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Von der Nacht verzaubert

Titel: Von der Nacht verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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Versprochen.«
    »Danke.«
    »Zum anderen, weil du ...« Jetzt sah sie plötzlich viel jünger aus als ihr fünfzehnjähriger Körper vermuten ließ. »Ich hatte gehofft, dass wir Freundinnen werden. Bevor du gegangen bist. Es ist nicht leicht und manchmal auch einsam, immer nur von Jungs umgeben zu sein. Zum Glück ist Jeanne da, sonst wäre ich wahrscheinlich längst verrückt geworden.«
    Verständnislos schaute ich sie an. »Ich kann ja schlecht losziehen und mich wahllos mit Menschen anfreunden«, erklärte sie. »Und weil du schon wusstest, was wir sind ...«
    »Charlotte«, unterbrach ich sie vorsichtig. »Das freut mich wirklich total, dass du mit mir befreundet sein möchtest. Ich mag dich auch sehr. Aber diese ganze Geschichte mit Vincent nimmt mich noch so mit, dass ich Angst hätte, ihm zu begegnen, wenn wir uns treffen. Das würde ich nicht aushalten.«
    Sie nickte und schaute weg, als würde sie schon auf Distanz zu mir gehen.
    »Bist du nicht sowieso die meiste Zeit über mit Charles unterwegs?«, fragte ich.
    »Ach, der zieht neuerdings viel allein rum«, sagte sie und versuchte, unbeschwert zu klingen. Aber es gelang ihr nicht. Ihre Stimme zitterte, als sie weitersprach. »In letzter Zeit bin ich noch öfter allein, als ich es gewohnt bin.« Ihr Versuch, dabei tapfer auszusehen, schlug ins Gegenteil um, weil sich eine Träne auf ihre Wange stahl, bevor sie sich abwenden konnte.
    »Moment mal«, sagte ich, nahm ihre Hand und drehte mit der anderen ihr Gesicht wieder in meine Richtung.
    Sie sah auf den Boden und wischte sich eine weitere Träne weg. »Es tut mir leid. Irgendwie war das ein bisschen viel in den letzten Wochen.«
    Ich bin wohl nicht die Einzige mit Problemen, dachte ich. Mein Herz wurde weich, als ich ihre Traurigkeit sah. »Also gut, gehen wir zum Fluss.« Ihre leeren Augen blickten in meine. Ich konnte ein Lächeln auf ihren Lippen erahnen. Sie hakte sich bei mir unter und zusammen schlenderten wir die Straße entlang.
    Als wir fast am Wasser waren, deutete ich auf ein Geschäft, in dem man ausgestopfte Tiere kaufen konnte. »Da bin ich oft mit meiner Mutter gewesen«, sagte ich. »Das ist wie ein Zoo, nur dass alle Tiere tot sind. Jetzt muss ich jedes Mal an meine Mutter denken, wenn ich daran vorbeigehe. Ich hab mich noch nicht wieder hineingetraut, weil ich Angst hatte, zwischen den ausgestopften Eichhörnchen einen Heulkrampf zu bekommen.«
    Charlotte lachte. Darauf hatte ich gehofft. »So ging’s mir auch, nachdem meine Eltern gestorben waren. Alles hat mich an sie erinnert. Paris fühlte sich deshalb noch Jahre später an wie eine Geisterstadt«, sagte sie, während wir die Stufen zur Uferpromenade hinabliefen.
    »Deine Eltern sind gestorben? Bevor du gestorben bist, meine ich?«, fragte ich. Das Loch in meinem Herzen fing wieder an zu schmerzen. Wir spazierten an unzähligen Hausbooten vorbei, die alle nebeneinander vertäut auf dem Wasser schaukelten.
    Charlotte nickte. »Das war im Zweiten Weltkrieg. Zur Zeit der Besatzung. Meine Eltern betrieben heimlich eine Druckerpresse in unserer Wohnung nahe der Sorbonne. Dort hat mein Vater unterrichtet. Die Deutschen haben das herausgefunden und beide erschossen. Charles und ich waren zu dem Zeitpunkt gerade bei meiner Tante, sonst hätten sie uns sicher auch gleich umgebracht. Wir waren sehr stolz auf unsere Eltern und wollten in ihre Fußstapfen treten. Als wir von den Zusammentreibungen hörten ...« Sie hielt inne, ehe sie erklärend fortfuhr. »Die Polizei hat die Juden vor der Deportation in die Konzentrationslager zusammengetrieben.« Ich nickte, um ihr zu signalisieren, dass ich ihr folgen konnte. Dann erzählte sie weiter: »Wir haben ein paar Schulfreunde und ihre Eltern in unserer Wohnung versteckt. In einem Zimmer mit einer falschen Wand. Dort hatte die Druckerpresse vorher gestanden. Wir konnten genügend Lebensmittelmarken und Kleiderkarten auftreiben, um uns alle sechs ein Jahr lang davon zu ernähren und einzukleiden. Dann ist uns ein Nachbar auf die Schliche gekommen und hat uns verraten.«
    Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Welcher Mensch macht denn so was?«, fragte ich fassungslos.
    Sie zuckte mit den Schultern, hakte sich unter und zwang mich so, weiterzugehen. »Wir konnten die Familie sicher in einem anderen Versteck unterbringen, wurden aber am nächsten Tag gefasst und erschossen.«
    »Ich kann mir irgendwie gar nicht vorstellen, dass das hier passiert ist. Genau hier. In Paris.«
    Charlotte nickte

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