Von Feuer und Nacht
lachen oder schreien sollte - sie wollte nur weglaufen. Die Roamer-Arbeiter wirkten wie erstarrt.
Die wieder belebte Frau hatte Andrew Tamblyn getötet. Karla machte einen weiteren, gleitenden Schritt, und unter ihren Füßen schmolz das Eis von Plumas. Ihr Körper schien aufgeladen zu sein. Rlinda verglich ihn mit einem unter hohem Druck stehenden Behälter, der kein Ventil hatte und zu explodieren drohte.
BeBob starrte die Frau mit kindlicher Verblüffung an, und Rlinda zog ihn zur Seite. »Ich schlage vor, wir geben ihr all den Platz, den sie haben möchte.«
Er stöhnte. »Es war keine besonders gute Idee, hierherzukommen.«
»Erscheint dir ein Kriegsgerichtsverfahren mit Todesurteil auf der Erde besser?«
»Dies entspricht nicht unbedingt meiner Vorstellung von einer geeigneten Alternative. Seit unserer Flucht ist alles schiefgegangen. Die Blinder Glaube wurde vernichtet, Davlin kam ums Leben, und wir sind von diesen irren Roamern gefangen genommen worden. Man sollte meinen, dass es inzwischen reicht.« BeBob presste beide Hände an die Stirn. »Und jetzt schickt sich dieses Ungeheuer an, uns alle umzubringen.«
»Normalerweise würde ich für so viel Pessimismus deinen hübschen Hintern versohlen, aber diesmal hast du recht.«
Karla ging mit vorsichtigen Schritten und achtete nicht auf den Toten hinter ihr. Andrew war zu ihr gelaufen, um sie zur Vernunft zu bringen, aber eine Berührung von ihr hatte ihn getötet.
»Was hast du getan, Karla?«, stöhnte Wynn und sah auf seinen toten Bruder hinab.
»Pass auf, komm ihr nicht zu nahe!«, warnte ihn sein Zwillingsbruder Tor in.
Die Frau stapfte weiter und näherte sich dem Rand der Eisfläche; jenseits davon erstreckte sich das stahlgraue Meer. Caleb und Wynn nutzten die Gelegenheit, liefen zu Andrew und trugen die Leiche fort. Torin, der leichter zu beeindruckende der beiden Zwillingsbrüder, rief in einem beschwörenden Ton: »Karla, warum machst du das? Erkennst du uns nicht?«
Karla Tamblyn richtete den Blick ihrer glühenden Augen auf die Wohn- und Verwaltungskuppeln unter der dicken Decke aus Eis. Ohne zu verstehen, beobachtete sie die Anlagen der Wassermine, die hydrostatischen Pumpen, die Wasser an die Oberfläche brachten, um die Tanks von Raumschiffen zu füllen. Sie blieb in Bewegung, ohne zu antworten, wie angelockt vom kalten Meer. Als sie ins dunkle Wasser sah, erschien so etwas wie Sehnsucht in ihrem Gesicht.
BeBob wandte sich an Rlinda. »Glaubst du, die Roamer lassen uns jetzt gehen?«
»Ich glaube kaum, dass das derzeit ihre höchste Priorität ist.«
Jess Tamblyn, ein weiteres Mitglied des Roamer-Clans -Rlinda wusste nicht, wie groß diese Familie war -, hatte seine Mutter mithilfe exotischer Kräfte aus dem Eis geholt. Anschließend hatte er Plumas wegen irgendeines Notfalls verlassen, und Karla war allein aufgetaut und wieder lebendig geworden, wie von einem Dämon besessen.
Am Rand des Eises blieb sie stehen und hob die Hände -unsichtbare Energie ging von ihnen aus, wie die Kraft der Gravitation. Das Wasser vor ihr bewegte sich, wie von imaginären Händen gekneteter Ton. Von Kraftfeldern erfasst wogte es hin und her.
Hinter Karlas Füßen knackte das Eis und brach - es schien sie nicht zu kümmern. Als sich ein großes Stück vom Rest löste, stand Karla reglos darauf. Ohne einen Ton versank sie im tiefen Ozean. Die ganze Zeit über blieb sie völlig still und unbewegt. Das Wasser schäumte, und Dampf stieg auf, doch dann kehrte die Ruhe zurück.
Rlinda sah sich nach jemandem um, der erklären konnte, was gerade geschehen war. »Passiert hier so etwas oft?«
6 KOTTO OKIAH
Nachdem die Hydroger bei Theroc zum zweiten Mal besiegt worden waren, verließ ein sehr zufriedener Kotto Okiah den Waldplaneten.
Er war von seinem Stützpunkt auf Jonah 12 aufgebrochen, um den Theronen beim Wiederaufbau zu helfen. Anschließend war er zu den Kellum-Werften bei Osquivel geflogen, hatte dort ein kleines, intaktes Kugelschiff der Hydroger untersucht und dabei eine neue Verteidigungsmöglichkeit entdeckt. Mit seinen »Türklingeln« hatte er sich dann erneut auf den Weg nach Theroc gemacht.
In der Zwischenzeit hatten die Tiwis Rendezvous zerstört, und Kottos Mutter war zusammen mit den Clans verschwunden. Jhy Okiah konnte gut auf sich selbst aufpassen, aber er hätte trotzdem gern gewusst, wo sie sich befand. Bestimmt war sie irgendwo in Sicherheit, zusammen mit Sprecherin Cesca Peroni. Kotto mochte es, wie Sprecherin Peroni ihn
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