Von Fall zu Fall
wem?«
»Bei Dr. Mortinsen Beach. Er ist berühmt als Spezialist für — für Frauenkrankheiten. «
»Und er wollte Sie operieren?«
»Ja.«
»Wie können Sie begründen, daß dieser Onkel Amos, wie Sie ihn nennen, Ihnen Geld geben würde, wenn er's hätte?«
»Er ist sehr großzügig, ein wirklicher Freund. Mein erster Mann war sein Bruder. Amos hat mir dreißig Dollar monatlich als Unterstützung gegeben — das war, ehe ich meine Stellung verlor. Jetzt bin ich am Verzweifeln.«
»Wann haben Sie denn zuletzt von ihm gehört?«
»Also... Ich will Sie ganz ins Vertrauen ziehen, Mr. Lam.«
»Das ist immer günstig«, sagte ich, »besonders, wenn Sie Ergebnisse sehen wollen.«
»Onkel Amos ist also ein sogenannter Quartalsäufer. Er macht ziemlich regelmäßig seine Trinktouren, und weil er weiß, was ihm passiert, wenn er betrunken am Steuer ertappt wird, packt er, sobald er das erste Glas trinkt, den Schlüssel seines Wagens in ein Kuvert und schickt ihn mir.«
»Er wohnt in Ihrer Nähe, ja?«
»Nebenan.«
»In einer Mietwohnung?«
»Nein, in dem Bungalow da.«
»Wo stellt er gewöhnlich seinen Wagen ab?«
»In der Garage hinter dem Haus.«
»Na schön. Er schickt Ihnen also den Wagenschlüssel. Und dann?«
»Den behalte ich dann, bis er mit seiner Tour endgültig fertig ist. Manchmal kommt er zwischendurch und bittet mich um den Schlüssel, doch ich gebe ihn erst heraus, wenn ich weiß, daß er's ganz überwunden hat.«
»Woran erkennen Sie das?«
»Na, er ist dann ganz anders. Man kann das schwer richtig beschreiben.«
»Sie waren mit seinem Bruder verheiratet?«
»Ganz recht.«
»Und der starb?«
»Ja.«
»Sie heirateten dann wieder?«
»Ja.«
»Sandra entstammt Ihrer ersten Ehe?«
»Ja. Sie hat aber ihren Namen ändern lassen, als ich James Eden heiratete.«
»Warum?«
»Die Familie ihres Vaters hat mich immer gehaßt — nur Amos nicht.«
»Und wie war's mit Elbert?«
»Der hat mich nie anerkannt. Nachdem mein erster Mann gestorben war, hat Elbert kein Wort mehr mit mir gesprochen — und mit Sandra auch nicht.«
»Wie hieß Ihr erster Mann mit vollem Namen?«
»Norman Gage.«
Ich ließ es dabei bewenden.
Mrs. Eden wartete einen Augenblick, ehe sie fortfuhr: »Um auf Arnos zurückzukommen«, sagte sie, »auch diesmal schickte er mir den Wagenschlüssel mit der Post. Also wußte ich, daß er irgendwo unterwegs war und vermutlich schon drauf und dran, seinen fünfunddreißigsten Geburtstag im voraus zu feiern. Ich bekam Angst, daß etwas Schlimmes passieren könnte.«
»Und dann?«
»Vor einigen Tagen bekam ich eine Postkarte aus Carver City. Darauf stand, er sei wieder nüchtern und käme nun nach Hause.«
»Von Carver City?«
»Ja.«
»Wie dachte er sich denn die Rückkehr, wenn Sie seinen Wagenschlüssel hatten und er kein Geld besaß?«
»Er macht's immer per Anhalter.«
Ich hob fragend die Augenbrauen.
»Wenn Onkel Amos auf so eine Kneiptour fährt«, erklärte sie, »dann ist er... Verstehen Sie doch bitte, Mr. Lam, daß es für ihn wie ein unerklärlicher Zwang ist. Nicht so, daß er bloß Lust hat zu trinken, nein, es ist eine Sucht, die, wie Ärzte sagen, psychischen oder physischen Ursprung hat. Es ist...«
»Auch die längsten Erklärungen über Quartalsäufer wären Zeitverschwendung, Mrs. Eden«, unterbrach ich sie. »Deren Verhalten begreift doch kein Mensch.«
»Nun, so ist es mit Onkel Amos eben auch. Jedenfalls trinkt er dann, bis sein Geld alle ist. Von dem Treuhänder bekommt er monatlich dreihundert Dollar. Ich glaube, diese Treuhandverwaltung beruht auf Bestimmungen, die sogenannte Verschwender betreffen. Der Erblasser, übrigens ein Onkel von ihm, wollte ihm nicht mehr Geld anvertraut wissen, als er zum Lebensunterhalt brauchte.«
Ich nickte.
»Wenn er dann wieder einmal ohne Bargeld ist, geht er meistens zu einer Tankstelle, die einem >Elch< gehört.«
»Weshalb gerade zu so einer?«
»Weil er Mitglied der >Loge der Elche< ist. Er behauptet, immer einen Tankwart finden zu können, der >Elch< ist. Dem stellt er sich dann vor, erklärt ihm seine unangenehme Lage und bittet ihn, dafür zu sorgen, daß jemand ihn mitnimmt.«
»Und der Tankwart tut das?«
»Manchmal verhilft der ihm direkt zu einem Mitfahrerplatz, und manchmal tut er nur so, als merke er gar nicht, daß Onkel Amos bei seiner Tankstelle herumlungert. Der Onkel wartet dann, bis jemand tankt, bei dem er auf Mitnahme rechnen kann. Am liebsten ist ihm auch da wieder ein
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