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Vom Nehmen Und Genommenwerden

Titel: Vom Nehmen Und Genommenwerden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter A. Schroeter , Doris Christinger
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empfinden, auch um zu vergeben, ich wünsche dir, Zeit zu haben zum Leben.
    Wie absurd ist doch die Tatsache, dass wir uns für alle möglichen Dinge Zeit nehmen und uns auch an einmal getroffene Abmachungen halten, die wenigsten hingegen eine Auszeit nur für sich als Paar planen. Und in der Regel planen sogar die wenigsten Zeit zum Lieben ein. In unseren Seminaren fordern wir die Teilnehmenden dagegen auf, genau das zu tun. Wir raten ihnen, jede Nacht ineinanderzugehen. Wir hören dann immer viele und gute Begründungen, warum das unmöglich sei. Aber die Rückmeldungen von Paaren, die sich daran gehalten haben, überzeugen die anderen von der Wichtigkeit dieser Empfehlung. Denn bereits nach einer kurzen Gewöhnungsphase wird das meditative Lieben zu einem Ritual der liebevollen Zuwendung, das keiner von beiden mehr missen möchte.
    Paradoxerweise geht die Sehnsucht nach Lust und Liebe Hand in Hand mit unseren größten Abwehr- und Verdrängungsmustern. Einmal getroffene Abmachungen werden oft schneller als geplant aufgeweicht und alle guten Vorsätze über Bord geworfen. Deshalb ist unsere zweite und zentrale Empfehlung, nicht nur, wie beschrieben, jede Nacht ineinanderzugehen, sondern sich auch mindestens zwei Mal die Woche ganz bewusst zu lieben. Das hat eine andere Qualität, als einfach ineinander einzuschlafen. Wir wissen, dass dies für viele eine große Herausforderung ist. Aber immerhin braucht der Körper etwa drei Monate, um die Impulse, die von neuen Verhaltensweisen ausgehen, zu integrieren. Bis diese in der Tiefe erfahren werden und bis sie letztlich in Fleisch und Blut übergegangen sind, dauert es sogar noch länger. Das Ergebnis ist dann jedoch bahnbrechend. Denn wenn wir die Termine einhalten, werden mit der Zeit auch die subtilsten Glaubensmuster gesprengt. Denn gerade dann, wenn wir sagen: »Ich habe keine Lust«, erleben wir, dass das stille Lieben weder Lust noch Erektion voraussetzt. Die sanfte Penetration erlaubt es einem Paar, sich aus dem Augenblick heraus, auch ohne Lust und Erregung, zu vereinigen. Einfach ineinander zu sein kann der Auftakt zur ersten, zweiten und vielleicht sogar dritten Lustwelle sein – es kann aber genauso gut damit enden, dass beide einschlafen. Viele haben anfangs und auch später immer wieder den Eindruck: »Ich spüre nichts.« Aber auch hier können wir etwas verändern. Ein erster Schritt besteht darin, zu akzeptieren, dass wir einfach nichts spüren. Ja zu sagen, dass wir im Moment nur wenig bis keinen Zugang zu unseren Körperempfindungen haben. Mit der Zeit und etwas Geduld werden wir mit unserer Achtsamkeit sogar Körperstellen erreichen, in denen wir vorher wenig empfinden konnten. Schließlich werden wir erfreut feststellen, dass wir mit dem Atem und unserer Wahrnehmung jede Zelle unseres Körpers spüren können.
    Wo es Wellenberge gibt, gibt es auch Wellentäler. Auch beim stillen Lieben ist das nicht anders. Werden wir mit unseren Widerständen oder Rückschlägen konfrontiert, heißt es auch hier, diese erst einmal anzuerkennen. Der zweite Schritt besteht darin, kein Drama daraus zu machen, ihnen keine Energie mehr zu geben, und der dritte und wichtigste Schritt ist, sich an die Abmachungen zum stillen Lieben zu halten.
    Der Einstieg ins stille Lieben ist geglückt, wenn wir die folgenden Dinge kombinieren: Wir nehmen uns Zeit zum Lieben, und wir halten uns an die Abmachungen im Wissen, dass wir uns jederzeit vereinigen können.
    Herausforderungen des stillen Liebens
    Der tantrische Ansatz, Meditation und Liebe zu verbinden, schenkt uns neue Erfahrungen. Am Anfang steht jedoch die Herausforderung, Stille überhaupt auszuhalten. Wenn wir Liebe »machen«, ist es für die meisten normal, sich auf sexuelle Fantasien, Vorstellungen und Ziele zu fixieren. Fast immer streben wir dann die Penetration und den Orgasmus an. Doch genau damit verhindern wir, in Liebe zu lieben.
    Weil wir Angst vor dem Nichts haben, versuchen wir, unseren Alltag krampfhaft mit Aktivitäten zu füllen, oder verfallen in Stumpfsinn und Trägheit. Dieses Nichts wird oft mit Stille verwechselt, doch das ist ein Trugschluss. Löcher und Täler im Tagesablauf sind nicht zu vermeiden, sie folgen unweigerlich auf Perioden enormer Belastung. Trägheit ist oft eine Folge von blindem Aktionismus. Wir werden passiv und drücken uns vor der Verantwortung. Aktionismus,

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