Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)
Und einen Tag nach Halloween bin ich wieder weg, es ist also ziemlich sinnlos, Beziehungen anzuknüpfen. Ich bin nur vorübergehend hier. Ich bin immer vorübergehend irgendwo, aber das gefällt mir gerade …«
»Das stimmt nicht«, widersprach er, »Sie sind unvergesslich.«
Hier stimmt etwas ganz und gar nicht , dachte Mab, aber im nächsten Augenblick stieß ein dicker, glatzköpfiger Kerl gegen Joes Rücken und verschüttete Bier auf sein Hemd.
»Hey«, blökte der Kerl, »’tschuldigung.«
»Kein Problem«, meinte Joe lächelnd. Dann streckte er die Hand aus. »Ich bin Joe.«
»Karl«, erwiderte der Kerl und gestikulierte mit einem Becher Bier in jeder Hand. »Freut mich. Muss aber weiter. Hab da drüben ’ne heiße Kleine, die is’ jetz’ so weit, glaub ich.« Er gestikulierte zur anderen Seite des Pavillons in Richtung Ashley, die … anders wirkte, glutäugig, und wie eine Schlampe an einem der Stützpfosten des Pavillons lehnte.
Mab blickte auf Karls linke Hand und den goldenen Ring daran. »Sind Sie nicht verheiratet?«
Karl knurrte sie an. »Wer sind Sie, die Sittenpolizei? Sie können …«
»Sie gehört zu mir«, mischte Joe sich ein, und als Mab aufblickte, war sein Lächeln wie fortgewischt, die Gesichtszüge hart und der Blick durchbohrend; er sah gefährlich aus.
»Is’ mir doch …« Karl sah Joe an und verstummte. »Ach so, na klar. ’tschuldigung.« Er machte einen weiten Bogen um Joe und marschierte zu Ashley zurück.
Mab sah wieder zu Ashley hinüber und versuchte zu ignorieren, dass es guttat, von Joe beschützt zu werden. »Wissen Sie, Ashley amüsiert sich gern, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie mit einem verheirateten Mann herumflirtet. Ich fand sie eigentlich immer nett. Sehr frei natürlich, aber nicht … gemein.« Sie wandte sich um und sah, dass Joe die Bierbecher und die Hotdog-Papierservietten einsammelte.
»Zeit zu gehen«, meinte er. »Zeigen Sie mir doch noch den Rest vom Park.«
»Kennen Sie Ashley?«, fragte Mab und erhob sich ebenfalls.
»Sie war heute Morgen im Dream Cream , nicht?« Joe wandte sich einem der Abfallbehälter neben den Pavillonbögen zu. »Nicht mein Typ.«
Mabs Blick wanderte wieder zu Ashley, die jetzt mit Karl im Clinch war. »Sieht aus, als wäre sie jedermanns Typ.« Sie sah, dass Joe den Abfall weggeworfen hatte und jetzt nach draußen ging. Sie machte einen Schritt, um ihm zu folgen.
»Miss?«, sprach jemand sie von hinten an, und als sie sich umdrehte, sah sie den blonden Mann mit der flaschendicken Brille und dem Filzhut vom Dream Cream , der ihr mit einer Hand ihre Arbeitstasche entgegenhielt, als wöge sie gar nichts.
»Vergessen Sie das nicht«, sagte er.
»Vielen Dank.« Sie nahm die Tasche mit beiden Händen entgegen. »Sie haben mir das Leben gerettet.«
Er lächelte sie knapp an und wandte sich dann wieder seinem Bier und seinem Notizbuch zu, das vollkommene Gegenstück zu dem fröhlichen, immer lachenden Joe.
Mab beobachtete ihn einen Augenblick, wie er da so ruhig inmitten des Chaos um ihn herum saß, die kräftigen Schultern unter dem Jackett verborgen, die Hand sicher über die Seite gleitend; er schrieb rasch und zügig in sauberen, kleinen Zeichen auf das Blatt. Seine Konzentration war so vollkommen, seine Bewegungen so zielbewusst, dass es fast erotisch wirkte.
Dann rief Joe von draußen »Mab!«, und sie schüttelte sich, um den Kopf wieder klarzukriegen, und ging zu Joe hinaus. Dabei dachte sie, dass jemand dem Mann sagen sollte, dass Arbeit nicht alles bedeutete. Viel, aber nicht alles.
Nicht an diesem Abend und in dieser Nacht.
»Das also ist die andere Hälfte des Parks«, sagte Mab, als sie dem Hauptweg in der anderen Richtung weiter folgten.
»Erzählen Sie mir alles über ihn.«
Er war ihr sehr nahe, deswegen versuchte sie, sich durch pausenloses Sprechen von ihm abzulenken. Du quasselst zu viel , dachte sie; da legte er seine Hand auf ihren Rücken, und sie redete schneller. »Das hier ist der OK Corral, alles Spiele. Das wurde alles in den Fünfzigern gebaut, und so sieht es auch aus. Und das hier ist der Liebestunnel …« Er verlangsamte seinen Schritt, als sie an dem hässlichen Klumpen rosafarbenen Stucks vorbeikamen, der reichlich mit Tauben und Muscheln besetzt war; die schmiedeeiserne Brüstung war das einzige Schöne daran. »… das ist eine lange Fahrt im Dunkeln, die es schon von Anfang an gab, aber ich habe keine Fotos von früher gefunden.«
»Fährt sie noch?«
»Nur an den
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