ein böses Lächeln ihren Mund umspielte.
»Was soll das heißen, du törichte Menschenperson?«, fragte Violette und fuhr herum, um Arthur einen Blick zuzuwerfen. Das war die Gelegenheit, auf die ich gewartet hatte.
Mit meinem unversehrten Arm holte ich aus und schlug ihr kraftvoll ins Gesicht. Meine Fingerknöchel trafen sie am Kinn. Sie schrie wütend auf, stolperte ein paar Schritte zurück, schien aber ansonsten unbeeindruckt. Violette war stärker – und robuster –, als ich je erwartet hätte.
Hinter ihr kämpfte Arthur gegen die beiden Numa, während Nicolas die ganze Szene abwartend vom anderen Ende des Innenhofs beobachtete. Jean-Baptiste hatte erwähnt, dass er Luciens Stellvertreter gewesen war. Obwohl sich der vornehm wirkende Mann Violette unterworfen hatte, schien er nicht gerade darauf erpicht, sich für sie die Hände schmutzig zu machen.
Ausnahmsweise einmal hatte keine der verfeindeten Parteien daran gedacht, Waffen mitzubringen. Die Numa waren zu einem friedlichen Treffen mit Violette erschienen und Arthur hatte ihr offensichtlich doch zu sehr vertraut.
Violette rief: »Alain, hilf mir mal und schnapp dir das Mädchen.« Bevor ich mich wehren konnte, hatte sich der kleinere von Arthurs Gegnern aus dem Dreikampf gelöst und hinter mich gestellt, von wo er nach meinen Armen griff und sie wie ein Schraubstock umklammerte. Meine verletzte Schulter brannte wie Feuer. Ich strampelte und trat, aber mein Peiniger war einfach zu stark für mich, es juckte ihn nicht im Geringsten.
Meine Schwester hatte keine Chance, sich allein gegen Violette zu verteidigen. Und niemand konnte ihr helfen, denn niemand wusste, dass wir hier waren. Violette trat ihr noch einmal gegen den Kopf und ich musste zusehen, wie meine Schwester bewusstlos zusammensackte. Eine furchtbare Verzweiflung überkam mich, die mich genauso wenig losließ wie mein Peiniger. Ich würde das hier nicht überleben, ich würde Vincent nie wiedersehen. Ich unternahm einen letzten Versuch, mich aus den Händen des Numa zu winden.
»Lass sie los«, dröhnte eine Stimme über den Hof. Mein Kopf flog herum. Vincent kam herangestürmt, das Gesicht wutverzerrt. Ohne langsamer zu werden, schritt er an dem steinernen Racheengel vorbei, griff mit beiden Händen nach dessen marmornem Schwert und brach es unterhalb des Heftes ab. Mit voller Wucht schmetterte er es auf den Kopf von Arthurs Gegner. Die Waffe zerbrach in tausend Stücke und der Numa fiel sofort zu Boden.
Vor Überraschung ließ mein Peiniger mich los. Ich landete wie eine Katze auf allen vieren und sprang sofort auf die Füße. »Kate!«, rief Vincent, zog ein Schwert unter seinem Mantel hervor und warf es mir – Griff voran – zu. In Zeitlupe sah ich die silberne Waffe durch die Luft auf mich zufliegen und spürte das lederne Heft in meiner Hand, als sich meine Finger fest darum schlossen. Schon sauste es wieder hoch, als ich mit all meiner Kraft ausholte und auf den Nacken des Numa zielte. Die Klinge schnitt ungebremst durch seinen Hals, der kopflose Körper fiel in sich zusammen und landete auf dem Boden.
Ich stand wie angewurzelt da und beobachtete, wie der Kopfüber den Steinboden rollte und eine blutige Spur hinterließ. Für den Bruchteil einer Sekunde war mir totschlecht, doch ich zwang mich, meine Fassung nicht zu verlieren. Dazu ist jetzt keine Zeit.
Ich fuhr herum, das Schwert vor mir, bereit für alles. Meine Schulter tat so fürchterlich weh, dass ich die Zähne zusammenbeißen musste, um die Position zu halten. Am anderen Ende der Terrasse sah ich gerade noch, wie Nicolas im Schatten der Treppen hinter der Basilika verschwand, Arthur war ihm dicht auf den Fersen.
Zu meiner Linken befand sich Vincent auf dem Weg zu Violette, die neben der bewusstlosen Georgia hockte. Obwohl Violette sicher fünfzehn Zentimeter kleiner war als Georgia, hob sie mit unglaublicher Leichtigkeit den leblosen Körper meiner Schwester hoch, hielt ihn in den Armen wie eine Mutter ihr
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