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Von der Nacht verzaubert

Titel: Von der Nacht verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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gestrichene Möbel säumten die Wände. Ich ließ mich auf einer mit Seide überzogenen Couch nieder.
    Allmählich hörte ich auf zu zittern. Nach einer ganzen Weile streckte ich mich auf dem Sofa aus, legte mich mit dem Kopf auf ein Kissen und winkelte die Beine an. Ich schloss die Augen, nur für einen kurzen Augenblick, doch die Folgen des Schockzustands taten ihr Übriges. Ich schlief auf der Stelle ein.
    Ganz offensichtlich hatte ich lange geschlafen, denn als ich aufwachte, färbte sich der dunkle Nachthimmel gerade hellblau und kündigte den Morgen an. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich den Eindruck, als läge ich in meinem Zimmer in Brooklyn.
    Ich blickte zu einem großen Kronleuchter hinauf, dessen Arme sich zu filigranen gläsernen Blumen verjüngten. An die Decke war ein blauer Himmel mit weißen Wolken gemalt worden, an den Rändern befanden sich dicke Putten, die Arme voller Blumen und Schleifen.
    Für einen Moment wusste ich nicht, wo ich war. Dann fiel es mir wieder ein und ich setzte mich auf.
    »Du bist wach«, hörte ich eine Stimme vom anderen Ende des Zimmers sagen. Ich versuchte zu erkennen, wer da sprach. Es war das Mädchen mit den kurzen blonden Haaren, das ich aus dem Café kannte. Das Mädchen, das mich vor dem herabfallenden Fassadenteil gerettet hatte. Was macht die denn hier?, dachte ich.
    Sie saß zusammengerollt in einem Sessel neben einem kunstvoll verzierten steinernen Kamin. Langsam und zögerlich stand sie auf und kam vorsichtig zu mir.
    Im Licht, das der Kronleuchter auf sie warf, glich ihr Haar polierter Bronze. Ihre Wangen und ihre Lippen hatten die gleiche Farbe wie die samtrosafarbenen Rosen, die in Mamies Garten auf dem Land wuchsen. Die hohen Wangenknochen betonten ihre schönen, bezaubernd grünen Augen.
    Sie stand jetzt neben mir und hielt mir zögernd ihre Hand hin. »Kate«, sagte sie schüchtern, drückte kurz meine Hand und ließ sie schnell wieder los. »Ich bin Charlotte.« Ich setzte mich auf und sah sie ehrfürchtig an.
    »Du hast mir das Leben gerettet«, murmelte ich.
    Lachend zog sie sich einen Stuhl heran, um sich zu mir zu setzen. »Das war ich eigentlich gar nicht.« Sie lächelte. »Ich meine, ich hab dich zwar von deinem Tisch fortgelockt, aber den Impuls hat jemand anders gegeben. Das ist ein bisschen komplizierter«, sagte sie und schlug verschmitzt ihre Beine übereinander. Um ihren Hals hing ein Lederband mit einem silbernen Anhänger in Form einer Träne.
    Das ist also Vincents gute Freundin, dachte ich bestürzt. Meine Augen wanderten von der Kette zurück zu ihrem schönen Gesicht. Sie war ungefähr so alt wie ich, ein kleines bisschen jünger. Vincent hatte gesagt, sie wären nur Freunde. Ich fragte mich, wie eng sie wohl befreundet waren.
    »Willkommen in meinem Zimmer«, sagte sie.
    Mein Herz sank. Sie wohnt auch hier?
    »Es ist umwerfend«, war alles, was ich hervorstoßen konnte.
    »Ich hab gern schöne Dinge um mich«, sagte sie und grinste mich verlegen an.
    Weder ihr burschikoser Haarschnitt noch der lange, schlanke Körper, der in einer engen schwarzen Jeans und einem ausgeblichenen gestreiften T-Shirt steckte, konnte ihre auffällige weibliche Schönheit verbergen. Obwohl es ganz so aussah, als würde sie genau das versuchen. Sie muss sich nicht mal Mühe geben, sie ist einfach atemberaubend, dachte ich. Mir war klar, dass ich es niemals mit Charlotte würde aufnehmen können.
    Der Gedanke, dass dieses Mädchen Vincent jeden Tag sehen konnte, schnürte mir vor Eifersucht den Hals zu. Sie wachte jeden Tag in diesem wunderschönen Zimmer auf und wusste, dass Vincent im selben Haus wohnte.
    Dann sah ich ihn wieder ein Stockwerk tiefer leblos auf dem Bett liegen und versuchte, meine kleingeistigen Gedanken abzuschütteln. Auch wenn Jules behauptet hatte, er wäre nicht tot, hatte er dennoch tot ausgesehen. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Aber auf dieses Mädchen eifersüchtig zu sein, war auch keine große Hilfe.
    »Was ist Vincent denn zugestoßen?«, fragte ich.
    »Ah, die Eine-Million-Euro-Frage«, sagte sie leise. »Die einzige Frage, deren Beantwortung mir explizit untersagt wurde. Offensichtlich trauen mir die Jungs nicht. Diskretion und Takt sind nicht gerade meine Stärken. Aber sie haben mich gebeten, bei dir zu bleiben, für den Fall, dass du aufwachst, Panik bekommst und abzuhauen versuchst.« Sie zögerte, wartete ab. »Und ... bekommst du Panik und haust ab?«
    »Nein«, sagte ich und rieb mir die Stirn. »Oder

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