Von Liebe steht nichts im Vertrag
fuhr durch Straßen, deren Schilder rostig und unleserlich waren. Doch er brauchte sie ohnehin nicht. Auch wenn er seiner Vergangenheit lange entflohen war, existierte sie noch, tief vergraben in der Schachtel, und wartete nur auf eine Gelegenheit, sich einen Weg heraus zu bahnen.
Als er an einem heruntergekommenen Einkaufszentrum vorbeikam, fuhr er mit hämmerndem Herzen langsamer. Alle Fenster waren zum Schutz vergittert, und die Hälfte der Läden stand leer. Er hatte ein seltsames Gefühl im Magen, als er den Waschsalon entdeckte. Der dunkle Raum sah noch schäbiger aus als früher, aber es gab ihn noch. Seine Mutter hatte ihn dort drinnen eines Tages weinend entdeckt, hinter den aufgereihten Waschmaschinen. In seinem linken Ohr, dort, wo er von einem Stein getroffen worden war, hatte er einen Riss. Beide Knie waren aufgeschürft vom Sturz auf den Asphalt. Er hatte sich geschämt, weil er davongelaufen war. Doch am meisten hatte er sich dafür geschämt, dass er geweint hatte.
Und dort, mitten im Waschsalon, zwischen all den dampfenden, brummenden Maschinen, hatte seine Mutter ihn ganz fest umarmt und mit ihm geweint. Sie wollte dafür sorgen, dass alles besser werde, versprach sie. Sie würde ihn von dieser schrecklichen Schule nehmen, mit diesen Rüpeln, die jeden hassten, der irgendetwas besser konnte als sie. Sie versprach, für sie beide ein Haus am Meer zu kaufen, so wie nonna und poppa es immer vorgehabt hatten – irgendwo, wo sie glücklich sein könnten.
Seine Tränen waren getrocknet, als sie ihn mit diesen magischen Versprechungen umwob und eine goldene Zukunft für sie beide spann, von der er nun jede Nacht in seinem schmalen Bett träumte. Er wusste, dass seine Mutter, die so hart arbeitete, Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um dieses Ziel zu erreichen.
Sein Wagen schien wie von selbst durch die Straßen der Vorstadt zu fahren. Jetzt hatte er mehr Angst vor den Erinnerungen als vor dem, was er vorfinden würde. Er drehte die Klimaanlage kühler. Seine Hände auf dem Lenkrad waren schweißnass, als er langsam an dem kleinen Spielplatz vorbeifuhr. Hier hatte sein Großvater auf ihn aufgepasst, wenn seine Mutter arbeitete. Sein poppa , der ganz vertieft an einem Stück Holz schnitzte, das er aus seiner Tasche gezogen hatte, um wieder einmal ein winziges Meisterwerk zu schaffen. Und er erinnerte sich, wie er zum Abendessen nach Hause gerannt war, dachte an den köstlichen Duft der Tomatengerichte, der ihn dort erwartete. Und seine nonna in der Küche, mit einer weißen Schürze. Er durfte sich auf einen Stuhl stellen und die Minestrone mit einem großen Holzlöffel probieren.
Als er dann endlich zum Haus Nummer 24 kam – oder zu dem, was davon übrig geblieben war –, stutzte er. Von seinem Elternhaus stand nicht viel mehr als eine ausgebrannte Ruine. Das Dach war eingestürzt, und das weiße Absperrband der Polizei hing immer noch zwischen den Pfosten. Er stieg aus dem Wagen und blieb am Straßenrand stehen. In der Luft lag ein Geruch nach Asche und Verbranntem.
Verschwunden. Das Heim seiner Kindheit war einfach verschwunden.
„Sind Sie von der Versicherungsgesellschaft?“ Ein grauhaariger alter Mann in weißem Unterhemd und Shorts stand im Nachbargarten und wässerte mit einem Eimer eine Reihe von Tomatenstauden, wobei er offensichtlich mehr an dem Fremden mit dem funkelnden Wagen interessiert war als an seinen Pflanzen.
Dominic schüttelte den Kopf. „Wissen Sie, was passiert ist?“
Stirnrunzelnd sah der alte Mann auf die Überreste des Hauses. „Eine schlimme Geschichte. Eine Jugendgang hat drei selbst gebastelte Molotowcocktails durch die Fenster geworfen. Wir haben beide den Krach gehört, meine Frau und ich. Als wir rauskamen, um nachzusehen, was los ist, stand schon alles in Flammen. Die Feuerwehr konnte nichts mehr machen.“
Gott im Himmel . „Was ist mit den Leuten, die hier gewohnt haben? Sind sie okay?“
„Ja. Wie sie es allerdings rechtzeitig herausgeschafft haben, ist mir ein Rätsel. Alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern. Ein drittes ist unterwegs. Unglaublich, dass sie es alle überlebt haben.“
„Sie ist schwanger.“ Es war keine Frage, sondern eine nachdenkliche Feststellung, während er die abgebrannten Überreste des Hauses betrachtete, in dem er groß geworden war.
„Ja, es ist ein Wunder, dass nichts passiert ist.“
Ein Wunder? Für ihn klang es eher wie die Hölle auf Erden. Was, wenn dies drei Straßen weiter passiert wäre? Wenn sie ein
Weitere Kostenlose Bücher