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Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Titel: Von der Erde zum Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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andere sein. So müßte man, um nur von den Planeten zu reden, auf dem einen verbrennen, auf dem anderen erfrieren, je nachdem sie der Sonne näher oder ferner sie umkreisen.
    »Ich bedauere«, versetzte Michel Ardan, »daß ich meinen ehrenwerthen Gegner nicht persönlich kenne, denn ich will eine Erwiderung versuchen. Sein Einwand ist nicht ohne Werth, aber ich glaube, er läßt sich mit einigem Erfolg bestreiten, gleich allen anderen, die gegen die Bewohnbarkeit der Welten aufgestellt werden. Wäre ich Physiker, so würde ich sagen, man braucht nur auf den der Sonne näheren Planeten weniger Wärmestoff sich entwickeln zu lassen, dagegen mehr auf den entfernteren, so reicht diese einfache Thatsache hin, um die Wärme auszugleichen, und die Temperatur dieser Welten für Wesen, die organisirt sind, wie wir, erträglich zu machen. Wäre ich Naturforscher, so würde ich nach dem Vorgang vieler berühmter Gelehrten sagen, die Natur stelle uns auf der Erde Beispiele von Geschöpfen auf, die unter sehr verschiedenen Bedingungen der Bewohnbarkeit leben, wie die Fische in einer Umgebung sich befinden, welche anderen lebenden Wesen tödtlich ist, die Amphibien eine doppelte, schwer zu erklärende Existenz haben; wie gewisse Meerbewohner sich in großen Tiefen aufhalten, ohne durch den Druck von fünfzig oder sechzig Atmosphären zerquetscht zu werden; wie manche Wasserinsecten so unempfindlich gegen die Temperatur sind, daß man sie ebensowohl in siedend heißen Quellen, wie im Eismeer der Pole findet; endlich man müsse bei der Natur eine Verschiedenheit in den Mitteln ihres Wirkens anerkennen, welche oft unbegreiflich, aber darum doch wirklich ist, und bis zur Allmacht hinanreicht. Wäre ich Chemiker, so würde ich anführen, daß die Meteorsteine, welche offenbar außerhalb des Bereichs der Erde gebildet sind, bei der Analyse unbestreitbare Spuren von Kohle erkennen ließen; daß diese Substanz nur von organisirten Wesen herrührt, und daß sie, nach Reichenbach’s Experimenten, nothwendig thierischem Stoff angehörig, ›animalysirt sein‹ müssen. Wäre ich Theologe, so würde ich ihm sagen, es scheine, man müsse die göttliche Erlösung, nach dem Apostel Paulus, nicht allein auf die Erde, sondern auf alle Welten des Himmels beziehen. Aber ich bin weder Theologe, noch Chemiker, noch Naturforscher oder Physiker. Darum beschränke ich mich, bei meiner großen Unbekanntschaft mit den Gesetzen der Welt, auf die Antwort: Ich weiß nicht, ob die Welten bewohnt sind, und weil ich’s nicht weiß, will ich dort einen Besuch machen.«
    Wagte der Gegner der Theorien Michel Ardan’s andere Beweise dagegen anzuführen? Man kann es nicht sagen, denn das wahnsinnige Geschrei der Menge hätte die Aeußerung jeder Meinung gehindert. Als es bis zu den entferntesten Gruppen wieder stille geworden, begnügte sich der triumphirende Redner, die folgenden Betrachtungen beizufügen:
    »Sie denken wohl, wackere Yankees, daß ich eine so bedeutende Frage nur oberflächlich berührt habe; ich habe nicht die Absicht, Ihnen einen wissenschaftlichen Vortrag zu halten, und über diesen umfassenden Gegenstand einen Streitsatz zu verfechten. Es giebt noch eine ganze Reihe von Gründen für die Bewohnbarkeit der Welten. Ich lasse sie bei Seite und erlaube mir nur, einen Punkt hervorzuheben. Den Leuten, welche behaupten, die Planeten seien nicht bewohnt, muß man entgegnen: Sie können Recht haben, wenn es bewiesen ist, daß die Erde die bestmögliche der Welten ist, aber das ist sie nicht, was auch Voltaire darüber gesagt haben mag. Sie hat nur einen Trabanten, während Jupiter, Uranus, Saturn, Neptun deren mehrere zu Diensten haben, ein Vorzug, der nicht zu unterschätzen ist. Aber was besonders unseren Erdball so unbehaglich macht, ist die Neigung seiner Achse gegen seine Bahn. Daher rührt die Ungleichheit der Tage und Nächte, die leidige Verschiedenheit der Jahreszeiten. Auf unserem unglückseligen Planeten ist’s stets zu warm oder zu kalt; im Winter leidet man Frost, im Sommer Hitze; es ist eine Wohnstätte des Schnupfens, Katarrhs und Rheumatismus, während auf dem Jupiter z.B., dessen Achse sehr wenig geneigt ist 3 , die Bewohner einer stets gleichen Temperatur sich erfreuen können: da giebt’s eine Zone des Frühlings, eine solche des Sommers, wie des Herbstes und Winters, mit fortdauernd gleichem Klima; jeder Jupiter-Bewohner kann sich ein solches nach Belieben wählen, und sich sein Lebtag gegen die Abwechselungen der Temperatur

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