Vom Regen in die Traufe
bald die ganze Manege f ü llte. Viele Male fiel Ragnar hinunter und sauste wieder nach oben, bis die Bewegung langsam abebbte und er auf dem Gummituch liegen blieb. Sein Gips war in tausend St ü cke zerbrochen, und als Hermanni herunterkam, stellte er fest, dass Ragnars linker Unterschenkel seltsam verrenkt war. Er war gebrochen.
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Sp ä t am Abend untersuchte Doktor Seppo Sorjonen Ragnars linkes Bein. Es steckte in neuem Gips, der diesmal eine wirkl i che Fraktur fixierte. Sorjonen stellte fest, dass die Lissabonner Klinik gute Arbeit geleistet hatte. Die Bruchstelle war richtig zusammengef ü gt.
» Welch Gl ü ck, dass du schon Kr ü cken hast « , sagte der Do k tor erfreut.
Hermanni Heiskari wiederum litt an einem schlimmen Durchfall. Ursache war der Hummer, den sie im Pavillon neben dem Zirkus gegessen hatten, jedenfalls vermuteten sie das, da auch Ragnar Bauchgrimmen hatte. Hermanni hatte zwei Mal so viel gegessen, sodass er Fieber bekam und sich immer wieder ü bergeben musste. Doktor Sorjonen meinte, dass es sich um eine besonders schwere Lebensmittelvergi f tung handelte, die aber mit der Zeit vorbeigehen w ü rde. Er stellte zufrieden fest, dass nun beide Vagabunden an den passenden Krankheiten litten und f ü r Frau Lundmarks G e sundheitsinspektion, die sich bedrohlich n ä herte, gewappnet waren.
» Im Allgemeinen hei ß t es, dass das Schicksal unberechenbar ist, aber jetzt scheint alles haargenau nach Plan zu laufen « , philosophierte er.
Zwei Tage sp ä ter begaben sie sich fr ü hmorgens zum Liss a bonner Flughafen, um Lena abzuholen. Sorjonen hatte einen Gel ä ndewagen gemietet. Er chauffierte, denn Hermanni besa ß keinen F ü hrerschein, und Ragnar konnte wegen seines gebr o chenen Beins nicht ans Steuer. Lena Lundmark kam in die Ankunftshalle geschwebt, ausgeruht und gut geschminkt. Es blieb noch ein bisschen Zeit zum Plaudern, ehe Sorjonens Maschine startete. Der Doktor gab Lena Anweisungen zur Betreuung der Patienten. Ragnars Bein, das er sich auf Tahiti gebrochen hatte, heilte gut, aber es sollte trotzdem nicht zu sehr belastet werden. Ruhe und Schmerzmittel. Hermannis » Mal a ria « w ä re bald ausgestanden, wenn er drei Mal t ä glich Tabletten zur Beruhigung des Magens einn ä hme.
Ragnar hatte eine zweiw ö chige Rundtour durch die portugi e sische Provinz geplant. Es war ein weiter Kreis, der sich von der spanischen Grenze bis in den Westen und zu den mittelalterl i chen Festungsh ü geln nahe des Atlantik erstreckte. Unte r wegs w ü rden sie in sechs herrlichen Pousadas logieren. In der Mitte des Kreises lag die Hauptstadt Lissabon. Insgesamt w ü rden sie auf der Reise tausend Kilometer zur ü cklegen.
Ragnar erz ä hlte seiner Nichte, dass die Pousadas ä hnliche Staatshotels waren wie die Paradors in Spanien oder die alten staatlichen Touristenhotels in Finnland, mit dem Unterschied, dass hier auch der gew ö hnliche Tourist in K ö nigsschl ö ssern oder historischen Klostern wohnen durfte, vorausgesetzt, er besa ß das n ö tige Geld. Zum Beispiel vom Schloss Obidos im Nordosten Lissabons hie ß es in den Reisef ü hrern, dass es das Beste war, was Portugal auf dem Gebiet der Ü bernachtungen zu bieten hatte.
Doktor Sorjonen wurde verabschiedet, und dann setzte sich Lena Lundmark ans Steuer. Hermanni sa ß daneben, um die Landkarte zu lesen, und Ragnar ruhte mit seinem Gipsbein quer auf der R ü ckbank. Er war m ü rrisch und klagte ab und zu ü ber Schmerzen im Knochen. Das erste Etappenziel war die zwe i hundert Kilometer entfernte historische Stadt Evora. Die Fahrt durch weite landwirtschaftliche Anbaugebiete dauerte drei Stunden. Die Landschaft war gro ß artig und die Stra ß en waren gut, mit Ausnahme der letzten Strecke. In diesen Eb e nen des Alentejo wurden Weizen und Oliven angebaut, aber je weiter es nach Norden ging, desto gr öß er wurden die Korke i chenw ä lder. Von Zeit zu Zeit schwankten den Reisenden schwindelerregend hohe Korkfuhren entgegen, die Fahrer der Lkws fuhren lan g sam und mitten auf der Stra ß e, damit die wankenden Lasten nicht umkippten. Es war Sch ä lsaison, das Pfropfenmaterial f ü r Millionen von Weinflaschen ging in die Welt hinaus. Hermanni Heiskari w ü nschte sich, dass er seinen Anteil davon bek ä me. Sein Magen hatte sich anscheinend schon beruhigt, vielleicht k ö nnte er auf dieser Tour sogar wieder zum Vinho Verde greifen.
Unterwegs erz ä hlte Lena von ihren Gesch ä ften. Sie war e i gentlich erleichtert,
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