Von Liebe steht nichts im Vertrag
Pfeifen daraus. Angies Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
„Was verheimlichen Sie?“
Sie streckte die Hand aus, um den Herd abzudrehen, doch er griff nach ihr und drehte sie so schnell herum, dass sie nach Luft schnappen musste. Oder war es vielleicht nur die Berührung seiner großen Hand, die Hitze seiner Finger, die sich gleichsam in ihr Fleisch einbrannte?
„Sagen Sie es mir!“, forderte er.
„Also gut“, entgegnete sie über das Pfeifen des Kessels hinweg. „Shayne hat die Möbel mitgenommen.“
„Warum? Weshalb sollte er sie mitnehmen?“
Der Kessel pfiff fordernd, und heiße Dampfwolken stiegen auf. „Damit er mit seiner blutjungen Freundin zusammenziehen kann. Was haben Sie denn gedacht, warum? Und jetzt möchte ich gerne den Herd abstellen.“
„Shayne ist ausgezogen?“ Er ließ sie los und trat zurück, während sie den Schalter drehte und der ohrenbetäubende Lärm verstummte. Teile des Puzzles fügten sich jetzt zusammen – ihr Widerwille, über Shayne zu sprechen, ihr Ausweichmanöver, wann immer von ihm die Rede war, die Tatsache, dass sie heute allein zu ihrem Treffen gekommen war.
Weil dieser Trottel von Ehemann sie wegen einer anderen verlassen hatte. „Wann ist das passiert?“
Sie hob die Schultern, füllte ihre Tasse mit Wasser und tunkte den Teebeutel hinein. Er wartete, bis sie den Beutel in die Spüle fallen ließ. Dann drehte sie sich um, lehnte sich gegen die Anrichte und umklammerte mit beiden Händen die Tasse. „Vor zwei Monaten. Da ist er mit seiner Freundin zusammengezogen.“
Ihre Stimme klang so ruhig und gelassen, als würde sie eine Einkaufsliste vorlesen. Dabei wurde hinter ihren Worten ein Drama erkennbar.
Vor zwei Monaten? Wie lange wusste sie schon von der Verwechslung? War das ein Zufall? „Warum hat er Sie verlassen?“
Ihre blauen Augen umwölkten sich und wirkten nun trostlos, als sie in ihre Tasse starrte. „Weil ich mich geweigert habe abzutreiben.“
Er wandte sich ab und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Ihr Mann wollte nicht, dass Sie das Kind eines anderen austragen.“
„Nein.“
„Also haben Sie Ihre Ehe für mein Kind geopfert?“
Sie lachte, zumindest versuchte sie es, doch es endete in einem Schluckauf, sodass ihr Tee beinahe überschwappte. Sie stellte die Tasse neben sich ab. „So nobel bin ich nicht. Ich glaube, meine Ehe war schon lange vorher zerrüttet. Ich habe es nur als Letzte bemerkt. Er meinte, er könne genauso gut zu seiner Freundin ziehen, als er erfuhr, dass es nicht sein Kind ist, das ich austrage.“
Dominic nickte nur, erstaunt, wie viel innere Stärke diese Frau besaß, obwohl ein heftiger Windstoß sie umzublasen vermochte, wie er selbst erlebt hatte. Er war froh über diese innere Kraft, gleichzeitig aber auch erleichtert über das, was sie ihm erzählte. Es passte ihm, dass ihr Mann gegangen war. Denn jetzt hatte sie keine andere Wahl mehr.
Nachdenklich betrachtete er die veraltete Einrichtung und die verblassten Tapeten. Das Zimmer war sauber, das musste er ihr zugutehalten, aber es wirkte heruntergekommen, ebenso wie diese Frau. „Und jetzt leben Sie hier allein?“
Wortlos nickte sie.
„Was ist mit Ihrer Familie? Wohnt sie in der Nähe?“
Sie schüttelte den Kopf. „Mum ist vor ein paar Jahren gestorben. Ich bin Einzelkind.“
„Und Ihr Vater?“
„Ich habe ihn nie kennengelernt.“
Das wurde ja immer besser. „Und wer kümmert sich dann um Sie?“
„Ich selbst, Mr Pirelli.“ Sie schnaubte empört und fand zu jener Resolutheit zurück, die ab und zu in ihr aufflammte. „Ich bin kein Kind mehr.“
Auch wenn er sie sehr für ihren Mut bewunderte, stieg nach und nach Ärger in ihm auf. Ihr verdammter, egoistischer Ehemann hatte sie im Stich gelassen. Schwanger und allein in einem Vorstadthaus, wo es nur die ganz Tapferen, die Kriminellen oder die Armen aushielten.
Kein Wunder, dass sie so hager aussah. Wer war da, um nach ihr zu sehen? Wer achtete darauf, dass sie anständig aß und auf sich aufpasste? Nein, es gab keine andere Möglichkeit, beschloss er.
„Packen Sie ein paar Sachen zusammen“, ordnete er an. „Wir gehen.“
„Ich verstehe nicht ganz?“
„Hier können Sie nicht bleiben. Sie kommen mit mir.“
„Nein, das tue ich nicht. Dies ist mein Zuhause. Zumindest …“ Ihre Stimme verlor sich mitten im Satz, und Dominic fragte sich, wie viele Geheimnisse sie noch haben mochte.
„Zumindest was?“
„Ich habe heute einen Brief bekommen.“ Angie deutete mit
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